Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lucifer - Traeger des Lichts

Titel: Lucifer - Traeger des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Webb
Vom Netzwerk:
Bergen. Auf der Rückseite stand etwas auf Kantonesisch geschrieben. Sam entzifferte die Botschaft ohne Mühe: »Freya - wir haben eine wunderschöne Zeit hier, das Essen ist ausgezeichnet. Haben gestern eine aufregende Entdeckung gemacht. Du fehlst uns hier.« Keine Unterschrift. Sam drehte die Karte ein paar Mal hin und her, prüfte das Bild und dann die Marke auf der Rückseite. Sie war in Tibet abgestempelt.
    Daraus ließen sich zwei Schlüsse ziehen. Erstens, die Karte war nicht einfach ein Urlaubsgruß von einem guten Freund, sondern enthielt eine wichtige Mitteilung. Zweitens, Freya war darauf vorbereitet gewesen, auf das »Du fehlst uns hier« kurzfristig zu reagieren; darum hatte sie auch die warme Kleidung gekauft.
    Die Erkenntnis folgte auf dem Fuße, dass er, um herauszufinden, was so wichtig war, nach Tibet würde gehen müssen -und zwar bald, wenn er den Absender noch antreffen wollte. Damit war der nächste Schritt bereits vorgezeichnet: Er würde in der nächsten größeren Stadt schneefeste Kleidung kaufen und dabei in Gedanken Sätze in allen tibetischen Dialekten üben, an die er sich erinnern konnte.
    »Wer ist Gail?«, fragte er, bevor er ging.
    »Ich weiß es nicht. Sie hat mir nie irgendetwas erzählt.« Sie sprach die Worte wie auswendig gelernt.
    »Oder der »Historiker«?«
    »Keine Ahnung.«
    Er hatte das Gefühl, dass sie log.
    Er spürte Frans Blick in seinem Rücken, als er über die Schwelle trat. »Pass auf dich auf!«
    »Bin ich in Gefahr?«
    »Man ist immer in Gefahr. Wenn man vernünftig ist, ist die Gefahr kleiner.«
    Ihr Blick war fest und ihre Stimme ruhig, als sie ihm antwortet: »Ich bin nur eine Tochter von Vater Zeit in dritter Generation«, sagte sie schlicht. »Gefangen zwischen den Welten. Selbst wenn ich von einem Lastwagen überfahren würde, würde ich überleben. Also gibt es keinen Grund, vernünftig zu sein, was das betrifft, oder?«
    Sam sagte nichts.
    »Andererseits«, fuhr sie fort, den Blick immer noch auf ihn gerichtet, »wenn ich auf die andere Seite trete, wenn ich vergesse, wie wenig auf diesem Planeten mir etwas anhaben kann, und mich der Welt zuwende, von der ich den Rest meines Blutes geerbt habe, was dann? Dann bin ich ein Schwächling, ein armseliges Halbblut. Eine Zielscheibe des Spotts und der Verachtung. Wenn Gefahr von dieser anderen Welt droht, bin ich mach dos dagegen.« Sie lächelte matt.
    »Darum macht es für mich keinen Sinn, vernünftig zu sein.
    Nichts hier kann mir ein Leid tun, und wenn das Leid von dort kommt, kann nichts, was ich tue, etwas dagegen ausrichten. Es liegt im Blut, nicht wahr? Dem Blut, das sie mir gab ... Also, dann!«
    Sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu, und er stand allein auf der Schwelle.
    Die nahe gelegene Kreisstadt war alles, was Holcombe sich bemüht hatte nicht zu sein. Läden großer Handelsketten beherrschten die Hauptstraßen, und dazwischen machten sich Parkplätze breit, riesigen Kahlschlägen gleich. Sam kaufte einen Tibet-Reiseführer, der auch das Gebiet umfasste, welches er zu besuchen gedachte, und fand darin sogar ein Bild des buddhistischen Tempels von der Postkarte. Er wechselte auch etwas Geld - nicht viel, denn, wenn er sich recht entsann, zählte in Tibet Geld nicht viel.
    Er war sich nicht sicher, was er dort tun sollte, wenn er ankam, aber er war entschlossen, einen Versuch zu machen. Irgendetwas würde sich schon ergeben.
    Unglücklicherweise bedeutete Tibet, dass er ein Tor würde benutzen müssen. Sam schulterte seinen Rucksack voller neu erworbener Kleidungsstücke und versuchte, nicht daran zu denken, welche Schwierigkeiten das mit sich bringen würde.
    Es war jetzt Spätnachmittag, und er marschierte die Straße entlang, die aus Holcombe herausführte, mit Rucksack und einem schmalen Bündel auf dem Rücken und einem gefütterten Lederbeutel an seinem Gürtel.
    Sam folgte seinen Instinkten. Und tatsächlich überholte ihn bald eine Kolonne von schwarzen Limousinen. Fünf Minuten später traf er erneut auf die Autos, aufgereiht in einer Parkbucht. Von dort führte ein Weg in den Wald. Es war kalt und nass, ein typisches Wetter für das West Country im Februar. Sam fröstelte, zog die Jacke enger um die Schultern und stapfte den schmalen Pfad entlang. Seine Füße patschten in andere, tiefere Fußspuren. Kein Lebewesen regte sich.
    Nebel war aufgekommen, wie aus Ehrfurcht vor dem dunklen Geheimnis, das Freyas Abschied aus dieser Welt darstellte. Bald waren die Schwaden so dicht, dass Sam

Weitere Kostenlose Bücher