Luc - Fesseln der Vergangenheit
Ich hole mir ein Bier und dann will ich einen ausführlichen Bericht hören, Lieutenant. Du warst ja anscheinend überraschend erfolgreich.«
Die Gelegenheit war zu günstig, um sie sich entgehen zu lassen. »Lieutenant Commander bitte.«
Die Überraschung gelang ihm, denn Scott stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Na, das war aber auch überfällig. Und du dachtest, die schmeißen dich raus.« Die Hand seines Freundes landete schwer auf Lucs Schulter. »Das kostet dich eine Kleinigkeit. Die Jungs und ich werden die Nacht zum Tag machen, um das gebührend zu feiern.«
»Meinetwegen, aber erst, wenn wir wieder regulär mitspielen und diese Sache geklärt haben.«
»Logisch. Aber nun verrate mir bitte, was hier eigentlich vor sich geht.«
Die Zeit bis zur geplanten Videokonferenz reichte, um Scott auf den neuesten Stand zu bringen und ihn über Jays Theorie zu informieren, dass Lucs Probleme mit der CIA eine direkte Verbindung zu Jasmin haben könnten und vermutlich Melton der Verantwortliche dafür war.
»Das würde auch zu diesen Typen passen, die sich hier umgesehen haben. Das klingt schlüssig und wirkt, als ob endlich das Glück auf deiner Seite wäre. Der offizielle Weg hätte Ewigkeiten gedauert, die Abkürzung über Daniel ist perfekt.«
»Finde ich auch.« Allerdings hatte Luc bisher nichts von Jay gehört. Solange konnte es eigentlich nicht dauern, die Fingerabdrücke durch den Computer zu jagen. Er verdrängte den Anflug von Unwohlsein, im Moment konnte er nur abwarten, dass sich sein Bruder meldete. Eine Minute vor der verabredeten Uhrzeit startete Luc die Software und gab die Nummer ein, die Alexander ihm gegeben hatte. Zunächst blieb der Monitor dunkel und zeigte ihm nur in einem daumengroßen Fenster sein eigenes Bild, dann erschien das ISAF -Logo und nach einigen Störsignalen das klare Bild eines ernst aussehenden, braunhaarigen Mannes mit blauen Augen, denen kein Detail zu entgehen schien. Nach der Dunkelheit in den Bergen und ihrer Trennung sofort nach der Landung hatte Luc erstmals die Gelegenheit, Andi bei normalen Lichtverhältnissen zu sehen. Seine Ahnung hatte ihn nicht getäuscht, der Deutsche war einige Jahre älter als er selbst und wirkte, als ob er schon zu viel gesehen hatte, auf das er lieber verzichtet hätte.
»Danke, dass du dir die Zeit nimmst«, begann Luc etwas unsicher.
Andis Miene blieb unnahbar. »Da mich ein Freund darum gebeten hat, konnte ich das kaum abschlagen. Dann schieß mal los.«
Es fiel Luc schwer, die richtigen Worte zu finden. Bei Daniel war dies anders gewesen, sie waren beide SEAL s und deshalb automatisch in gewisser Weise verbunden. »In deinem Bericht stehen die falschen GPS -Daten. Ich will wissen, wo wir uns wirklich getroffen haben und wieso ihr wusstet, dass ich dort auftauchen würde.« Das kam völlig falsch rüber und Luc befürchtete einen Augenblick, dass Andi ohne Umschweife die Verbindung trennen würde, aber er hatte sich getäuscht. Dennoch konnte er trotz der Entfernung spüren, dass sich die Gesprächsatmosphäre deutlich abgekühlt hatte und sich nun irgendwo in der Nähe des Gefrierpunktes befand.
»Ich wusste bisher nicht, dass es zu den Aufgaben der US Navy gehört, unsere Berichte Korrektur zu lesen. Ich nehme deine Anmerkung zur Kenntnis und wiederhole mich gerne ein weiteres Mal: Wir wussten nicht, dass du dort auftauchst. War’s das?«
»Nein. Tut mir leid. So war das nicht gemeint. Bekomme ich noch eine Chance?«
»Ja, aber nur, weil du es irgendwie geschafft hast, Freunde von mir ins Spiel zu bringen. Fang noch mal an, Luc.«
Das tat er und diesmal formulierte er alles genauso wie am Hindernisparcours gegenüber Daniel und Alexander. Doch er fügte noch sein persönliches Fazit hinzu. »Du siehst, es gibt einige offene Punkte. Wenn als Nebeneffekt eine Abrechnung mit Warzai für mich drin ist, würde ich das nicht ablehnen. Aber es geht mir eigentlich um etwas anderes. Ich war lange genug da unten, um zu wissen, dass das Land Leute wie die Kazims braucht, während Typen wie Warzai Afghanistan weiter in den Abgrund ziehen. Ich schulde sowohl den Brüdern als auch der Ärztin etwas und würde ihnen gerne helfen.«
Den Kopf etwas seitlich gelegt, hatte Andi ihm aufmerksam zugehört. »Zumindest weiß ich jetzt, wie du Alexander und Daniel als Fürsprecher gewonnen hast. Ist dein Team wieder offiziell im Spiel?«
»Nein. Für mindestens zwei Wochen, eher noch länger sind wir draußen.«
»Schade, aber es wäre wohl zu
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