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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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davon.
    Und erinnerte sich daran, dass jener Tag im Krankenhaus – und was die Krankenschwester gesagt hatte – eine weitere Bool-Station gewesen war.
    Ja? Ja.
    Irgendwas war heute Morgen zusammen mit ihr im Bett ge wesen, und sie wollte vorläufig weiter glauben, dass es Scott gewesen war. Aus irgendeinem Grund hatte er sie auf eine Bool-Jagd geschickt, genau wie sein großer Bruder Paul es mit ihm gemacht hatte, als sie als unglückliches Brüderpaar im ländlichen Pennsylvania aufgewachsen waren. Aber statt durch kleine Rätsel von einer Station zur nächsten geleitet zu werden, wurde sie …
    »Du führst mich in die Vergangenheit«, sagte sie halblaut. »Aber wozu machst du das? Wozu, wenn dort der Bösmüll ist?«
    Das Bool, bei dem du gerade bist, ist ein gutes Bool. Es führt dich hinter den Purpur.
    »Scott, ich will nicht hinter den Purpur.« Bis zum Haus war es nicht mehr weit. »Ich will verschmickt noch mal nicht hin ter den Purpur!«
    Aber ich fürchte, ich habe keine Wahl.
    Falls er recht hatte, bedeutete die nächste Bool-Station, dass sie ihr Wochenende im Antlers – Scotts vorgezogene Flitterwochen – erneut durchleben musste, wenn sie Good Mas Zedernholzschatulle haben wollte. Nachdem die Häkel decken nun alle fort waren, war die Schatulle das einzige Andenken an ihre Mutter, das Lisey noch besaß – in ihrer Art wohl eine bescheidenere Version der Sammlerecke in Scotts Büro. Darin bewahrte sie alle möglichen Andenken an
    (SCOTT UND LISEY! DIE FRÜHEN JAHRE!)
    das erste Jahrzehnt ihrer Ehe auf: Fotos, Ansichtskarten, Papierservietten, Zündholzbriefchen, Speisekarten, Cocktailuntersetzer und noch mehr so blödes Zeug. Wie lange hatte sie diese Sachen gesammelt? Zehn Jahre? Nein, nicht so lan ge. Höchstens sechs. Wahrscheinlich weniger. Nach Empty Devils hatte es Schlag auf Schlag große Veränderungen gege ben – nicht nur wegen des Deutschlandexperiments, sondern auf allen Gebieten. Ihr Eheleben hatte sich in etwas ver wandelt, das dem defekten, sich immer schneller drehenden Karussell am Schluss von Alfred Hitchcocks Der Fremde im Zug ähnelte. Sie hatte aufgehört, Dinge wie Cocktailservietten und Streichholzbriefchen aufzubewahren, weil sie in zu vielen Hotels, in zu vielen Bars und Restaurants gewesen waren. Bald hatte sie damit aufgehört, noch irgendetwas aufzubewahren. Und Good Mas Zedernholzschatulle, die so wunder voll roch, wenn man sie aufklappte – wo war die geblieben? Irgendwo im Haus, so viel stand fest, und Lisey war entschlos sen, sie zu finden.
    Womöglich erweist sie sich als nächste Bool-Station, dach te sie, und dann sah sie ihren Briefkasten vor sich. Die Klappe war geschlossen und ein Briefstapel mit einem Gummiband daran befestigt. Lisey hielt neugierig neben dem Pfosten. Als Scott noch lebte, war der Briefkasten oft übervoll gewesen, doch seit seinem Tod bekam sie eigentlich nur wenig Post, die größtenteils auch noch an BEWOHNER DES HAUSES … oder MR. UND MRS. HAUSBESITZER adressiert war. Auch dieser Sta pel war ziemlich dünn: vier Umschläge und eine Postkarte. Mr. Simmons, der RFD -2-Postbote, musste ein Päckchen in den Briefkasten geschoben haben, obwohl er bei schönem Wetter eher dazu neigte, es mit einem oder zwei Gummibän dern an der stabilen Blechflagge zu befestigen. Lisey blätterte ihre Post durch – Rechnungen, Werbung, die Postkarte von Cantata –, dann griff sie in den Briefkasten. Sie berührte etwas, was weich, pelzig und feucht war. Sie schrie überrascht auf, riss die Hand zurück, sah das Blut an ihren Fingern und kreischte erneut, diesmal vor Entsetzen. Im ersten Augenblick war sie sich sicher, gebissen worden zu sein: irgendetwas war den Zedernholzpfosten hinaufgeklettert und hatte sich im Briefkasten versteckt. Vielleicht eine Ratte, vielleicht etwas noch Schlimmeres – ein Tier, das Tollwut hatte, ein Murmel tier oder ein junger Waschbär.
    Sie wischte ihre Hand an der Bluse ab, holte hörbar keuchend Luft, ohne richtig zu stöhnen, und hob dann widerstre bend die Hand, um zu sehen, wie viele Bisswunden sie hatte. Und wie tief sie waren. Sekundenlang war sie so davon überzeugt, gebissen worden zu sein, dass sie tatsächlich Spuren sah. Dann blinzelte sie, und die Realität setzte sich wieder durch. Auf ihrer Haut waren kleine Blutspuren, aber weder Schnitte noch Bisse noch Abschürfungen zu sehen. In ihrem Briefkasten steckte irgendetwas, irgendeine grässliche pelzige Überraschung, aber beißen konnte es nicht mehr.
    Lisey

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