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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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auf sie wartete, auf sie zählte. Sie würde einfach in die Küche zurückgehen, den Autoschlüssel vom Haken nehmen … und sich die zwei Minuten Zeit lassen, um das Haus abzuschließen, was sie sonst tagsüber nicht immer tat.
    Das Haus und die Scheune und Scotts Büro.
    Ja, vor allem das Büro, obwohl der Teufel sie holen sollte, wenn sie auf die Idee kam, es in Gedanken wie Scott in Groß buchstaben zu schreiben, als ob es etwas besonders Großarti ges wäre. Aber weil sie gerade bei großartigen Dingen war …
    Im nächsten Augenblick sah sie nochmals in den obersten Karton. Da sie die Klappen nicht wieder geschlossen hatte, ging das ganz leicht.
    IKE KEHRT HEI M Scott Lando n
    Neugierig – und dies würde schließlich nur einen Augenblick dauern – lehnte Lisey den silbernen Spaten an die Wand, hob das Titelblatt hoch und sah darunter nach. Auf dem zweiten Blatt stand Folgendes:
    Ike kehrte von einem Boom zurück , und alles war wieder gut . BOOL! DAS ENDE !
    Sonst nichts.
    Lisey starrte beinahe eine Minute darauf, obwohl sie weiß Gott genug zu tun und woanders zu sein hatte. Ihre Haut kribbelte wieder, aber diesmal war das Gefühl fast angenehm und … Teufel, das fast konnte man eigentlich streichen, oder? Ein schwaches, nachdenkliches Lächeln umspielte ihre Lip pen. Seit sie angefangen hatte, sein Büro auszuräumen – genauer gesagt, seit sie ausgerastet war und Scotts »Sammler ecke«, wie er sie stolz genannt hatte, demoliert hatte –, hatte sie seine Gegenwart gespürt … aber nie so nahe wie jetzt. Sie griff in den Karton, blätterte einen Großteil des Papierstapels darin durch und wusste ziemlich genau, was sie finden wür de. Und so war es auch. Alle Seiten waren leer. Auch die seit lich hineingestopften Blätter waren unbeschrieben. In Scotts Kindheitslexikon war ein Boom ein Kurztrip gewesen, und ein Bool … nun, das war etwas komplizierter, aber in diesem Zusammenhang war damit sicher ein Scherz oder ein harm loser Streich gemeint. Der gigantische angebliche Roman war Scotts Idee von einem zum Brüllen komischen Witz.
    Waren die beiden anderen Kartons in diesem Stapel eben falls Bools? Und die übrigen in den Abstellkammern jenseits des Korridors? War der Scherz so umständlich ausgedacht? Und auf wessen Kosten sollte er dann gehen? Auf ihre? Auf die von Inkunks wie Woodbody? Diese Vermutung hatte etwas für sich, denn Scott hatte sich gern über Leute lustig gemacht, die er als »textgeil« bezeichnet hatte – aber diese Idee wies auf eine ziemlich schreckliche Möglichkeit hin: dass er seinen
    (jung gestorben)
    bevorstehenden Zusammenbruch
    (vorzeitig abberufen)
    geahnt und ihr verschwiegen haben könnte. Und das führte zu einer Frage: Hätte sie ihm geglaubt, wenn er ihr davon erzählt hätte? Ihr erster Impuls war, die Frage zu verneinen und sich zu sagen, wenn auch nur insgeheim: Ich war immer die praktisch Veranlagte, die kontrolliert, ob er auch genügend Unterwäsche eingepackt hat, und anruft, um zu fragen, ob sein Flug pünktlich sein wird. Aber sie erinnerte sich daran, wie das Blut auf seinen Lippen sein Lächeln in ein Clowns-grinsen verwandelt hatte; sie erinnerte sich daran, wie er ihr einmal erklärt hatte – scheinbar völlig vernünftig –, dass es gefährlich wäre, nach Sonnenuntergang irgendwelches Frisch obst zu essen, und dass man zwischen Mitternacht und sechs Uhr überhaupt nichts essen sollte. Nach Scotts Darstellung war »Nachtessen« oft giftig, und das hatte durchaus logisch geklungen, weil er …
    (pst)
    »Ich hätte ihm geglaubt, belassen wir es dabei«, flüsterte sie, senkte den Kopf und schloss die Augen gegen Tränen, die dann doch nicht kamen. Diese Augen, die über »Zack McCools« bedächtige Worte Tränen vergossen hatten, waren jetzt staubtrocken.
    Die Manuskripte in den vollgestopften Schubladen seines Schreibtischs und dem großen Aktenschrank im Obergeschoss waren ganz bestimmt keine Bools; das wusste Lisey. Manche waren Kopien veröffentlichter Kurzgeschichten, manche waren alternative Versionen davon. In dem Schreibtisch, den Scott »Dumbo's Big Jumbo« genannt hatte, hatte sie mindestens drei unfertige Romane und eine anscheinend fertige Novelle entdeckt – alles Dinge, die Woodbody zum Sabbern gebracht hätten. Dazu kamen mindestens ein halbes Dutzend fertiger Kurzgeschichten, die Scott anscheinend nicht gut genug gefallen hatten, um sie veröffentlichen zu lassen; der Maschinenschrift nach waren die meisten davon viele Jahre alt. Auch

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