Luca's Rezepte
Suchmaschinen Übersetzungswünsche für Japanisch ein, tauchte Shiros Seite nicht mal unter den ersten zwanzig auf. Und Großkunden vertrauten eh Agenturen, bei denen sie per Abo sämtliche nötigen Sprachen aus einer Hand geliefert bekamen. Das wurde klar, als wir die Favoriten anklickten.
Nichtsdestotrotz - der Mensa-Job war für ihn erledigt.
»...Möchtest du, dass wir zusammenarbeiten?«, fragte ich, nachdem sich sein Übersetzungsbüro als Pleite herausgestellt hatte. Aber er hörte wohl heraus, das ich die Idee für nicht besonders praktikabel hielt.
»Und was bitte zu tun?« Er schüttelte den Kopf. »Für die Vorbereitungen brauchst du mich nicht, und vor Ort macht es schon mal gar keinen Sinn.«
Da hatte er Recht. »Und Service?«, schlug ich vor.
»Hast du mich schon mal Service machen sehen? Ich kann vielleicht zwei Teller tragen und hübsch dekorativ rumstehen, aber das war‘s dann schon. Eindecken, Vorlegen, Nachschenken - das ganze Pillepalle bin ich nicht. Und wann brauchst du schon mal `nen Service...?« Auch da hatte er Recht.
»Nee, ich such mir was, das zu mir passt.«
Und damit war das Thema vom Tisch.
Nun war ich es also, der für unseren Unterhalt aufkam.
Je mehr ich in das Geschäft einstieg, desto stärker verblasste meine Sehnsucht. Nicht, dass ich mir etwas vormachte. Ich war Fanoeser und würde Genova niemals als meine Heimat akzeptieren, doch ich begann, mich immerhin wohlzufühlen.
Das Zusammenleben mit Pius hatte sich irgendwie eingependelt, und meine Arbeit lenkte mich von allzu düsteren Gedankenszenarien ab. Wohl wissend vermied ich es, telefonisch Kontakt mit Matteo, Rebecca oder Lorenzo aufzunehmen. So weit war ich einfach noch nicht. Aber die Gedanken an sich, sie taten nicht mehr so weh, wie es noch vor Wochen der Fall gewesen war. Würde ich jedoch ihre Stimmen hören, dann wäre es vermutlich um mich geschehen gewesen und meine, durch Shiro bescheinigte Tapferkeit in dieser Sache, passe´. Ich rief also nicht an - beließ es lieber bei E-Mails, denn das bedeutete einfach mehr emotionalen Abstand.
Was neben der Arbeit das Wohlbefinden steigerte: Unsere Wohnung hatte mittlerweile mehr Gesicht bekommen. Mit wachsendem Einkommen stiegen auch unsere Ansprüche.
Die alte Matratze war endlich einem breiten Futon samt Tatami gewichen, wir hatten uns eine wirklich gute Stereoanlage zugelegt und - ganz wichtig - jeder von uns besaß nun einen eigenen Laptop.
Die aber wohl einschneidendste Anschaffung war eine gebrauchte Ape 50. Ein geschlossenes Modell mit eineinhalb Kubikmetern Laderaum, 49 Kubikzentimeter Hubraum, lindgrün lackiert und mit meiner 'Internet-Zwiebel' beklebt. Sie diente mir nun sowohl als Lastesel als auch als Werbeträger. Ich liebte sie vom ersten Tag an, genoss ihren kernigen Sound, wenn sie sich bereitwillig die Hügel Genovas hinaufarbeitete und ich war begeistert über ihre unschlagbare Kompaktheit im Stadtverkehr. In einem Anflug totaler Hingabe hatte ich sie liebevoll 'Cipolle' getauft, was von Shiro mit breitem Grinsen und einem Kuss auf die Nase quittiert wurde, was ich irgendwie passend fand...
Alles in allem begann ich mich also tatsächlich an Genova zu gewöhnen.
Es war richtig gewesen, diesen Schritt zu tun, das wusste ich jetzt...
11.
Die Nacht des 11. April mischte die Karten für uns neu.
Ein aufreibendes Catering für 12 Personen lag hinter mir. Ich war müde, hatte in der letzten Zeit einfach zu wenig geschlafen. Es war kurz nach halb eins, aber ich wusste, dass die Arbeit noch lange nicht für mich vorbei war. Abladen, alles rauf in den vierten Stock, Reste kühl stellen und Gefäße reinigen - all das stand noch auf dem Programm. Eine Arbeit, die gut und gerne eine Stunde in Anspruch nahm, wenn nicht mehr. Und Shiro war garantiert noch nicht zuhause, um mir zu helfen.
Doch dies geriet in Vergessenheit, kurz nachdem ich den Schlüssel in die Wohnungstür gesteckt hatte.
Pius öffnete sie im gleichen Moment, sah mich durchdringend an und nahm mir eine Kiste ab, die ich unter dem Arm geklemmt hielt.
»Du hast Besuch...«, sagte er nur und wies mit besorgten Augen Richtung Küche.
Irritiert zog ich den Schlüssel aus dem Schloss und folgte seinem Blick.
Da saß Lorenzo.
Ich wusste sofort, dass etwas geschehen sein musste, etwas Schlimmes.
Er war leichenblass und wirkte so verloren und leer, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte.
»... Renzo ...?«, fragte ich vorsichtig, mit einer düsteren Vorahnung, als ich
Weitere Kostenlose Bücher