Luc - Fesseln der Vergangenheit
die Geschwindigkeit und nahm sich zum gefühlten hundertsten Mal vor, endlich etwas gegen die Schlaglöcher zu tun, die an die Pisten in Afghanistan erinnerten. Für Scotts Pickup waren die kein Problem, aber sein Porsche drohte an einigen Stellen mit der Stoßstange aufzusetzen. Palmen und überwucherte Dünen bildeten einen Sichtschutz zum Nachbargrundstück und vermittelten einem das Gefühl, sich direkt in der Natur zu befinden.
Luc hatte Wert darauf gelegt, dass sich sein Haus in die Umgebung einfügte, und das war dem Architekten gelungen. An einem Holzsteg, der exakt zur Veranda passte, dümpelte ein Speedboot, das bei drohendem Unwetter problemlos höher an den Strand gezogen werden konnte. Durch die Lage direkt an einer natürlichen Bucht konnte auch direkt am Wasser kein neugieriger Nachbar oder zufällig vorbeikommender Tourist die Ruhe stören. Selbst sein Vater hatte zugegeben, dass das Grundstück jeden Cent wert gewesen war, und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass Luc dieses verborgene Schmuckstück jederzeit mit gutem Gewinn verkaufen könnte, was er jedoch nicht vorhatte.
Das Haus, ein rechtwinkliger Bungalow, wirkte auf den ersten Blick wie eine große Strandhütte und war es im Prinzip auch. Es besaß lediglich ein Stockwerk, hatte aber ausreichend Zimmer für Luc und Besucher. Seine Brüder nutzten die Gästezimmer auffallend oft und auch Scott war mittlerweile beinahe Stammgast bei ihm. Luc genoss den Wechsel zwischen Ruhe und Trubel und fragte sich erneut, wie wohl Jasmin dazu stehen würde. Im Zweifel würde sich einiges ändern, wenn er erst … Er verzog den Mund, als ihm bewusst wurde, in welche Richtung sich seine Gedanken bewegten. Das war reine Zukunftsmusik, und auch wenn er mittlerweile sicher war, dass zwischen ihnen mehr als ein ungewöhnlich leidenschaftliches Abenteuer gewesen war, sah Jasmin das vielleicht ganz anders.
Er brachte den Porsche neben Scotts Pickup zum Stehen und ging direkt ums Haus herum zur Veranda. Der Gesichtsausdruck seines Freundes, der konzentriert auf Lucs Notebook blickte, verhieß nichts Gutes. »Was ist los?«
»Das solltest du dir selbst ansehen.«
Mit wenigen Mausklicken holte Scott die Aufzeichnungen der Überwachungskameras auf den Monitor. Ein unauffälliger Van hatte zunächst an der Zufahrt zum Sandweg geparkt und war wenig später bis vors Haus gefahren. Zwei Männer waren ausgestiegen und hatten sich umgesehen. Einer hatte diverse Fotos geschossen, während der andere sich eingehend mit der Tür und dem Schloss beschäftigt hatte.
»Das war nur die Vorhut. Die kommen wieder. Ich habe von einem Bekannten bei der Polizei das Kennzeichen checken lassen, ein Regierungsfahrzeug, ohne Angabe der entsprechenden Behörde.«
Als SEAL war Luc es gewohnt, in kürzester Zeit eine Vielzahl von Informationen zu bewerten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dieses Mal brauchte er einige Sekunden, um die neue Gefahrenquelle nach den bisherigen Erfolgen zu verarbeiten. Er ließ sich auf einen der Stühle fallen und fluchte leise. »Die haben sich umgesehen, um beim nächsten Mal unbemerkt reinzukommen. Drinnen waren sie doch nicht, oder?«
»Nein. Ich habe Timothy losgeschickt, um uns das richtige Equipment zu besorgen. Das Haus ist sauber, Telefone und PC -Leitungen auch. Wir haben alles doppelt gecheckt und für den Fall, dass sie Ernst machen, Vorsorge getroffen. Besonders clever sind die nicht, sonst wären ihnen die Kameras nicht entgangen.«
»Ich würde sagen, guter Durchschnitt. Nur wenige Profis würden die Technik erkennen. Denk dran, dass selbst dir eine Kamera am Haus entgangen ist, als wir Phils Spielereien getestet haben.«
»Die Erinnerung hättest du dir schenken können. Aber so weit zu meinem ganz normalen Tag hier, und wie war’s bei dir?«
»Du klingst schon wie eine Hausfrau. Willst du mir vielleicht auch noch ein Bier und die Hausschuhe bringen?«
»Hausschuhe besitzt du gar nicht, übers Bier können wir reden.«
»Damit warte ich lieber, bis ich mit Andi geredet habe.« Luc blickte auf die Uhr und kalkulierte die Zeit, die ihm blieb. »In knapp zwanzig Minuten sollte ich online sein. Und ihr seid absolut sicher, dass die Mistkerle nichts verwanzt haben? Es wäre ein Alptraum, wenn jemand von denen das Gespräch mit Andi mithört.«
Scotts finsterer Blick reichte Luc als Antwort.
»Schon gut. Ich ziehe die Frage zurück.«
Scott stand auf und blickte drohend auf ihn hinab. »Das war der ideale Zeitpunkt zum Zurückrudern.
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