Lucifers Lady
wollte ihn nicht locken. Aber sie tat es. Sie musste es tun. Sie musste ihn glauben machen, dass sie dazu fähig war und dass sie ihn begehrte.
Sie versuchte es noch einmal und legte sich genau so hin, auf die Seite, die Beine übereinander geschlagen. Die Hand ließ sie auf der Hüfte ruhen, ihre vollen Brüste waren durch das lange Haar nur zum Teil verborgen, und die Perlen schimmerten auf ihrer hellen Haut.
Sie war bereit. Oder sie hoffte zumindest, es zu sein.
3. KAPITEL
„Bewegt euch gefälligst!“ brüllte Captain Lucifer und stapfte über Deck.
Die Männer liefen wie ängstliche Ratten, um ihm nicht im Weg zu stehen. Sie hatten seinen Zorn bei mehr als einer Gelegenheit erlebt, und sie wollten nicht dessen Ziel sein.
„Bones!“
Ein magerer Mann, langgliedrig und beinahe zahnlos, stolperte um ein Haar über seine eigenen Füße, als er zum Kapitän rannte. „Aye, Captain. Was wollen Sie?“
„Dein Fell! “ brüllte er, und der Mann taumelte zurück. „Wenn die Männer nicht innerhalb von fünf Minuten das gekaperte Schiff verlassen haben.“
„Aye, Captain, aye“, sagte Bones.
„Und ich will, dass dieses Schiff absegelt, sobald der letzte Mann den Fuß an Deck gesetzt hat.“
„Letzter Fuß, lossegeln“, wiederholte Bones. „Aye, Sir.“
„Sag nicht immer ,Aye, Sir‘, fang endlich an!“
Bones drehte sich um und stieß mit einem anderen Piraten zusammen. „Beweg dich, du hirnloser Bastard. Wir haben zu tun.“
Der Captain ließ Bones aus vollem Halse brüllen und die Männer herumscheuchen, um das Schiff zum Absegeln vorzubereiten. Er schloss die Schnüre seiner Hose, während er zu Santos ging-
„Ich will kein Wort von dir hören“, ermahnte er den Freund. Dann ging er zu dem Regenfass neben dem Mast und tauchte den Oberkörper bis zu den Schultern hinein.
Santos lächelte.
Der Captain hob den Kopf, warf ihn zurück und schüttelte das Wasser ab. Er fuhr sich mit den Händen durchs nasse Haar und über das Gesicht, um den Geruch des Kampfes loszuwerden, so gut es ging.
„Sie ist sehr schön“, sagte Santos.
„Sie gehört zu ihm.“
„Aber sie ist schön.“
„Sie ist hier, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen, und genau das soll sie tun.“
„Zumindest wird die Aufgabe nicht sehr schwierig werden. Sie ist jung, schön und unberührt. Du solltest es genießen, bei ihr zu liegen. Natürlich wäre es klug, am Anfang langsam vorzugehen. Sie wird eine Weile brauchen, bis sie sich an deine Größe gewöhnt hat, und . .."
„Genug!“ brüllte der Kapitän. „Du meinst, ich sollte sie verschonen, weil sie jung und unschuldig ist?“
„Lucian“, mahnte Santos.
Der Kapitän warf ihm einen wütenden Blick zu. Santos sprach ihn niemals mit seinem wirklichen Namen an, nur wenn sie unter sich waren. „Auch ich war einst jung und unschuldig - bis ihr Vater mir diese Eigenschaften einfach so raubte.“ „Und es würde gerechter werden, wenn du ihr raubst, was er dir einst nahm?“
„Wir haben das schon so oft besprochen, Santos. Du bist mit meiner Entscheidung nicht einverstanden, aber nichtsdestoweniger bleibe ich dabei. Ich will Rache.“
„Um welchen Preis?“
Lucian sah den kleinen untersetzten Mann an, der seit acht Jahren sein Freund war. „Hast du vergessen, was wir gemeinsam durchgestanden haben?“
Santos schüttelte den Kopf. „Niemals, mein Freund. Das werde ich niemals vergessen. Wir haben beide Narben davongetragen, die uns daran erinnern. Aber ich brauche keine Erinnerungen.“
„Und Rache? Willst du die noch immer?“
„Ja, Lucian. Ich will mich an dem Mann rächen, der uns beide durch die Hölle geschickt hat.“
„Aber?“ fragte Lucian und wusste doch genau, dass etwas ihn störte. Wie immer, wenn er in Sorge war, zog er die dunklen Brauen zusammen.
„Aber die junge Dame zu entehren ist nicht der richtige Weg dafür.“
„Warum? Weil sie eine tugendhafte Frau von vornehmer Herkunft ist? Weil ihre zarte Seele eine solche Behandlung nicht leicht ertragen wird?“
„Es wird ihr wehtun . .."
„Es tut mir noch weh. Jedes Mal, wenn ich die Peitsche auf meiner Haut fühlte. Jedes Mal, wenn ich das Essen mit den Käfern aß. Jedes Mal, wenn ich meinen eigenen Gestank roch. Jedes Mal dachte ich daran, dass es die Unterschrift des Marquis of Devonshire war, die mich dazu verdammt hatte, in der Hölle zu verfaulen.“
Santos machte keine Anstalten, diese Litanei des Schmerzes zu unterbrechen. Das Leid seines Freundes war zu groß gewesen.
Weitere Kostenlose Bücher