Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
Menschen bedienen können. Das Problem ist, dass die Imperianer, so überzeugt von sich selbst und ihrer Kultur sind, dass sie sich nicht vorstellen können, wenigstens für ein paar Jahrzehnte zurückzustecken und auf Spezies wie uns einzugehen.«
Kim hatte sich in Rage geredet. Ihre Augen glänzten. Ihre Wa ngen waren leicht gerötet. Sie fuchtelte mit den Armen beim Sprechen.
»Wir wollen, dass der Fortschritt, den die Außerirdischen uns bringen, an uns angepasst wird. Wir wollen, dass er nicht zur Unte rdrückung der irdischen Menschen missbraucht wird, wir wollen ihn im Gegenteil zum Vorteil der Menschen hier verändern.«
Lucy sah ihre Freundin überrascht an.
»Wow, bist du jetzt unter die Politiker gegangen?«, fragte sie erstaunt.
»Na ja, ich habe mich ein wenig engagiert. Und weil ich, wie schon gesagt, die Einzige bin, die sich ein wenig mit den Sachen auskennt, bin ich ziemlich schnell in den Vorstand aufgestiegen. Ich habe ja auch noch den Vorteil, dass ich mich mit der Technik au skenne. Ich komme an Informationen, an die sonst keiner kommt. Die haben mich hier im Ort sehr schnell zur Vorsitzenden der Jugendorganisation gewählt. Seit drei Monaten bin ich das auch auf Landesebene und bei der nächsten Wahl werde ich auf Bundesebene kandidieren.«
Kim sah Lucy lächelnd aber ernst an.
»Das hast du mir nicht zugetraut, das sehe ich dir an«, sagte sie stolz.
»Also wenn ich ehrlich bin: Nein«, bestätigte Lucy schwach. »Aber habt ihr denn eine Chance?«
»Wir versuchen, auf allen Ebenen Druck zu machen. Wir organisieren Demos. Es gibt auch einen eher militanten Flügel, dessen Mitglieder – meistens Jugendliche – auch schon mal einen Transportroboter beschädigen oder so. Aber wir reden auch mit der imperianischen Verwaltung und versuchen, Kompromisse zu finden.«
Lucy nickte.
»Mensch, jetzt reden wir schon wieder über Politik. Das mache ich den ganzen Tag. Ich habe nämlich einen Job bei der GGP, sonst könnte ich mir mein kleines Reich hier nicht leisten. Aber jetzt ist Schluss. Du wirst sehen, du wirst bei deinen Eltern noch jede Menge über diese Themen diskutieren müssen, vor allem wenn dein Bruder da ist. Ich hole uns jetzt was zu trinken. Schließlich müssen wir feiern, dass du da bist.«
Kim verschwand in der Küche. Lucy hörte sie kramen. Sie kam mit einer Flasche Sekt zurück, stellte sie auf den alten Wohnzi mmertisch und holte zwei Sektgläser aus einer altmodischen Vitrine.
»Trinkst du jetzt Alkohol?«, fragte Lucy entsetzt.
»Das ist kein Alkohol, sondern Sekt. Lucy, du bist nicht auf deiner Raumstation, sondern auf der Erde. Wir sind beide junge, irdische Frauen, keine Imperianerinnen. Volljährig sind wir auch. Da trinkt man mit einer netten Freundin schon mal ein Glas Sekt.« Kim grinste schelmisch.
»Aber was ist, wenn wir überfallen werden. Wenn wir Alkohol tri nken, werden unsere Reflexe geschwächt. Wir können uns dann nicht mehr richtig verteidigen«, sagte Lucy mit besorgter Stimme. Kim verdrehte die Augen.
»Lucy, hallo! Wir sind auf der Erde. Du sitzt hier gemütlich auf meinem Sofa. Auf meinem Sofa ist noch nie jemand überfallen wo rden.« Kim grinste Lucy frech an. »So und nun keine Widerrede, heute Abend stößt du mit mir an.«
Damit schloss Kim das Thema ab und goss ihnen beiden ein Glas ein. Sie drückte Lucy eines der Gläser in die Hand und prostete ihr zu.
»Worauf trinken wir?«, fragte Kim und gab selbst gleich die Antwort: »Darauf, dass du dich tatsächlich mal zu mir verirrt hast. Prost!«
Lucy trank auch einen Schluck, obwohl ihr Alkohol unhei mlich war. Natürlich hatte sie schon mal etwas Alkoholisches probiert, als sie noch auf der Erde wohnte. Seitdem sie mit ihren imperianischen Freunden zusammenlebte, war sie noch nicht einmal in die Nähe von Alkohol gekommen. Sie hatte in der ganzen Zeit keinen einzigen Imperianer gesehen, der irgendeine Droge zu sich genommen hatte.
Außerdem fürchtete sie tatsächlich, sofort auf irgendeine G efahr reagieren zu müssen. Diese Haltung war ihr so zur Gewohnheit geworden, dass sie sie auch auf der Erde, hier in Kims Wohnung, nicht ablegen konnte.
»Lucy bleibst du über Nacht? Ich habe ein riesiges Bett. D avon kannst du gerne die Hälfte benutzen, heute Nacht. Wir haben uns so lange nicht gesehen und ich würde so gern mit dir noch ein bisschen quatschen.« Kim sah Lucy bittend an.
Eigentlich wollte Lucy am Abend noch ein wenig mit ihren Eltern reden. Sie beschloss, dass es besser
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