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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
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mich ausgerechnet hier wegzuschicken.
    »Da drinnen gibt es eine Bowlingbahn«, erklärt sie mir.
    »Wie, in dem Busterminal?«
    »Schon verrückt, was?«, ruft Mia, plötzlich total lebhaft. »Ich konnte es auch kaum glauben. Ich kam gerade spätabends von einem Besuch bei Kim aus Boston zurück und hab mich auf dem Weg nach draußen verlaufen, und da sah ich es. Es erinnerte mich irgendwie an die Eiersuche an Ostern. Weißt du noch, wie toll Teddy und ich das immer fanden?«
    Ich erinnere mich genau, wie toll Mia das immer fand. Sie war scharf auf jeden Feiertag, der irgendwie mit Süßigkeiten zu tun hatte – und vor allem wollte sie immer, dass auch Teddy Spaß daran fand. Einmal hat sie an Ostern mühsam hartgekochte Eier angemalt und für Teddys Eiersuche am nächsten Morgen versteckt. Dann aber hat es die ganze Nacht über ziemlich heftig geregnet, und die ganzen schönen bunten Eier waren hinterher ganz grau gefleckt. Mia war so enttäuscht, dass sie weinte, aber Teddy hat sich vor lauter Aufregung fast nicht mehr eingekriegt – die Eier, so verkündete er, seien keine Ostereier: Es seien eindeutig Dinosaurier eier.
    »Ja, ich erinnere mich«, sage ich.
    »Dafür lieben ja alle New York. Die Kultur. Die unterschiedlichen Leute, die hier leben. Das Tempo. Das Essen. Aber für mich ist es wie eine endlose Eiersuche. Immer wieder findet man an jeder Ecke neue Überraschungen. Wie diesen Garten zum Beispiel. Oder eine Bowlingbahn in einem riesigen Busterminal. Weißt du …« Sie hält inne.
    »Was denn?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Wahrscheinlich hast du heute Abend schon was vor. Einen Clubbesuch … eine Korona von Leuten, die du treffen musst.«
    Ich verdrehe die Augen. »Ich habe kein Gefolge, Mia.« Das kommt ruppiger raus, als es meine Absicht ist.
    »Ich hab das doch nicht als Beleidigung gemeint. Ich dachte nur, dass alle Rockstars und Berühmtheiten mit einem Pulk von Leuten auf Reisen gehen.«
    »Hör auf, Dinge einfach so anzunehmen. Ich bin immer noch ich.« Na ja, irgendwie.
    Sie wirkt überrascht. »Okay. Du musst also nicht noch irgendwo hin?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Schon spät. Musst du denn nicht ins Bett?«
    »Ach, in letzter Zeit schlaf ich nicht besonders viel. Ich kann ja im Flieger schlafen.«
    »Aha …« Mia kickt mit dem Fuß Müll zur Seite, und jetzt wird mir klar, dass sie immer noch nervös ist . »Dann lass uns doch auf eine kleine Eiersuche in der Stadt gehen.« Sie schweigt kurz, dann mustert sie mich, scheinbar um abzuschätzen, ob ich auch verstehe, was sie da sagt, und natürlich weiß ich genau, was sie meint. »Ich zeig dir die ganzen geheimen Ecken, die ich in New York so sehr liebe.«
    »Und warum?«, will ich von ihr wissen. Und kaum habe ich diese Frage gestellt, würde ich mir am liebsten in den Hintern beißen. Du hattest deine Galgenfrist, jetzt sei bloß still! Doch irgendwas in mir will die Antwort wissen. Ich habe zwar keine Ahnung, warum ich heute Abend überhaupt zu ihrem Konzert gegangen bin, aber noch weniger verstehe ich, weshalb sie mich hat zu sich holen lassen. Denn dadurch kam es schließlich überhaupt dazu, dass ich jetzt mit ihr hier bin.
    »Weil ich es dir ganz einfach gern zeigen möchte«, erklärt sie kurzerhand. Ich starre sie an und warte darauf, dass sie dies näher erläutert. Während sie nach Worten sucht, runzelt sie die Stirn. Dann scheint sie plötzlich aufzugeben. Sie zuckt nur mit den Schultern. Nach einer Weile startet sie einen neuen Versuch: »Außerdem geh ich zwar nicht wirklich weg von New York, aber in gewisser Weise halt doch. Ich fliege morgen nach Japan, um zwei Konzerte zu geben, und hinterher noch eins in Korea. Dann komme ich für eine Woche nach New York zurück, und erst danach geht die Tour richtig los. Ich werde wahrscheinlich vierzig Wochen im kommenden Jahr auf Tour sein, deshalb …«
    »Dir bleibt also nicht mehr viel Zeit fürs Eiersuchen, was?«
    »Ja, das ist es wahrscheinlich.«
    »Also eine Art Abschiedstour?« Abschied von New York? Oder von mir? Ein bisschen zu spät, als dass sie mir gelten könnte.
    »Ja, so könnte man es wohl sehen«, erwidert Mia.
    Ich zögere kurz, so als würde ich tatsächlich darüber nachdenken, als würde ich die verschiedenen Möglichkeiten abwägen, als würde ich überlegen müssen, ob ich ihre Einladung annehme. Dann zucke ich ebenfalls mit den Schultern und gebe mich gut gelaunt. »Klar, warum eigentlich nicht?«
    Vor dem Busbahnhof kommen mir allerdings Zweifel, ob

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