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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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schon jemals überzeugt war. Es ist nämlich nicht die Musik, die mich jeden Tag wieder aufwachen und einen weiteren Atemzug machen lässt. Ich drehe mich von ihr weg und sehe auf das dunkle Wasser unter mir.
    »Und was, wenn es gar nicht das ist, was du liebst?«, murmele ich, aber meine Stimme wird vom Wind und vom Verkehr geschluckt. Wenigstens habe ich es endlich mal laut ausgesprochen. Immerhin habe ich das geschafft.
    Ich brauche eine Zigarette. Ich lehne mich gegen die Brüstung und blicke in Richtung Vororte, wo drei Brücken zu sehen sind. Mia stellt sich wieder neben mich, während ich versuche, das Feuerzeug anzumachen.
    »Du solltest damit aufhören«, meint sie und berührt mich sanft an der Schulter.
    Eine Sekunde lang denke ich, sie meint damit die Band. Denke, dass sie gehört hat, was ich vorher gesagt habe, und jetzt empfiehlt sie mir, Shooting Star den Rücken zu kehren, die ganze Musikindustrie hinter mir zu lassen. Ich warte ja schon ein Weilchen darauf, dass mir jemand den Tipp gibt, das Musikbusiness aufzugeben, aber keiner traut sich. Und dann fällt mir wieder ein, dass sie mir das heute schon mal gesagt hat mit dem Aufhören, kurz bevor sie selbst eine Kippe von mir geschnorrt hat. »Nicht so leicht«, sage ich.
    »Quatsch«, erwidert Mia, und sie klingt dabei so rechthaberisch, dass sie mich an ihre Mutter Kat erinnert, die ihre Überzeugungen trug wie eine alte, abgewetzte Lederjacke, und die fluchen konnte, dass jeder Roadie sich neben ihr geschämt hätte. »Aufhören ist nicht schwer. Den Entschluss zu fassen, es zu tun, das ist schwer. Wenn man erst mal diese geistige Hürde genommen hat, dann ist der Rest ein Kinderspiel.«
    »Echt? Hast du es so geschafft, mich aufzugeben?«
    Und einfach so, ohne nachzudenken, ohne es mir vorher überlegt zu haben, ohne vorher tagelang mit mir selbst gerungen zu haben, ist es raus.
    »Aha«, sagt sie, als würde sie sich an ein Publikum unterhalb der Brücke wenden. »Endlich hat er es also ausgesprochen.«
    »Hätte ich das nicht tun sollen? Soll ich denn diese Nacht einfach so verstreichen lassen, ohne anzusprechen, was du getan hast?«
    »Nein«, sagt sie sanft.
    »Und warum dann? Warum bist du weg? Hatte es was mit den Stimmen zu tun?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Es waren nicht die Stimmen.«
    »Was war es dann? Woran lag es?« Ich kann jetzt die Verzweiflung in meiner Stimme hören.
    »Da gab es viele Gründe. Zum Beispiel, dass du in meiner Gegenwart nicht mehr du selbst sein konntest.«
    »Was meinst du damit?«
    »Du hast nicht mehr richtig mit mir geredet.«
    »Das ist doch Blödsinn, Mia. Ich hab die ganze Zeit mit dir geredet!«
    »Du hast mit mir gesprochen, aber irgendwie auch wieder nicht. Ich hab das bemerkt, dein heuchlerisches Gequatsche. Was du mir eigentlich hättest sagen wollen und was du dann tatsächlich gesagt hast.«
    Ich denke an all die heuchlerischen Gespräche, die ich in meinem Leben geführt habe. Mit so ziemlich jedem. Hat es damals angefangen? »Na ja, es war nicht gerade leicht, mit dir zu reden«, feuere ich zurück. »Egal was ich sagte, immer war es das Falsche.«
    Sie sieht mich mit einem traurigen Lächeln an. »Ich weiß. Das war nicht nur deine Schuld. Es lag an uns beiden. Wir waren beide schuld.«
    Ich schüttle den Kopf. »Das stimmt doch nicht.«
    »Stimmt schon. Aber du brauchst dich deswegen nicht schlecht zu fühlen. Alle um mich herum haben immer einen Eiertanz aufgeführt. Aber es hat schon wehgetan, dass selbst du nicht normal mit mir umgehen konntest. Ich meine, du hast mich ja so gut wie gar nicht mehr angerührt.«
    Und als wolle sie diesen Punkt noch bekräftigen, legt sie mir die Finger an die Innenseite meines Handgelenks. Ich wäre nicht im Geringsten überrascht, wenn jetzt Rauchfahnen aufsteigen und sich die Abdrücke ihrer Finger in meine Haut brennen würden. Um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten, ziehe ich meinen Arm zurück.
    »Du warst noch dabei, dich zu regenerieren«, lautet meine peinliche Antwort. »Und wenn ich mich recht entsinne, dann warst du es, die ausgetickt ist, als wir es versucht haben.«
    »Ja, das eine Mal«, sagt sie. »Ein einziges Mal.«
    »Ich wollte doch nur, dass mit dir wieder alles gut wird. Ich wollte dir nur helfen. Ich hätte alles für dich getan.«
    Sie lässt ihr Kinn auf die Brust sinken. »Ja, ich weiß. Du wolltest mich retten.«
    »Verdammt, Mia. Du sagst das ja so, als wäre es ein Verbrechen.«
    Sie sieht auf zu mir. Da liegt immer noch

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