Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lucas

Lucas

Titel: Lucas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
Sommerkleids. »Sehr süß. Da stehen sie drauf.«
    Ich rutschte zur Seite, als plötzlich der Wagen ausscherte, um an einer völlig unübersichtlichen Steigung eine Fahrzeugschlangezu überholen, dann flog ich zurück, als Robbie noch gerade vor einem Doppeldeckerbus, der den Berg in entgegengesetzter Richtung heruntergezuckelt kam, wieder einscherte. Reifen quietschten. Hupen dröhnten. Robbie grinste und streckte einen Finger aus dem Fenster. »Fick dich!«
    Angel lachte, dann beugte sie sich hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Robbie stöhnte und ich sah, wie er seine Sonnenbrille zurechtschob und mich im Rückspiegel betrachtete. Ich schaute zu Bill und hoffte auf Unterstützung. Bill überprüfte ihren Lippenstift, wischte sich Zigarettenasche vom Rock und ließ den Kopf zu den Drumbeats kreisen. Sie zwinkerte mir zu.
    Ich lehnte mich zurück, starrte aus dem Fenster und tröstete mich mit dem Gedanken, dass die Fahrt ja nicht ewig dauern würde.
     
    Als wir den Kreisverkehr am Rand des Zentrums erreichten, wurde es richtig voll auf der Straße und wir krochen nur noch dahin. In den letzten Minuten hatte Angel mit einem Beutel Tabak und Zigarettenpapierchen herumhantiert, jetzt zündete sie sich einen Joint an, lehnte sich zurück, ließ einen Arm aus dem Fenster hängen und sog den Rauch in die Lunge. Warum sie mit dem Joint gewartet hatte, bis wir die Stadt erreichten, und warum sie so eine große Show abzog, kapierte ich nicht. Wahrscheinlich wollte sie mir imponieren. Nach ein paar Zügen drehte sie sich um und reichte mir die Zigarette.
    »Nein, danke«, sagte ich.
    »Is doch nix dabei«, meinte sie mit überlegenem Grinsen, »is ja bloß ’n bisschen Cannabis.«
    »Ich weiß, was es ist – aber ich rauch nicht.«
    »Es ist
Gras
, Mädchen. Das bringt dich nicht um.«
    Sie beugte sich über die Rücklehne und streckte ihren Po in die Luft. Ich sah ihr in die Augen, versuchte hinter ihre Fassade zu blicken, mir vorzustellen, wie sie wohl sein mochte, wenn sie allein war . . . aber ich konnte nichts sehen. Solche Mädchen sind nie allein, denn ohne andere Leute müssen sie auf einmal sie selbst sein, aber sich selbst halten sie gar nicht aus.
    »Dein
Bruder
raucht«, sagte sie und reichte den Joint an Bill weiter.
    »Davon geh ich aus«, sagte ich.
    Sie spitzte die Lippen. »Dein Alter übrigens auch.«
    »Na und?«
    Sie schien einen Moment verblüfft, als ob sie erwartet hätte, ich würde schockiert sein. Ihre Lippen wurden ganz schmal, ihre Augen verengten sich, dann klatschte ihr Robbie auf den Hintern und sagte: »Wohin, Ange?«, und sie benutzte die Gelegenheit, um zurück in den Sitz zu rutschen und ihre Schlampenpose einzunehmen.
    »Ins Parkhaus in der Crown Street«, zischte sie. »Und wenn du mir noch ein Mal auf den Arsch haust, brech ich dir deinen beschissenen Hals.«
    Bill hustete sich in der Zwischenzeit halb zu Tode von dem Joint.
    »Und, bist du jetzt richtig gut drauf?«, fragte ich.
    »Uff«, stöhnte sie und Tränen liefen ihr über die Wangen.Als der Wagen abgestellt war und Angel und Robbie in das Dunkel der Parkhausspirale entschwirrt waren, gelang es mir endlich, Bill zu fragen, was dieses ganze Theater sollte.
    »Wovon redest du?«, antwortete sie und schlenderte mit einem unschuldigen Kichern los. »Hat uns immerhin das Busgeld gespart, oder?«
    »Ach, hör doch auf, Bill . . . Angel Dean, um Himmels willen   –«
    »Angel ist in Ordnung. Sie ist lustig.«
    »Nein, ist sie nicht.«
    »Man muss sie nur richtig kennen, das ist alles.«
    »Und du kennst sie, ja?«
    Sie stolperte über einen Bordstein und fing wieder an zu kichern, dann kam sie zu mir und schlang die Arme um meine Schulter. »Ach, Caity . . . bist du etwa eifersüchtig? Du weißt doch, du wirst für mich
immer
die Einzige sein . . .«
    »Ja, ja . . . Lass gut sein.«
    Ich sah zu, wie sie sich herunterbeugte und ihr Make-up im Spiegel eines geparkten Autos kontrollierte, und dann bemerkte ich ein paar Mittdreißiger in Fußballshirts, die sich gegenseitig anstießen und Bill angafften. Verdammt . . . es machte mich echt krank, dieses ganze Wochenende und alles. Ich kam mir vor wie aus dem Niemandsland gerissen und klatsch! mitten in eine billige australische Seifenoper geworfen, wo sich alles nur um Titten, Hintern und Sex dreht. Es stank mir. Wenn ich gewusst hätte, was noch kommen würde, hätte ich mich auf der Stelle umgedreht und wäre nach Hause gegangen. Aber ich wusste nicht, was noch kommenwürde.

Weitere Kostenlose Bücher