Lucas
Und Bill war meine beste Freundin. Ich wollte schließlich nicht
unfreundlich
wirken. Also folgte ich ihr einfach aus dem Parkhaus auf die Brücke, die über die mehrspurige Straße führt, und schüttelte bloß den Kopf, als sie sich über das Geländer beugte und die unter ihr durchfahrenden Autos anspuckte.
»Wohin willst du?«, fragte ich entnervt. »Zur Stadt geht es in die andere Richtung.«
»Oh . . .«, sagte sie und zuckte mit den Augenbrauen. »Komm hier lang, meine Schöne. Eine Überraschung wartet auf dich . . .«
Die Überraschung bestand darin, dass ich den Rest des Nachmittags mit zwei der lahmsten Typen, denen ich je begegnet bin, in einem Pub auf der anderen Seite der Brücke verbringen musste. Das Lokal hieß
The Cavern
. Die beiden erwarteten uns schon auf dem Gartenbalkon am hinteren Ende des Pubs. Sie saßen im Schatten eines Plastiksonnenschirms an einem Plastiktisch. Der Verkehr der mehrspurigen Straße dröhnte von unten herauf und übertönte fast die Musik aus der Jukebox. Ein Gestank nach abgestandenem Bier und Zigarettenrauch drang aus dem dunklen Innern der Kneipe. Bill stellte die Jungen als Trevor und Malc vor.
»Sie gehen ab nächstem Jahr auf die Fachoberschule«, erklärte sie stolz und legte, als sie sich neben den einen, der Trevor hieß, setzte, die Beine übereinander und zog einen Schmollmund. Der Junge war dürr und trug eine Brille mit schwarzen Gläsern und ein kurzärmeliges Sporthemd. Der andere war noch dürrer und hatte weiße Shorts und einbeige-weiß gestreiftes Polohemd an. Sein Gesicht erinnerte an eine Eidechse.
»Hi, Kay«, sagte er. »Was willst du trinken?«
Den Rest des Nachmittags zu beschreiben ertrage ich kaum. Kurz gesagt, es war schrecklich. Ein einziger benebelter Zustand aus Kichern, Trinken, Grinsen, Rauchen, Über-Autos-Protzen, schlechten Witzen und Bierdeckeltricks, Chips, Auspuffgasen, Fliegen, Getränken mit Schuss, verschlagenen Augen und Anspielungen und dann, als die Getränke Wirkung zeigten, rotgesichtigem Nuscheln, Augenzwinkern, Rülpsen und Furzen, anzüglichen Blicken, schurrenden Stühlen und lockeren Fingern, Bill, die ihre Unterhose blitzen ließ wie eine betrunkene Oma an Weihnachten, Trevor, der unter dem Tisch an ihr rumgrapschte, und Malc, der einfach bloß dasaß wie ein kranker kleiner Junge, seit ich ihm vors Knie getreten hatte, weil er mir seine verfluchte Zunge ins Ohr schieben wollte.
Als sich Bill und Trevor in eine Ecke des Balkons verzogen, um noch ein bisschen mehr rumzufummeln, hielt ich es nicht mehr aus. Ich verschwand auf die Damentoilette, schloss mich in einer Kabine ein und saß nur da und flehte, dass der Tag endlich vorbeigehen möge.
Ich hatte gar nicht
so
viel getrunken, aber es war auch nicht möglich gewesen, den ganzen Nachmittag ohne was dazusitzen, und sei es nur, um mich zu betäuben. Außerdem bin ich sicher, der talkige Malc hatte an der Bar heimlich ein paar Wodkas in meinen Apfelwein gekippt. Hinzu kam, dass ich nicht viel gegessen hatte. Und ich war müde. Und wir hattenden ganzen Nachmittag in der Sonne gesessen . . . Deswegen muss ich zugeben, dass ich alles in allem ziemlich betrunken war, als wir den Pub verließen. Ich erinnere mich nicht mehr richtig, wie wir zum Parkhaus kamen, aber irgendwo unterwegs verloren wir Trevor und Malcolm und waren plötzlich wieder mit Angel und Robbie zusammen. Sie standen mit einem Mann da, den ich schon mal auf der Insel gesehen hatte. Er hieß Lee Brendell. Ich wusste nicht, wo die drei gewesen waren oder was er mit ihnen zu schaffen hatte, es war mir eigentlich auch egal. Ich war nur froh, hinten ins Auto zu kommen und mich zurückzulehnen, als Robbie aus dem Parkhaus preschte, durch den Kreisverkehr kurvte und raus aus der Stadt brauste.
Nachdem sie erst mit einem Berg Einkaufstüten herumgefummelt und dann ihren Lippenstift nachgezogen hatte, drehte sich Angel in ihrem Sitz um und zündete eine Zigarette an. Sie hörte dabei nicht auf Bill anzugrinsen, die mit halb geschlossenen Augen schlapp in der Ecke hing, eine unangezündete Zigarette im Mund. Lee Brendell hatte sich auch nach hinten gequetscht und saß mürrisch mit weit gespreizten Beinen und leerem Blick zwischen mir und Bill. Robbie hatte inzwischen irgendwas eingeworfen. Seine Insektenaugen glänzten wie schwarze Untertassen und er hörte überhaupt nicht mehr auf zu reden und mit den Händen herumzufuchteln. Er fuhr jetzt noch wahnsinniger als auf dem Hinweg, schnitt andere
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