Lucian
immer gewünscht. Aber davon . . .« Ich schluckte. ». . . weiß eigentlich nur Sebastian.«
»Mhm.« Das Lächeln war von Lucians Lippen verschwunden. »Das macht Sinn. Er saß nämlich auch mit drin.«
Ich erschrak. »Und woher wusstest du, dass es mein siebzehnter Geburtstag war?«
Lucian seufzte. »Weil er dich küsste und sagte: ›Alles Liebe zum Siebzehnten, Becks.‹«
Ich senkte den Kopf. »Mein siebzehnter Geburtstag ist am 16. Februar. Das ist in drei Monaten.«
Lucian zog mich fest an sich. »Dann muss ich mich wohl ranhalten.«
Ich fuhr mit der Fingerspitze über Lucians Lippen, erst über die obere, dann über die vollere, untere, und die Vorstellung, Sebastian
zu küssen, war auf einmal so fremd wie nur irgendwas.
»Diesen Traum hast du meiner Mutter aber nicht erzählt, oder?«, vergewisserte ich mich ängstlich.
»Nein. Den hatte ich erst nach meiner letzten Sitzung.« Lucian berührte meine Wange mit der Nasenspitze.
»Was denkst du, was sie vorhat?«, murmelte ich. »Ich meine, wenn du nicht mehr zu ihr gehst. Glaubst du nicht, sie wird versuchen, dich zu finden?«
Oder schlimmer noch, fügte ich in Gedanken hinzu, dich anzuzeigen? Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass der Mensch, der
uns am meisten Sorgen machte, ausgerechnet meine eigene Mutter war.
»Keine Ahnung«, entgegnete Lucian. »Mein nächster Termin ist erst am Mittwoch. Bis dahin überlege ich mir was. Aber jetzt will ich an etwas anderes denken.«
Lucian vergrub seine Nase in meinem Haar. Ich fühlte, wie er einatmete und wie dann sein warmer Atem zurückfloss. Meine ganze Kopfhaut fing an zu prickeln.
»Ich hab dich gefühlt«, murmelte er. »Vorhin in der Bar. Ich hab gefühlt, dass du da bist. Wie hast du mich gefunden?«
»Gar nicht«, sagte ich und seufzte. »Erst war es reiner Zufall. Ich war bei jemandem, der auf der Langen Reihe seinen Proberaum hat, und als ich auf dem Heimweg an der Bar vorbeikam . . . bin ich reingegangen.« Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf. So viel zum Thema Zufall.
»Bei wem warst du denn?« Lucians Stimme klang ein bisschen eifersüchtig. »Gibt es noch einen Freund?«
»Keine Sorge.« Ich lachte. »Nur ein Arschloch, mit dem ich etwas klären musste, was meine Freundin betrifft.«
»Aha.« Lucian sah mich amüsiert an. »Mädchengeheimnisse?«
Ich nickte. »So ähnlich. Nur keine zum Lachen. Was ist mit dir? Mit deinem Mädchen?« Ich verzog den Mund, während sich in meinem Bauch ein Knoten bildete.
»Mein Mädchen sitzt hier«, sagte Lucian und kam nahe an mein Gesicht. Aber anstatt mich zu küssen, rieb er mit der Nasenspitze über meine Wange. Ich hielt den Atem an und im selben Moment machte mich mein Magen darauf aufmerksam, dass ich ihn seit dem Frühstück schändlich im Stich gelassen habe.
»Wow.« Lucian lachte. »Das klingt ziemlich wütend. Warte kurz. Ich hol uns was zu essen.«
»Kommt nicht infrage.« Ich griff nach seiner Hand. »Ohne mich gehst du nirgendwohin.« Ich meinte es ernst.
»Wie du willst.« Lucian zwinkerte mir zu. »Hast du Lust auf ein Picknick?«
Ich runzelte fragend die Stirn.
Er zog mich mit sich in die Küche. Sie war riesig und modern eingerichtet, mit viel Chrom, hellem Holz und einem gigantischen Kühlschrank, der gut gefüllt war. Es gab eine Bar mit einem beachtlichen Ensemble an Whiskyflaschen – und ein paar verkümmerte Pflanzen auf dem Fensterbrett.
Lucian fischte Käse, Brot, Oliven, eine große Salami und ein Glas Mixed Pickles aus dem Kühlschrank und zog als Letztes eine Flasche ziemlich teuer aussehenden Champagner hervor.
»Äh . . .«, sagte ich. »Ist das alles von dir oder von deinem . . .?«
»Von meinem was?« Lucian grinste und holte Besteck, einen Teller und zwei Gläser aus den Schränken. »Diese Fantasie wirst du nicht los, was?«
Ich knuffte ihn in die Seite. »Aber verraten willst du mir auch nichts, oder? Wo ist denn dein geheimnisvoller Gastgeber? Und was soll dieser Name auf dem Klingelschild? Ist das eine Firma, oder was?«
»Keine Ahnung«, sagte Lucian. »Und mein Gastgeber ist unterwegs. Komm jetzt.«
Wir gingen zurück in sein Zimmer, verstauten die Vorräte zusammen mit seinem Schlafsack und einer Wolldecke in einem großen Rucksack und dann öffnete Lucian zu meinem Erstaunen das Fenster.
»Zieh dir die Jacke an«, sagte er. »Im Restaurant könnte es frisch sein. Du bist doch schwindelfrei.«
Er hatte es nicht als Frage formuliert, aber ich nickte trotzdem. Dann kletterte ich hinter
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