Luciano
karte von Sizilien, mehrere große Umschläge lagen
auf dem Tisch.
Im großen und ganzen ging er
nur noch einmal durch, was bereits besprochen war. Als er geendet
hatte, sagte er: »Noch
irgendwelche Fragen?«
Detweiler meldete sich: »Wann soll die Invasion stattfinden, Colonel?«
»Nicht nötig, daß Sie das jetzt
schon wissen«, erwiderte Carter. »Es ist ein bewährter
Grundsatz, den Beteiligten an einem Unternehmen wie dem unsrigen so
wenige Daten, Fak ten und Namen von Verbündeten wie möglich
bekanntzugeben. Was man nicht weiß, kann man auch unter Druck
nicht preis geben. Selbstverständlich liegen für jeden von
Ihnen falsche Papiere bereit.«
Savage sagte: »Wenn aber irgend
etwas mit der Landung schiefgeht? Wenn einer von uns von den
übrigen getrennt wer den sollte, wohin flüchtet er sich
dann?«
»Hierher, zum Vorgebirge. Ins
Franziskanerkloster der Dor nenkrone Christi. Dort ist künftig
unser Hauptquartier. Noch weitere Fragen?«
Alle schwiegen.
Maria saß in einer Kuhle in den
Dünen, als Luciano sie fand. Er ließ sich neben ihr in den
Sand fallen und zündete sich eine Zigarette an.
»Carter ist zurück. Er möchte uns alle in einer halben Stunde sehen.«
»Ist das Unternehmen angelaufen?« sagte sie.
»Scheint so.« Sie
wandte sich von ihm ab, schlang die Arme um die Knie und blickte hinaus
aufs Meer. Luciano sagte: »Wonach halten Sie Ausschau?
Sizilien?«
»Das ist lange her.«
»Und Ihr Großvater – das ist auch schon lange her.«
»Ja«, sagte sie.
»Vielleicht zu lange für ihn und für mich. Haben Sie
einmal darüber nachgedacht?«
»Habe ich, aber der Professor vermutlich nicht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Der allgewaltige Luciano. Ist denn für Sie nichts unmöglich?«
»Einiges schon. Sogar der
Teufel hat seine Ruhetage.« Er streckte die Hand aus und zog sie
hoch. »Kommen Sie, es ist Essenszeit.«
Seite an Seite machten sie sich auf
den Rückweg und ver schwanden hinter den Sanddünen. In einem
dichten Büschel Strandhafer raschelte etwas, und Sergeant
Detweiler tauchte auf. Eine Weile blieb er stehen, klopfte sich den
Sand aus dem Drillichanzug und starrte wie betäubt ins Leere. Dann
ging er hinter den beiden her.
9
Im Wohnzimmer seines Hauses, hinter dem
Aufbahrungs raum, hielt Vito Barbera eine Versammlung des Bezirksaus
schusses ab. Pietro Mori, der Lehrer, war da, ein magerer, energischer
Mann von sechsundvierzig Jahren, der eine Nik kelbrille trug und in
Spanien in der Internationalen Brigade mitgekämpft hatte. Genau
wie Ettore Russo, womit allerdings die Gemeinsamkeit zwischen den
beiden auch schon endete, denn Russo hatte die Schafzucht seines Vaters
geerbt, was ihn in den Augen vieler Genossen zum Außenseiter
machte.
Die Christdemokraten wurden durch
Hochwürden Collura vertreten, den Priester der Gemeinde Bellona,
die Separatisten durch den Gastwirt Berga. Und obwohl es niemals
ausgespro chen worden war, wußte jeder, daß Vito Barbera
die Ehrenwer te Gesellschaft repräsentierte – die Mafia.
Als Barbera seine Ausführungen beendet hatte, herrschte lange Zeit Schweigen.
Dann meldete sich als erster Mori zu
Wort. »Und was wird jetzt von uns erwartet? Daß wir auf die
Knie fallen, weil dieser Halsabschneider von der Mafia zu uns
kommt?«
»Salvatore kommt als Retter«, spottete Ettore Russo. »Vor wem?«
»Vor den Deutschen«, sagte Barbera.
»Ja, aber nicht vor der
Mafia.« Das war jetzt Berga, der Gastwirt. »Wir
Separatisten wollen ein Sizilien, das wirklich frei ist, nicht nur frei
von Italien, während die gleiche alte Mafia-Bande das Heft in der
Hand behält.«
Hochwürden Collura sagte milde:
»Sollten wir nicht unsere vordringlichste Aufgabe darin sehen,
die amerikanische Inva sion nach Kräften zu unterstützen? Die
Frage, wer danach das Land regiert, kann bis später warten. Bis zu
freien demokrati schen Wahlen.«
»Daß ich nicht
lache«, sagte Mori. »Freie demokratische Wahlen mit einer
Mafia-Hand um jede Kehle.«
Barbera sagte: »Man kann sagen,
was man will, aber von der Politik hat die Mafia sich immer
ferngehalten. Ich glaube, das kann niemand hier abstreiten.«
»Aber sie steckt hinter jedem, der Macht hat.«
Barbera seufzte. »Ich darf also
annehmen, daß niemand im Augenblick für irgendeine
kombinierte Aktion ist?«
»Wenn die Amerikaner
kommen, dann machen wir einen Aufstand in den Bergen«, sagte
Mori.
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