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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Scoot.
    Das sind die Worte seines Vaters. Sie hallen nach, statt zu verklingen.
    Ich schätze, jetzt hängt's von dir ab.
    Aber er ist erst zehn, und die Verantwortung dafür, das Leben und die geistige Gesundheit seines Bruders – vielleicht sogar seine Seele – retten zu müssen, lastet auf ihm und raubt ihm den Schlaf, als Weihnachten und Silvester in einen kalten, schneereichen Januar übergehen.
    Du hast ihn schon oft geheilt, du hast ihn schon von vielen Dingen geheilt.
    Das stimmt, aber wie jetzt ist es noch nie gewesen, und Scott stellt fest, dass er nicht mehr essen kann, außer Daddy steht neben ihm und zwingt ihn zu jedem einzelnen Bissen. Der leiseste Schnieflaut des Wesens im Keller reißt ihn aus seinem leichten Schlaf, aber das ist in Ordnung, denn was er meistens hinter sich lässt, sind grausige, mit Blut getränkte Albträume. In vielen von diesen findet er sich nach Einbruch der Dunkelheit in Boo'ya-Mond wieder – manchmal auf einem bestimmten Friedhof neben einem bestimmten Pool, in einer Wildnis aus Grabsteinen und Holzkreuzen, in der er meckerndes Gelächter hört und dabei wahrnimmt, wie die zuvor liebliche Brise dort, wo sie niedrig durchs Unterholz streicht, anfängt, übel zu riechen. Man kann Boo'ya-Mond auch nachts besuchen, aber das ist keine gute Idee, und wer sich vor Mondaufgang dort wiederfindet, ist am besten ganz still . Am besten mucksmäuschenstill. Aber in seinen Albträu men vergisst Scott das immer und ist dann entsetzt, wenn er merkt, dass er »Jambalaya« singt, so laut er nur kann.
    Vielleicht kannst du ihn davon heilen.
    Aber schon bei seinem ersten Versuch, weiß Scott gleich, dass das wahrscheinlich unmöglich sein wird. Das weiß er, sobald er zögerlich, widerstrebend einen Arm um das schnarchende, stinkende, vollgeschissene Wesen legt, das sich am Fuß des Stahlpfeilers zusammengerollt hat. Ebenso gut könnte er versuchen, sich einen Konzertflügel auf den Rücken zu schnallen und damit Cha-Cha-Cha zu tanzen. Früher sind Paul und er mühelos in jene andere Welt gelangt (die in Wirk lichkeit nur diese wie eine Tasche nach außen gestülpte Welt ist, wie er Lisey später erklären wird). Aber das schnarchende Wesen im Keller ist ein Amboss, ein Banksafe … ein auf den Rücken eines Zehnjährigen geschnallter Konzertflügel.
    Er zieht sich mit der Gewissheit zu Daddy zurück, dass es keinen Trost geben, sondern Prügel setzen wird. Er hat das Gefühl, Prügel verdient zu haben. Oder Schlimmeres. Aber Daddy, der mit einem langen Holzscheit in der Hand am Fuß der Treppe gesessen und alles beobachtet hat, schlägt nicht mit der flachen Hand oder der Faust zu. Stattdessen schiebt er Scotts schmutziges, verfilztes Nackenhaar beiseite und küsst ihn dort mit einer Zärtlichkeit, die den Jungen erzittern lässt.
    Bin nicht wirklich überrascht, Scott. Das Bösmüllige ist so recht zufrien.
    Daddy, ist dort drin überhaupt noch was von Paul übrig?
    Weiß ich nicht. Jetzt hat er Scott so zwischen seine ge spreizten Beine genommen, dass der Junge von grünen Dickies eingerahmt ist. Daddys Hände sind lose vor Scotts Brust ge faltet, und sein Kinn ruht auf der Schulter des Jungen. Ge meinsam betrachten sie das am Fuß des Pfeilers zusammen gerollte schlafende Wesen. Sie begutachten die Ketten. Sie betrachten den Bogen aus Scheißhaufen, der die Grenze sei ner Kellerwelt markiert. Was denkst du, Scott? Was fühlst du?
    Er überlegt, ob er Daddy belügen soll, aber nur einen Au genblick lang. Das kann er nicht, während der Mann ihn um armt hält, wenn Daddys Liebe so deutlich durchkommt wie nachts der Radiosender WWVA . Daddys Liebe ist ebenso auf richtig wie sein Zorn und seine Verrücktheit, auch wenn sie selten sichtbar ist und sogar noch seltener richtig zutage tritt. Scott fühlt nichts und gibt das widerstrebend zu.
    Kleiner Kumpel, so können wir nicht weitermachen.
    Warum nicht? Er isst doch wenigstens …
    Früher oder später kommt jemand und hört ihn dort unten. Ein verschmickter Vertreter, ein lausiger Seifenheini von Ful ler Brush … das würde schon reichen.
    Er wäre still. Dafür würde der Bösmüll sorgen.
    Vielleicht, vielleicht auch nicht. Was das Bösmüllige tun wird, lässt sich schlecht vorhersagn. Dazu kommt der Gestank. Ich kann ungelöschtn Kalk streuen, bis ich blau im Gesicht bin, trotzdem wird der Scheißegestank durch den Küchenboden raufkomm. Aber vor allem … Scooter, siehst du nich, was er mit dem Scheißtisch mit der Druckerpresse

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