Lovesong
ankommen.
»Aha«, ist alles, was mir dazu einfällt.
»Ich hatte noch nie zuvor ein Restaurant in Manhattan gesehen, das einen eigenen Parkplatz hat. Deshalb bin ich das erste Mal auch gleich da rein. Und dann ist mir aufgefallen, dass die ganzen Taxifahrer hier essen, und die wissen üblicherweise, wo es schmeckt. Aber dann war ich verunsichert, eben weil die hier einen Parkplatz haben, und der ist nun mal noch wichtiger für Taxifahrer als gutes, günstiges Essen.«
Mia hat einen Laberflash. Und ich denke: Reden wir jetzt allen Ernstes über Parkplätze? Und das, obwohl keiner von uns, soviel ich weiß, ein eigenes Auto hat? Wieder einmal trifft mich die Erkenntnis, dass ich im Grunde nichts mehr über sie weiß, nicht einmal die nichtigsten Dinge.
Der Ober weist uns eine Sitzecke zu, und plötzlich verzieht Mia das Gesicht. »Ich hätte nicht mit dir hierherkommen sollen. Wahrscheinlich isst du normalerweise nicht in solchen Absteigen.«
Nun, da liegt sie sogar richtig, aber nicht, weil ich diese dunklen, überteuerten, exklusiven Restaurants bevorzugen würde, sondern weil ich immer in solche Läden verschleppt werde, nur um dann dort allein sitzen gelassen zu werden. Der Laden hier aber ist voller alter, grauhaariger Männer – viele Taxifahrer; hier wird mich keiner erkennen. »Nein, der Laden ist toll«, sage ich.
Wir setzen uns ans Fenster, mit Blick auf den vielgerühmten Parkplatz. Zwei Sekunden später schon steht ein kleiner, gedrungener und ziemlich behaarter Kerl neben uns. »Maestra«, ruft er Mia zu. »Lang nicht mehr gesehen.«
»Hi, Stavros.«
Stavros lässt die Speisekarten vor uns auf den Tisch plumpsen, dann wendet er sich mir zu. Er hebt eine seiner buschigen Augenbrauen. »So so, du bringst also endlich deinen Freund mit, um ihn mir vorzustellen!«
Mia läuft dunkelrot an, und auch wenn ich beleidigt sein sollte, dass es ihr so peinlich ist, für meine Freundin gehalten zu werden, finde ich es irgendwie beruhigend, sie erröten zu sehen. Denn dieses peinlich berührte Wesen erinnert mich viel mehr an meine Freundin von früher, an die, die auch nie heimliche Gespräche mit dem Handy geführt hätte.
»Er ist nur ein alter Freund von früher«, erklärt Mia.
Ein alter Freund? Muss ich das jetzt als Degradierung oder als Beförderung betrachten?
»Ein alter Freund, ja? Du warst noch nie in Begleitung hier. So ein hübsches, talentiertes Mädchen wie du. Euphemia!«, brüllt er dann. »Komm raus. Die Maestra hat jemanden mitgebracht!«
Mias Gesicht leuchtet inzwischen dunkellila. Als sie zu mir aufsieht, flüstert sie tonlos: »Seine Frau.«
Aus der Küche kommt das weibliche Pendant zu Stavros gewatschelt, eine kleine, quadratisch geformte Frau, das Gesicht voller Make-up, von dem die Hälfte sich auf ihrem wulstigen Hals angesammelt zu haben scheint. Sie wischt sich die Hände an der fettigen weißen Schürze ab und lächelt Mia ins Gesicht, wobei sie einen Goldzahn entblößt. »Ich wusste es!«, ruft sie. »Ich wusste, dass du einen Freund vor uns versteckst. Ein hübsches Mädchen wie du. Jetzt verstehe ich auch, weshalb du nicht mit meinem Donny ausgehen willst.«
Mia schürzt die Lippen und zieht die Augenbrauen hoch; Euphemia wirft sie dabei ein Lächeln zu, das wohl andeuten soll: Schuldig. Du hast mich erwischt.
»Na, jetzt komm schon, lass die beiden in Frieden«, geht Stavros nun dazwischen, packt Euphemia an der Hüfte und schiebt sie vor sich her. »Das Übliche, Maestra?«
Mia nickt.
»Und für deinen Freund?«
Mia zuckt tatsächlich zusammen, und dann entsteht eine Stille, die sich endlos hinzieht, ähnlich einer Sendepause, wie es sie bei diesen College-Radiosendern immer noch hin und wieder gibt. »Ich nehm einen Burger mit Pommes und ein Bier«, sage ich schließlich.
»Wunderbar«, meint Stavros und klatscht in die Hände, als hätte ich ihm soeben das Heilmittel gegen Krebs präsentiert. »Cheeseburger Deluxe. Mit Zwiebelringen. Dein junger Freund hier ist viel zu mager. Genau wie du auch.«
»Wenn ihr nicht ein bisschen was auf die Rippen kriegt, dann bekommt ihr nie gesunde Kinder«, schiebt Euphemia noch hinterher.
Mia stützt ihren Kopf zwischen beide Hände, als würde sie sich am liebsten in ihren eigenen Körper zurückziehen und verschwinden. Nachdem die beiden weg sind, lugt sie zu mir hoch. »Gott, war das peinlich. Die haben dich ganz offensichtlich nicht erkannt.«
»Aber sie wussten genau, wer du bist. Hätte nicht gedacht, dass die
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