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Lucas

Lucas

Titel: Lucas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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stellen und mich einfach weiterreden lassen, wird Ihnen alles klar werden.«
    Dad warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, aber es lag auch Respekt darin. »Bitte sehr«, sagte er sarkastisch. »Und hör auf, mich Mister zu nennen. Sonst fühl ich mich alt. Ich heiße John.«
    »Ich dachte, man nennt Sie Mac?«
    »Meine
Freunde
nennen mich so.«
    Lucas nickte und fuhr mit seiner Geschichte fort. »Ich hätte die Insel auf der Stelle verlassen, aber ich hatte Cait versprochen sie auf dem Fest zu treffen. Ich wusste, die Leute würdennach mir suchen, aber ich dachte, im Wald wäre ich ziemlich sicher. Also versteckte ich mich die Nacht und den größten Teil des Samstags über und machte mich gegen vier Uhr auf zum Fest. Ich hatte keinen genauen Plan, was ich tun würde, wenn ich da war, aber weil ja das Fest lief, dachte ich, am Strand wär es ruhig und ich könnte mir unterwegs etwas überlegen.«
    Dad fragte: »Warum hast du dir denn in der Nacht keine Gedanken gemacht?«
    »Ich hab’s versucht. Aber mir fiel nichts ein.«
    »Und du warst trotzdem bereit, es zu riskieren?«
    »Ich war sicher, mir würde schon etwas einfallen.«
    Dad zündete sich eine Zigarette an. Plötzlich besann er sich und hielt Lucas die Schachtel hin. Lucas rauchte noch seine Selbstgedrehte. Er schüttelte den Kopf und erzählte weiter: »Die Flut kam. Der Uferstreifen war schmal und ich hatte einen guten Blick über den Strand vor mir. Ein alter Mann saß an der Wasserkante und las ein Buch, aber abgesehen von ihm war der Strand leer. Ich blieb nahe bei den Salzwiesen. Auf diese Weise konnte ich, wenn ich jemandem begegnete, entweder schnell in die Wiesen verschwinden oder mich einfach auf den Boden fallen lassen und unsichtbar machen.«
    »Was war mit dem Pfad, der an der schmalen Bucht entlangführt?«, fragte Dad. »War da jemand?«
    Lucas schüttelte den Kopf. »Zu der Zeit nicht. Jedenfalls hab ich niemanden gesehen.«
    »Okay. Erzähl weiter.«
    »Als ich mich dem Bunker näherte, hörte ich leise Stimmen,die aus dem Innern kamen. Von einem Mann und einer Frau oder einem Jungen und einem Mädchen . . . schwer zu sagen. Der Beton schluckt die Geräusche. Es waren einfach nur Stimmen. Ich war auf der Landseite des Bunkers, dort wo der Eingang ist.« Er zögerte und sah Dad an. »Sie wissen, was da drinnen abgeht?«
    Dad nickte. »Du auch?«
    »Pärchen, Männer, Junkies . . .« Er zuckte die Schultern. »So einen Ort wie den gibt es überall. Ich halt mich fern davon. Mit dem, was da läuft, hab ich nichts zu tun.«
    »Aber diesmal hast du dich nicht fern gehalten?«
    »Nein . . . irgendwas schien nicht in Ordnung. Ich weiß nicht genau, was es war. Der Ton der Stimmen vielleicht? Ein Hauch von Angst in der Luft . . . Ich weiß es nicht.«
    »Was hast du gemacht?«
    Lucas kniff das Ende der Zigarette ab und steckte die Kippe in seine Tasche. »Es gibt ein kleines Fenster in der Wand des Bunkers . . . kein richtiges Fenster – wie nennt man das? So was wie ein Spalt, ein Loch in der Wand . . .«
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Dad. »Erzähl einfach, was du gesehen hast.«
    »Ich entschloss mich einen Blick hindurchzuwerfen.« Er hielt inne, um sich die Szene ins Gedächtnis zu rufen. »Die Sonne stand mir gegenüber hoch oben am Himmel. Ich selber befand mich im Schatten. Ich schlich mich leise an und kauerte mich neben das Fenster. Der Sand war feucht. Die Luft roch nach Abfall. Die Stimmen waren jetzt deutlicher zu hören. Ich erkannte die von Tait, aber nicht die des Mädchens. Die meiste Zeit redete er. Seine Stimme klang tief undkehlig, doch was er sagte, konnte ich nicht verstehen, ich merkte nur, dass er betrunken war. Nicht so betrunken, dass er nuschelte, aber kurz davor.« Lucas sah Dad an. »Sie wissen vielleicht, was ich meine.«
    Dad nickte.
    Lucas sprach weiter. »Auch das Mädchen klang betrunken. Und verängstigt. Sie versuchte es zu kaschieren, indem sie die ganze Zeit lachte und fluchte, aber das machte es nur noch schlimmer. Ich glaube, sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte.«
    »Womit umgehen?«
    »Mit ihrer Angst. Sie war ihr peinlich. Und das überraschte sie. Sie war es nicht gewohnt.« Er stand auf und blickte aus dem Fenster. »Kurz darauf schob ich meinen Kopf vor und schaute hinein. Eine dreckige Matratze lag auf dem Boden und ringsum standen leere Flaschen, Bierdosen und sonstiger Müll. Sie saßen mit dem Rücken zu mir auf der Matratze. Deshalb konnten
sie
mich nicht sehen, aber ich sie. Auf

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