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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
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deiner Songs: ›Du oder ich, sie stellt es mir frei. Und sie ist die einzig Überlebende.‹ Keine Ahnung. Als ich ›Roulette‹ das erste Mal hörte, war ich überzeugt, du hättest tatsächlich verstanden. Dass du zwar sauer warst, aber doch Bescheid wusstest. Und ich habe mich für mich entschieden, es ging nicht anders.«
    »Ach, das ist also deine Entschuldigung dafür, dass du mich einfach ohne ein Wort hast sitzen lassen? Feige sein ist das Eine, Mia. Aber was du getan hast, nennt man pure Grausamkeit! Was bist du nur für ein Mensch geworden.«
    »Vielleicht ging es für mich eine Weile einfach nicht anders«, heult sie. »Und es tut mir furchtbar leid. Ich weiß, dass ich dich hätte anrufen sollen. Dass ich dir alles hätte erklären müssen. Aber es war nicht leicht, an dich ranzukommen.«
    »Ach, so ein Bockmist, Mia. Ich mag ja wirklich für viele Leute schwer zu erreichen sein, aber doch nicht für dich! Zwei Anrufe hätten genügt, und schon hättest du mich an der Strippe gehabt.«
    »Es hat sich aber nicht so angefühlt«, meint sie. »Du warst ein solches …« Sie verstummt, ahmt eine Explosion nach, wie das an diesem Tag auch schon Vanessa LeGrande getan hatte. »… ein solches Phänomen. Kein normaler Mensch mehr.«
    »Das ist nichts als ein Haufen Blödsinn, Mia, und das weißt du. Außerdem war das alles erst ein Jahr später. Ein ganzes Jahr. Ein Jahr, in dem ich ein Häuflein Elend war und mich im Haus meiner Eltern verkrochen habe, Mia. Oder hast du deren Nummer vielleicht auch vergessen?«
    »Nein, natürlich nicht.« Mias Stimme klingt kraftlos. »Aber ich konnte dich am Anfang einfach nicht anrufen.«
    »Warum nicht?«, schreie ich. »Warum konntest du es nicht?«
    Mia sieht mir jetzt direkt ins Gesicht. Der Wind peitscht ihr Haar mal in die eine, mal in die andere Richtung, sodass sie aussieht wie eine mystische Zauberin, schön, mächtig und zugleich furchteinflößend. Sie schüttelt den Kopf und wendet sich wieder ab.
    Oh nein! Wir waren schon so weit auf dieser Brücke. Sie kann dieses verdammte Ding von mir aus auch in die Luft sprengen, aber erst, wenn sie mir alles erklärt hat. Ich packe sie und drehe sie wieder zu mir. »Warum nicht? Erklär es mir. So viel bist du mir schuldig!«
    Sie sieht mir direkt in die Augen. Sie zielt. Und dann drückt sie ab. »Weil ich dich gehasst habe.«
    Der Wind, der Lärm, das alles verstummt für einen kurzen Augenblick, und alles, was ich höre, ist ein dumpfes Piepsen in den Ohren, so wie nach den Shows immer, oder wie wenn ein Herzfrequenzmonitor plötzlich den Stillstand anzeigt.
    »Du hast mich gehasst? Warum denn?«
    »Du hast mich dazu gebracht, zu bleiben.« Sie sagt das ganz leise, und fast ist es über den Wind und den Verkehrslärm hinweg nicht zu hören, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden habe. Dann aber wiederholt sie ihren Satz, dieses Mal lauter. »Du hast mich dazu gebracht, zu bleiben!«
    Jetzt ist es also raus. Ein riesiges Loch klafft in meiner Brust, und endlich habe ich die Bestätigung für das, was ich schon lange vermute.
    Sie weiß es.
    Die elektrischen Schwingungen in der Luft sind wie verändert; es ist fast so, als würde man die Ionen tanzen sehen. »Ich wache immer noch Morgen für Morgen auf und vergesse für eine Sekunde, dass meine Familie nicht mehr existiert«, erklärt sie mir. »Und dann fällt es mir wieder ein. Kannst du dir vorstellen, wie das ist? Das wieder und wieder zu erleben? Es wäre alles so viel leichter gewesen, wenn …« Und plötzlich beginnt ihre ruhige Fassade zu bröckeln, und sie fängt an zu weinen.
    »Bitte.« Ich halte abwehrend die Hände hoch. »Bitte nicht …«
    »Nein, du hast schon recht. Du musst es mich dir erklären lassen, Adam! Du musst es dir anhören. Es wäre leichter für mich gewesen, zu sterben. Es ist nicht so, dass ich jetzt gern tot wäre. Überhaupt nicht. Es gibt vieles in meinem Leben, worüber ich mich freue, worauf ich stolz sein kann, was ich liebe. Aber an manchen Tagen, und vor allem am Anfang, war das so. Da war es wirklich schwer für mich. Und ich konnte mich nicht gegen den Gedanken wehren, dass es so viel leichter gewesen wäre, einfach mit den anderen zu gehen. Aber du – du hast mich gebeten zu bleiben. Du hast mich angefleht. Du standest neben mir und machtest mir dieses Versprechen, hoch und heilig. Und ich kann gut verstehen, dass du wütend bist, aber du kannst mir nicht die Schuld geben. Du kannst mich doch nicht

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