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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wuchte ihn hoch, Scooter. Du hältst die Griffe fest, steuerst und lässt das Scheißding nicht kippen. Ich hab ihm noch eine verpasst – ging nicht anders –, aber das hält nicht lang vor. Wenn wir die Ladung Ketten runterkippen, wird er die Nacht kaum überleben. Das könnt ich nicht zulassen, kapierst du das?
    Scott kapierte, dass das Überleben seines Bruders jetzt von einem total überladenen Schubkarren abhängt, dessen Kettenfracht dreimal mehr wiegt als er selbst. Einen wilden Augenblick lang überlegt er ernstlich, ob er einfach in die stürmische Nacht davonlaufen soll, so schnell er nur kann. Dann packt er die Griffe. Dass ihm Tränen aus den Augen laufen, merkt er gar nicht. Er nickt seinem Daddy zu, und sein Daddy nickt ebenfalls. Was sich zwischen den beiden abspielt, ist nichts weniger als die Frage von Leben und Tod.
    Ich zähl bis drei! Eins … zwei … jetzt grade halten, du klei ner Hurensohn … und drei!
    Mit einem vor Anstrengung herausgepressten Schrei, der als weiße Dampfwolke entweicht, wuchtet Sparky Landon den Schubkarren über die Stufen vom Hof hinauf. Sein Unterhemd platzt unter einer Achsel auf, gibt ein verrücktes Gewirr aus rötlichen Haaren frei. Während der überladene Schubkarren in der Luft ist, schwankt das verfluchte Ding erst nach links, dann nach rechts, und der Junge denkt: Bleib ge rade, du Scheißding, du verschmickter Hurensohn von 'nem Drecksack. Er korrigiert jede Schräglage und ermahnt sich, nicht zu stark dagegenzuhalten, nichts übertreiben, du blöder Scheißer, du dämlicher Hurensohn, du dämlicher Hurensohn von 'nem bösmülligen Drecksack. Und es klappt, aber Sparky Landon vergeudet keine Zeit mit überflüssigen Gratulationen. Stattdessen zieht er den Schubkarren rückwärts mit sich ins Haus. Scott humpelt mit seinem anschwellenden Fuß hinter ihm her.
    In der Küche dreht Daddy den Schubkarren um und schiebt ihn geradewegs zur Kellertür, die er geschlossen und verrie gelt hat. Das Rad hinterlässt eine Spur in dem verschütteten Zucker. Diese Spur wird Scott nie vergessen.
    Mach die Tür auf, Scott.
    Daddy, was ist, wenn er … dahinter ist?
    Dann knall ich ihn ab. Wenn du 'ne Chance haben willst, ihn zu retten, dann lass das Jammern und mach die Scheißtür auf!
    Scott zieht den Riegel zurück, öffnet die Tür. Paul lauert nicht dahinter. Scott kann Pauls aufgedunsenen, noch immer an den Pfeiler gefesselten Schatten sehen, und seine Magen-nerven, die ganz verkrampft waren, entspannen sich etwas.
    Mach Platz, Junge.
    Scott tritt beiseite. Sein Vater schiebt den Schubkarren oben an die Kellertreppe. Dann wuchtet er ihn mit einem wei teren Grunzen hoch und bremst das Rad, als es zurückrollen will, mit einem Fuß ab. Die Kette trifft die Treppe mit einem gewaltigen unmusikalischen Klirren, lässt zwei Stufen zer splittern und rasselt dann zum größten Teil hinunter. Daddy kippt den Schubkarren zur Seite, macht sich auf den Weg nach unten, erreicht die auf halber Höhe liegen gebliebenen Kettenteile und befördert sie mit den Füßen vor sich her die Treppe hinunter. Scott folgt ihm und ist eben über die erste zersplitterte Stufe gestiegen, als er sieht, dass Paul, dessen linke Gesichtshälfte jetzt mit Blut bedeckt ist, in den Stricken hängt, die ihn an den Pfeiler fesseln. Ein Mundwinkel zuckt unkontrollierbar. Auf einer Hemdschulter liegt einer seiner Zähne.
    Was hast du getan?, kreischt Scott beinahe.
    Mit 'nem Brett zugeschlagn, ging nicht anders, antwortet sein Vater in seltsam defensivem Tonfall. Er ist zu sich ge komm, als du noch draußen im Schuppen rumgetrödelt hast. Aber er wird wieder. Man kann ihnen nicht viel anhabn, wenn sie bösmüllig sind.
    Scott hört kaum, was er sagt. Paul so mit Blut bedeckt zu sehen hat seine Erinnerung an alles, was in der Küche passiert ist, gelöscht. Er versucht, um Daddy herumzurennen und zu seinem Bruder zu eilen, aber Daddy schnappt ihn sich.
    Nur wenn du lebensmüde bist, sagt Sparky Landon, und was den Jungen aufhält, ist weniger die Hand auf seiner Schulter als die erschreckende Zärtlichkeit, die er in der Stim me seines Vaters hört. Weil er dich wittert, wenn du nah genug
    rankommst. Auch wenn er bewusstlos ist. Dich wittert und davon aufwacht.
    Er nickt, als er seinen jüngeren Sohn zu sich aufblicken sieht.
    Ja, er ist jetzt wie ein wildes Tier. Ein menschenfressendes Tier. Und wenn wir kein Mittel finden, ihn sicher zu ver schnürn, müssen wir ihn töten. Ist dir das klar?
    Scott nickt,

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