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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
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irgendeiner weiblichen Oldschool-Punkikone, und ich entschied mich für einen männlichen klassischen Musiker. Joan und Frédéric. Oder Debbie und Ludwig …
    »Such du sie aus«, sage ich, weil ich mir nicht ganz sicher bin, wie viel von der Vergangenheit wir hier wiederaufleben lassen wollen. Bis ich die Namen sehe, die sie notiert. Und dann haut es mich fast um. Kat und Denny.
    Als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkt, ist es ihr peinlich. »Sie haben auch immer gern gebowlt«, erklärt sie hastig und ändert dann die Namen in Pat und Lenny ab. »Wie findest du die?«, erkundigt sie sich jetzt, ein bisschen zu betont fröhlich für meinen Geschmack.
    Nur zwei Buchstaben fehlen zum Morbiden, denke ich. Meine Hand zittert wieder, als ich nun mit Pats pinkfarbenem Ball die Bahn betrete, was vielleicht erklärt, weshalb ich nur acht Pins umwerfe. Doch Mia ist das egal. Sie quietscht vor Freude. »Der Spareball gehört mir, ja?«, ruft sie. Dann reißt sie sich wieder zusammen und betrachtet ihre Füße. »Danke, dass du mir diese Schuhe ausgeliehen hast. Fühlen sich gut an.«
    »Gern geschehen.«
    »Wie kommt es, dass dich hier keiner erkennt?«, erkundigt sie sich.
    »Falsche Umgebung wahrscheinlich.«
    »Vielleicht kannst du deine Sonnenbrille dann ja abnehmen. Ist irgendwie komisch, mit dir zu reden, wenn du sie trägst.«
    Ich hab völlig vergessen, dass ich sie noch aufhabe, und komme mir jetzt ganz schön blöd vor deswegen. Ich nehme sie ab.
    »Schon viel besser«, meint Mia. »Ich verstehe echt nicht, wieso klassische Musiker Bowling immer als White Trash abtun. Macht doch riesig Spaß.«
    Keine Ahnung, warum dieser Seitenhieb auf die typischen Juilliard-Snobs mich so freut, aber es ist nun mal so. Ich fege Mias restliche zwei noch stehenden Pins um. Sie jubelt lauthals.
    »Hat es dir da gefallen? An der Juilliard, meine ich?«, frage ich sie. »War es so, wie du es dir vorgestellt hast?«
    »Nein«, meint sie, und erneut empfinde ich dieses Gefühl, gesiegt zu haben. Bis sie ihre Antwort weiter ausführt. »Nein, es war sogar noch besser.«
    »Oh.«
    »Allerdings war es nicht von Anfang an so. Zu Beginn hatte ich so meine Schwierigkeiten.«
    »Das überrascht mich nicht, du weißt schon, nach allem, was passiert war.«
    »Das war ja das Problem. ›Nach allem, was passiert war.‹ Darauf wurde einfach zu viel Rücksicht genommen. Als ich anfing, wurde ich behandelt wie ein rohes Ei; die Leute gingen einfach viel zu behutsam mit mir um. Meine Mitbewohnerin war sogar so besorgt, dass sie mich nicht ansehen konnte, ohne zu heulen.«
    Die übertrieben Mitleidige – ich erinnere mich gut an sie.
    »Alle meine Mitbewohnerinnen waren richtig hysterische Tussis. Im ersten Jahr bin ich so oft umgezogen, dass ich irgendwann ganz ausgezogen bin aus dem Wohnheim. Kannst du dir vorstellen, dass ich hier schon elfmal umgezogen bin? Schätze, das ist rekordverdächtig.«
    »Ist doch eine gute Übung für die Zeiten, wenn du auf Tour bist.«
    »Bist du gern auf Tour?«
    »Nein.«
    »Echt nicht? Obwohl man so viele verschiedene Länder zu sehen kriegt? Ich hätte gedacht, das würde dir gefallen.«
    »Ich seh doch nur die Hotels und die Hallen, und vielleicht erhasche ich noch den einen oder anderen verschwommenen Blick zum Fenster des Tourbusses raus auf die Landschaft.«
    »Siehst du dir denn nie irgendwelche Sehenswürdigkeiten an?«
    Die anderen in der Band tun das. Sie lassen sich diese privaten VIP -Touren organisieren, schauen sich das Kolosseum in Rom an, noch vor der offiziellen Öffnungszeit, und all solche Sachen. Ich könnte mich ihnen jederzeit anschließen, aber dann müsste ich mit der Band zusammen sein. Da sperre ich mich doch lieber in meinem Hotelzimmer ein. »Normalerweise hab ich für so was keine Zeit«, schwindle ich. »Du willst also sagen, dass du Probleme mit deinen Mitbewohnerinnen hattest.«
    »Und wie«, fährt Mia fort. »Zu viel Mitleid. So waren sie alle, auch die Leute an der Fakultät. Jeder wurde nervös in meiner Gegenwart, dabei hätte es doch genau andersrum sein sollen. Es ist so eine Art Aufnahmeritual, dass bei der ersten Orchesterprobe das eigene Spiel auseinandergenommen wird – und zwar so richtig fies auseinandergenommen –, und das vor allen Leuten. Passiert jedem, ohne Ausnahme. Abgesehen von mir. Es war fast so, als wäre ich unsichtbar. Niemand wagte es, mich zu kritisieren. Und glaub mir, es lag nicht daran, dass ich so perfekt gespielt hätte.«
    »Vielleicht ja

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