Lucifer - Traeger des Lichts
ganze Wut lag, und hob beide Hände gegen die Tür. Sie explodierte nach außen mit der Kraft seines Zorns, und er stürmte hindurch, heulend wie ein verwundetes Tier. Ein Mann in einem grauen Kittel stand im Flur und riss vor Verblüffung den Mund auf. Sam stürzte auf ihn zu und schrie ihn an: »Wie lange hab ich da unten gelegen? Welches Datum haben wir heute?«
»Den dritten!«, stammelte der Mann. »Dritter März!«
Eine Woche! Sam fauchte ihn an: »Hast du ein Auto?«
Der Hausmeister sah auf Sams blutverschmiertes Gesicht, seine zerrissene Kleidung und die wütende Art, wie er mit dem Messer fuchtelte, und sagte schnell ja.
»Dann wirst du mich fahren!«
Der Mann war völlig durchgeknallt. Aber er war ein Verrückter mit einem Messer. Nachdem er Iwan, den Hausmeister, der auf seiner wöchentlichen Runde gewesen war, um die Müllcontainer zu leeren, damit hinreichend beeindruckt hatte, hatte der Verrückte geknurrt: »Hol den Wagen!«
Und jetzt saß der Kerl, eingehüllt in eine Decke, die er bis zum Kinn hochgezogen hatte, neben Iwan auf dem Beifahrersitz und hielt ihm das Messer an den Bauch. Sein Gesicht war von Blut und Tränen verschmiert, und er redete mit sich selbst. Und stank. Das war es, was Iwan am meisten auffiel.
»Nach links«, schnappte der Mann.
»Wohin fahren wir?«
»Ein Tor. Ich muss da durch.«
»Was für ein Tor?«
»Fahr!«
Der Fremde verstummte wieder. Er wand und drehte sich, presste sich gegen die Rückenlehne des Sitzes und fuhr dann wieder hoch, als hätte ihn etwas in den Rücken gestochen. Schließlich fand er eine Stellung, die erträglich schien, und sah Iwan mit seltsam normalem Blick an. »Wie heißt du?«, fragte er.
»Iwan.«
»Verheiratet?«
»Ja.«
»Kinder?«
»Ja.«
»Dann werde ich mein Bestes tun, dir nicht die Kehle durchzuschneiden.« Der Verrückte stieß einen leisen Seufzer aus.
»Ich dachte, ich hätte sie überlistet, aber ich hab mich getäuscht. Doch sie werden es nicht schaffen, das Schwert oder die Krone zu zerstören.«
Iwan ging ein für seine Begriffe schreckliches Risiko ein: »Hören Sie«, sagte er, so freundlich wie möglich, »Sie brauchen Hilfe, das sehe ich. Ich bringe Sie ins Krankenhaus; da wird man sich um Sie kümmern.«
»Ich brauche keine Hilfe! Jedenfalls nicht solche.«
»Was ist mit Ihnen passiert?«, fragte Iwan nervös. Sei freundli c h zu ihm: Vielleicht lässt er dich dann am Leben.
»Mit mir? Ich bin ich den blöden Krieg anderer Leute reingeraten und dachte, ich könnte sie ausmanövrieren, das war's!« Aber ich habe ihr eine Wanze verpasst.
Iwan hielt es für besser, den Mund zu halten. Der Mann gab seltsame Fahrtanweisungen. Sein »nach rechts« und »nach links« und »weiter geradeaus« schien nicht von irgendeiner Kenntnis der Gegend getragen zu sein, und er gab seine Befehle, als müsse er Hindernisse umfahren, die sich durch die Form der Landschaft ergaben. Rechts hier, weil wir nicht abbiegen konnten, wo ich wollte. Links hier, weil es keine andere Möglichkeit gibt Es war, als hätte er ein inneres Radar und versuchte, den Nullpunkt eines unbekannten Koordinatenkreuzes zu erreichen.
Abrupt befahl der Verrückte Iwan anzuhalten. Sie hatten Kaluga längst verlassen und waren in der Mitte einer leeren Straße im ländlichen Nirgendwo. Iwan hielt an. Er machte sich nicht einmal die Mühe, an den Rand zu fahren. Vielleicht würde jemand seine Notlage erkennen.
Der Mann starrte auf einen kleinen Hain von Bäumen auf einem Feld. Er stieß die Wagentür auf. Halb stieg er, halb fiel er aus dem Wagen. Iwan spürte, wie sich sein Magen um dreihundertsechzig Grad drehte und ihm das Herz in die Kehle stieg. Der Rücken des Mannes war von Blut durchtränkt und von einer schwarzen Substanz, deren Natur Iwan nicht einmal erraten wollte. Er gab Gas.
Sam hörte die Reifen quietschen und den Wagen davon schießen, und fast glaubte er auch Iwans Aufschrei der Erleichterung und des Schreckens zu hören, der mit dem Motorengeräusch verhallte. Warme Nässe rann ihm den Rücken hinunter, und er wusste, dass sein Körper immer noch versuchte, das giftige Blei auszuscheiden. Er wankte über das Feld auf das Höllentor zu. Es würde ein gefährlicher Weg werden, in seiner Verfassung. Aber er war entschlossen. So entschlossen, wie er es zuvor nie gewesen war. Jetzt lagen die Dinge anders. Jetzt war er allein. Und damit gab es niemanden außer ihm, der Fehler machen konnte. Allein konnte er seine Zauber wirken und sicher sein,
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