Luc - Fesseln der Vergangenheit
undefinierbarer Ausdruck huschte über Alexanders Gesicht, ehe er freundlich nickte. »Ziemlich üble Zeit, die hinter dir liegt. Ich kümmere mich um Mirko, dann habt ihr eure Ruhe.«
Etwas an Alexanders Verhalten verriet Luc, das er genau wusste, wovon er sprach. Unerwartet hielt Daniel seinen Freund zurück. »Nein, bitte bleib. Du bist im Zweifel besser im Thema als ich. Schieß los, Luc.«
Zum dritten Mal an diesem Tag begann er seinen Bericht, beschränkte sich aber auf die wesentlichsten Punkte. Da er Hectors Warnung noch im Ohr hatte, ließ er trotz der Kürze nichts aus. Beide Männer wirkten am Ende ausgesprochen nachdenklich und ihnen reichte ein Blick, um ihr weiteres Vorgehen abzustimmen. »Ich rufe Andi an.« Damit entfernte sich Alexander einige Meter von ihnen.
»Was ist dir eigentlich wichtiger: Die Rache an Warzai oder diese Ärztin wiederzufinden?«
Luc brauchte keine Sekunde, um zu überlegen. »Es geht mir nicht um Rache. Ich habe das Gefühl, der Ärztin und den Kazims etwas zu schulden. Den Kazims wäre geholfen, wenn Warzai von der Bildfläche verschwindet, und wenn ich der Ärztin irgendwie helfen kann, würde ich das gern tun.«
»Gut, du warst uns gegenüber erstaunlich offen und ehrlich, das solltest du gegenüber Andi beibehalten. Und mach ihm klar, was dir wirklich wichtig ist. Auf Rache steht er nicht und durch die Tatsache, dass ihr Melton den geplanten Luftangriff versaut habt, gibt es schon einen gemeinsamen Nenner. Aber unterschätze ihn nicht.«
»Ihr kennt euch.«
Daniel hob eine Augenbraue. »War das eine Frage oder eine Feststellung? Ja, und zwar verdammt gut, wir haben mit Andis Team schön öfters zusammengearbeitet. Übrigens: Glückwunsch zur Beförderung. Die hast du dir schon deshalb verdient, weil du keinen dieser Geheimdienstler umgebracht hast. Teilweise sind das wirklich widerliche Ratten.«
Alexanders Miene war schwer zu interpretieren, als er zu ihnen zurückkehrte. »Ich habe mit Andi gesprochen, sie sind zur Zeit außerhalb des Lagers, aber in einer Stunde erreichst du ihn via Videokonferenz. Die Nummer schicke ich dir auf dein Handy, wenn du mir deine Nummer verrätst.«
»Danke. Hast du ihm gesagt, worum es geht?«
»Nein. Das überlass ich dir. Besonders überrascht wirkte er über die Kontaktaufnahme allerdings nicht, er war nur erstaunt, dass das über mich kam. Viel Glück, Luc.«
Nachdem Daniel und Alexander sich verabschiedet hatten und zu Mirko liefen, blickte Luc ihnen nach. Mit dem Tagesverlauf konnte er absolut zufrieden sein und dabei dachte er nicht an seine Beförderung. Nicht im Traum hatte er damit gerechnet, so schnell Kontakt mit dem deutschen Offizier aufnehmen zu können. Das hätte komplett anders laufen können, wenn er nicht Hectors Empfehlung gefolgt wäre und Daniel gegenüber nichts verschwiegen hätte. Merkwürdigerweise schien seine Suche nach Jasmin Türen zu öffnen, die ihm ansonsten verschlossen geblieben wären. Darüber konnte er später nachdenken. Zunächst musste er rechtzeitig an seinem Notebook sitzen, um mit den Deutschen zu reden.
Die Fahrtzeit von der Basis zu seinem Haus betrug je nach Verkehrsaufkommen maximal dreißig Minuten. Die Straße führte direkt am Meer entlang und war als ›scenic route‹ – Straße mit besonders schöner Aussicht – auch bei Touristen beliebt. Leider neigten diese dazu, die Geschwindigkeitsbegrenzung von bis zu 65 Meilen deutlich zu unterschreiten, weil sie den Blick nicht vom Pazifik abwenden konnten, der die schmale Halbinsel rechts und links umgab.
Mit offenem Verdeck jagte Luc den Porsche über die Straße und hielt dabei nach Radarfallen Ausschau, die seine Fahrt extrem kostspielig machen würden. Mit den bisherigen Ergebnissen mehr als zufrieden, entwickelte sich bei ihm eine Art Ferienstimmung. Jetzt musste lediglich noch sein Bruder Erfolg haben und Andi ihm die fehlenden Antworten liefern, und der Tag wäre fast perfekt.
Luc erreichte die ersten Villen und fragte sich, ob Jasmin Gefallen an diesen überdimensionierten Kästen in direkter Strandlage finden würde. Er konnte einfach nicht verstehen, warum seine Nachbarn sich einen Wettbewerb um den größten Pool lieferten, wenn sie das Meer doch direkt vor der Haustür hatten. Die Straße endete in einem Wendehammer, der groß genug war, um auch mit einem Truck die Richtung zu wechseln. Der schmale Sandweg mit dem Hinweisschild ›Privatbesitz‹ und der gut verborgenen Überwachungskamera fiel kaum auf. Luc drosselte
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