Luc - Fesseln der Vergangenheit
mochte sich nicht vorstellen, wie es sein würde, das Plastiklenkrad zu berühren.
»Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
Die Frage, auf Englisch gestellt, ließ Jasmin herumwirbeln. Zwei Männer hatten sich ihr unbemerkt genähert und sich so dicht hinter ihr aufgebaut, dass sie nicht ausweichen konnte. Mahmut kam bereits auf sie zugeeilt, aber er hätte keine Chance. Die Männer wussten genau, was sie taten, das waren Profis. Unter den Hemden, die sie offen über ihren T-Shirts trugen, schimmerte das dunkle Leder von Schulterhalftern.
»Belästigen die Männer Sie?« Mahmut klang atemlos, hielt jedoch bereits seinen Schlagstock in der Hand.
Der Braunhaarige zog seine Waffe so schnell, dass Jasmin den Atem anhielt. Angst stieg in ihr auf, die sie sofort unterdrückte. Ihre einzige Chance war es, Ruhe zu bewahren.
»Misch dich hier besser nicht ein. Wir wollen nur etwas überprüfen.« Das Farsi des Braunhaarigen, der als Wortführer auftrat, war akzentgefärbt, aber verständlich. Unsicher wanderte Mahmuts Blick zwischen ihnen hin und her. Nun kam auch der zweite Wachmann aus dem Gebäude auf sie zu. Kaan mit seiner hünenhaften Gestalt und dem kindlichen Gemüt hatte die Stirn in Falten gelegt.
Der Braunhaarige konzentrierte sich einen Moment zu lange auf den Neuankömmling. Eine bessere Gelegenheit würde Jasmin nicht bekommen. Sie holte mit dem Knie aus und traf den Kleineren zwischen den Beinen. Als er stöhnend zusammenklappte, schob sie ihn mit aller Kraft von sich und griff in ihren Korb. Schon beim Herausholen entsicherte sie die Pistole und fuhr zu dem Braunhaarigen herum. Sie war schnell, aber ihr Gegner noch schneller. Er schlug ihre Hand zur Seite und traf dabei einen Nerv, der ihren Arm sofort gefühllos werden ließ. Die Waffe fiel aus ihren kraftlosen Fingern.
»Da habe ich ja meine Antwort. Willkommen zurück, Miss Harper. Pfeifen Sie Ihre Freunde zurück, ehe Blut fließt.«
Damit war ihr Alptraum zur bitteren Realität geworden. »Lass es gut sein, Mahmut, und halte Kaan zurück. Ich möchte nicht, dass euch etwas passiert.«
Mahmuts Miene war vor Wut verzerrt. »Niemand sagt mir, was ich zu tun habe. Sie verschwinden jetzt und lassen diese Frau in Ruhe.« Er ließ seinen Schlagstock herausfordernd auf die offene Handfläche prallen – eine mutige, aber sinnlose Geste angesichts der Pistole.
Verdammt, sie hätte wissen müssen, dass das Ehrgefühl afghanischer Männer eine vernünftige Beurteilung der Situation unmöglich machte.
Der Braunhaarige musterte Jasmin spöttisch. »Neue Freunde?« Seine linke Hand schoss so schnell vor, dass Jasmin instinktiv zurückzuckte. Etwas stach durch ihr Kopftuch hindurch und schrammte schmerzhaft über die empfindliche Haut unterhalb des Halses.
Als er seinen Arm zurückzog, erkannte sie den silbernen stiftförmigen Gegenstand in seiner Hand und wusste, dass er ihr ein Betäubungsmittel verabreicht hatte. Durch ihr Ausweichen hatte sie nicht die ganze Dosis abbekommen, aber ihre Knie gaben schon nach und sie wich zurück, bis sie an dem Wagen Halt fand. »Lassen Sie die beiden in Ruhe, die haben nichts damit zu tun.« Ihre Stimme klang dumpfer als sonst und sie hatte Mühe, die Worte zu formulieren.
»Kein Problem. Sie brauchen sich nur herauszuhalten, wenn wir Sie mitnehmen.«
»Das werdet ihr ganz bestimmt nicht.« Die Stimme, die plötzlich hinter ihr erklang, war laut und befehlsgewohnt.
Die Augen zusammengekniffen versuchte Jasmin zu erkennen, was geschah. Sie hatte zunehmend Probleme, einen klaren Gedanken zu fassen. Zwei weitere Männer waren auf dem Parkplatz erschienen. Einer war blond, trug einen Vollbart und war ein ähnlicher Hüne wie Kaan. Ein Wikinger in der Wüste, schoss es ihr durch das benebelte Gehirn.
Der andere war rotblond und hatte unzählige Sommersprossen im Gesicht. Er wirkte stinksauer. »Hat euch niemand beigebracht, wie man mit Ladys umgeht? Dann wird es Zeit für etwas Nachhilfe.«
Trotz der Waffe ließen die beiden Neuankömmlinge sich auf eine Auseinandersetzung ein und blieben mühelos Sieger. Gut. Die waren netter und hatten offensichtlich die besseren Nahkampftrainer. Der Gedanke war abstrus. Und wieso saß sie auf dem Boden?
Der Wikinger beugte sich über sie und fasste nach ihrem Handgelenk. Ihr Puls raste, aber das würde er wohl merken. Oder sollte sie es ihm sagen? Sein prüfender Griff wich einem beruhigendem Tätscheln, das ihr gefiel. »Frag den Großen, was sie ihr verabreicht haben.«
Ein
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