Luc - Fesseln der Vergangenheit
Deutschen die Sicherheitsmaßnahmen nicht verdenken. Das Lager lag inmitten einer Unruheprovinz, die noch weitestgehend in der Hand der Taliban war. Statt Wohncontainern und fließendem Wasser wie in Mazar el-Sharif, gab es Zelte aus Planen und Holzböden, die an Paletten erinnerten. Ungefähr fünfhundert Spezialisten der deutschen Bundeswehr bildeten hier afghanische Soldaten unter härtesten Bedingungen aus. Gleichzeitig war der Außenposten ein beliebter Startpunkt für Spezialeinheiten. Ehe sie auf dem unübersichtlichen Gelände den falschen Leuten auffielen, entschloss Luc sich für den sicheren Weg und rief Andi an.
»Das Lager liegt vor uns. Wo steckt ihr?«
»Hinter der Zufahrt gleich rechts. Du kannst unseren Vogel nicht verfehlen. So viele Plätze gibt es hier nicht, wo man landen kann.«
Luc blickte in den Rückspiegel und grinste Hamid zu, der es sich dort bequem gemacht hatte. »Wir sind gleich da. Allerdings sind wir etwas mehr, als ursprünglich geplant. Gib mir wenigstens die Chance zu einer Erklärung, ehe du sauer wirst.«
»Das erinnert mich daran, dass ich nie wieder mit SEAL s zusammenarbeiten wollte.«
Andis trockener Humor gefiel Luc, und da er mittlerweile wusste, dass der Deutsche mit einigen SEAL s eng befreundet war, nahm er die Bemerkung nicht weiter ernst. Die Hilfe der Deutschen war zwar mehr als willkommen, aber zur Not würden sie es auch alleine schaffen.
Die Wachposten winkten sie durch und sie fanden problemlos den Hubschrauber und das Zelt, das in sicherer Entfernung zu den Rotoren einige Männer beherbergte. Zwei strategisch gut geparkte Geländewagen boten den deutschen Soldaten einen Schutz vor den neugierigen Blicken der afghanischen Truppen.
Luc hielt vor dem ersten Wagen und gab Chris ein Zeichen, unmittelbar hinter ihm zu halten.
Andi hob lediglich beiläufig eine Hand zum Gruß und ließ sich ansonsten nicht beim Reinigen seiner Waffe stören. Hamids Anwesenheit war ihm lediglich ein unmerkliches Kopfschütteln wert. Erst als Jasmin aus dem Wagen kletterte, warf er sein Gewehr zur Seite, stand auf und kam auf sie zu. Dicht vor Luc blieb er stehen.
»Verdammt, Luc, du schaffst es doch noch, mich zu überraschen. Willkommen zurück im Dreck. Hat dich die Sehnsucht doch wieder hergetrieben?«
»Tja, irgendwas hat mir in Kalifornien gefehlt.«
»Ich tippe auf die Dame an deiner Seite.«
Lächelnd nickte Luc. »Richtig geraten.«
Andi übernahm die Vorstellung selbst und beließ es bei den Vornamen. Hamid bedachte er mit einem flüchtigen Grinsen. »Deinen Nachnamen will ich offiziell gar nicht hören. Ich freue mich, dass wir zusammenarbeiten. Es wird mir ein Vergnügen sein, Melton und Warzai klarzumachen, dass ihre Zeit abgelaufen ist.«
Hamid beschränkte sich zunächst auf einen festen Händedruck, ehe er nachdenklich beobachtete, wie Azad und Andi sich überraschend herzlich begrüßten. Offenbar verband sie eine aufrichtige Freundschaft.
»Wo ist Mike?« Azads Frage veranlasste Luc, sich noch einmal umzusehen. Aber er konnte den deutschen Soldaten, der damals auch an seiner Rettung beteiligt gewesen war, nirgends sehen.
Andi lächelte. »Er erledigt seinen Job und unternimmt eine kleine Aufklärungstour. So groß ist der Laden hier nicht, und wenn wir wissen, wohin es Melton zieht, steigen unsere Chancen auf eine schnelle und unblutige Lösung. Meine restlichen Jungs besorgen gerade frischen Proviant. Macht es euch bequem und nutzt die Zeit bis zum Abend.«
Die Aufforderung brauchte keiner von ihnen zweimal. Rucksäcke gaben einigermaßen bequeme Rückenpolster ab und nach kurzer Zeit hatte jeder von ihnen einen Platz gefunden. Chris und Timothy bereiteten Fertiggerichte vor, die nur noch erhitzt werden mussten. Jasmin übernahm es, Wasserflaschen zu verteilen.
Hamid hatte Murat und den Blonden als Begleiter ausgewählt. Die drei Afghanen sprachen fließend Englisch, so dass die Gespräche locker und problemlos verliefen. Ohne Hemmungen stellte Hamid einige gezielte Fragen zur Beziehung zwischen Azad und Andi und war mit den Antworten offensichtlich zufrieden. Azad stand offen zu seiner Zusammenarbeit mit Amerikanern und Deutschen, machte aber unmissverständlich deutlich, dass sein oberstes Interesse seinem eigenen Land galt.
»Das kann ich akzeptieren. Aber du und Kalil werdet noch einige Fragen zu beantworten haben.« Trotz Hamids ruhiger Art kam die Botschaft an.
Schlagartig verlegen musterte Azad eine Zeltplane, die sich im Wind bewegte. »Es
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