Luc - Fesseln der Vergangenheit
du möchtest. Niemand wird uns hören oder stören können.«
Seine Augen wirkten wieder fast schwarz und sie erkannte dicht unter dem beherrschten Äußeren die Leidenschaft, die er ihr zuvor offen gezeigt hatte. Sie brachte es nicht fertig, seine Worte leichtfertig abzutun. »Das hört sich traumhaft an.«
»Das wird es sein.«
Sie klammerte sich an sein Versprechen und ließ einen kleinen Hoffnungsschimmer zu. Seine ruhige Überzeugung hatte etwas Ansteckendes, dem sie sich nicht entziehen konnte. Mit Verspätung sortierte sie die Informationen, die er ihr absichtlich gegeben hatte. Es gab nur eine Spezialeinheit, die direkt am Meer stationiert war. »Ost- oder Westküste?«
Ein unmerkliches Lächeln zeigte sich in seinen Mundwinkeln. »Westküste.«
Obwohl sich niemand in ihrer Nähe aufhielt, senkte sie ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ausgerechnet ein SEAL . Ich muss verrückt sein.«
Statt ihre Schlussfolgerung abzustreiten oder zu bestätigen, zog er sie an sich, bis sein Mund fast ihr Ohr berührte. »Ich bin es jedenfalls. Verrückt nach dir.« Seine Zunge glitt vorwitzig über ihre Ohrmuschel und ließ sie erzittern. Schnell rückte sie von ihm ab. Die Versuchung, ihn in Sichtweite von Hamids Haus zu lieben, wurde übermächtig. »Eindeutig verrückt.«
»Meinst du mich oder dich?«
»Misch dich da nicht ein, das war ein Selbstgespräch.«
Sein Lachen verschwand so schnell, wie es aufgekommen war, und Jasmin ahnte, dass ihre ungestörte Zweisamkeit endgültig beendet war. Ausnahmsweise hätte sie Hamid und seine Frau auf den höchsten Berggipfel gewünscht. Alles wäre besser gewesen als die ausdruckslosen Mienen der Männer und Alimas wissendes Lächeln.
Nach einem Rippenstoß und einigen geflüsterten Worten seiner Frau entspannte sich wenigstens Hamid.
Jasmin war sicher, dass Alima ihn gerade daran erinnert hatte, wie sie und Hamid sich kennen und lieben gelernt hatten. Wegen Hamids westlicher Abstammung war Alimas Familie entschlossen gewesen, die beiden auseinanderzubringen, aber Hamid hatte sich durchgesetzt.
Rasch legten Jasmin und Luc die letzten Meter zurück. Luc zeigte auf den Pfad, der zum Gebäude mit der Dusche führte. »Interessante Idee. Das Wasser kommt aus den Bergen, oder? Aber wie klappt es mit der Erwärmung?«
»Auf der Rückseite sind Sonnenkollektoren. Die Energie reicht, um das Badezimmer im Winter aufzuheizen und immer warmes Wasser vorrätig zu haben.«
»Kalil hat erwähnt, dass ihr das ganze Dorf mit Wasser versorgen wollt. Ginge das nicht auch mit Sonnenkollektoren? Sonne habt ihr doch genug.«
»Eigentlich schon, aber diese Kollektoren kosten einiges, und die Teile, die wir für einen größeren Bau benötigen, unterliegen Ausfuhrverboten der Herstellerländer. Aber vom Prinzip her ist das der Ansatz, den wir verfolgen. Wir müssen allerdings auch noch einen Weg finden, den Wasserdruck und die Menge zu erhöhen. Ich habe die Dusche nicht zum Spaß dahinten errichtet, sondern wir mussten den Neigungswinkel des Hügels ausnutzen.«
»War das deine Idee?«
»Ja, in einem früheren Leben war ich Ingenieur.«
»Danke für die Gelegenheit, die Dusche zu nutzen.«
»Das war das Mindeste. Tut mir aufrichtig leid, wie es vorhin gelaufen ist.«
Sekundenlang blieb Lucs Miene ausdruckslos, dann zeigte sich sein Grinsen. »Das war’s wert.«
Vor Schreck über die zweideutige Bemerkung hielt Jasmin den Atem an. Musste Luc unbedingt Hamids Toleranz testen? Egal, wie oft ihr Bruder betont hatte, ihre Lebensart zu akzeptieren, hätte sie nie damit gerechnet, dass er ihnen die gemeinsame Nutzung der Dusche gestattete. Andererseits hatte Luc mitbekommen, dass Hamid Mounas Familie, die sich offen zum christlichen Glauben bekannte, im Dorf duldete. Vermutlich war es Lucs Art, herauszubekommen, woran er mit Hamid war. Männer!
Hamid lächelte lediglich. »Ich dachte mir, dass du es so sehen wirst. Lass uns reingehen und essen. Dabei können wir uns unterhalten.«
Die beiden gingen ins Haus, während Jasmin noch um Fassung rang. Erst absolut kalt und abweisend, und dann plötzlich die besten Freunde. »Männer sind das Allerletzte«, zischte Jasmin ihrer Freundin zu.
Statt Verständnis zu zeigen, lachte Alima nur unterdrückt. »Sie haben eben ihre eigene Art, die Dinge zu klären. Und es ist besser, als wenn sie aufeinander losgehen. Darauf kann ich nun wirklich verzichten. Hat er denn nicht recht? Ich habe dich noch nie so entspannt gesehen.«
»Entspannt? Ich würde
Weitere Kostenlose Bücher