Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
hier in Frieden lassen.«
Kim sah noch immer besorgt aus. Sie tauschte mit Lucys V ater einen wissenden Blick aus, der so vertraut schien, dass es Lucy fast wehtat. Lucy wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wollte nicht schon wieder provozieren.
»Nicht alle Menschen wollen, dass die Außerirdischen einfach wieder verschwinden«, sagte Kim vorsichtig. »Denk doch mal an die ganzen armen Länder in Afrika, Asien und Südamerika. Die haben jetzt das erste Mal eine Chance, anständig zu leben.«
»Ha! Warten wir mal ab, wie lange die das noch so sehen. Weißt du, was ich gehört habe. Die Außerirdischen wollen da Fabriken bauen, in denen zukünftig die Kinder gezüchtet werden. Die Menschen dürfen dann keine mehr bekommen. Mal sehn, ob die das da unten dann noch so gut finden. Die, mit ihren vielen Kindern«, rief die Mutter triumphierend. Sie hatte mittlerweile ihr zweites Glas geleert.
»Ja, wenn auch die Kinder künstlich in die Welt gesetzt we rden, geht der letzte Sinn des Lebens verloren. Dann sind wir wirklich für nichts mehr nutze«, ergänzte der Vater müde. Ihn schien der Wein eher traurig zu machen.
Lucy hätte es lieber gesehen, wenn solche Gespräche in der Fam ilie nüchtern geführt werden würden.
»Ich dachte, du wolltest nicht, dass wir über Politik reden«, wan dte Lucy vorsichtig ein.
»Man wird ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen, auch wenn meine Kinder scheinbar alle selbst so halbe Außerirdische sind«, erwiderte die Mutter bitter. Lucy kämpfte mit aller Gewalt die au fsteigenden Tränen nieder. Kim sah jetzt sehr besorgt aus.
»Auf jeden Fall jagen Lucy und ich in ein paar Tagen dieses neue, außerirdische Gebäude in die Luft«, lenkte sie fröhlich das Gespräch auf ein anderes Thema.
»Das ist wenigstens mal eine vernünftige Idee«, mischte sich der Vater ein. »Lucy, kommst du auch auf die Demonstration, die wir übermorgen gegen diesen ›Neubau‹ machen?«
Lucy fühlte sich in die Enge getrieben. Ängstlich sah sie von einem zum anderen. Die drei starrten sie erwartungsvoll an.
»Das kann ich nicht«, sagte sie leise.
»Wieso, weil es gegen deine tollen außerirdischen Freunde geht?«, hakte die Muter nach und blickte sie böse an.
»Helga!«, rief ihr Vater empört dazwischen.
»Nein!« Lucy bemühte sich um eine feste Stimme. »Weil ich die meistgesuchte Person im ganzen Imperium bin. Wenn sie mich kri egen, werden sie nicht nur mich umbringen, sondern Kim und Lina gleich mit. Euch werden sie wahrscheinlich nur für den Rest des Lebens ins Gefängnis stecken.«
***
Lucy lag in dem Gästebett. Sie war nach dem kurzen, heftigen Streit mit ihrer Mutter ins Bett gegangen. Sie hatte keine Lust mehr, mit ihnen zusammenzusitzen. Sie hatte auch keine Lust auf die verzweifelten Versuche von Kim und ihrem Vater, den Abend irgendwie zu retten. Sie wollte nur noch schlafen. Bittere Tränen rannen lautlos aus ihren Augen.
Die Tür quietschte leise, als sie geöffnet wurde. Lucy spürte, wie Kim ins Zimmer schlich. Sie spürte, wie ihre Freundin sich über sie beugte.
»Du weinst ja«, flüsterte Kim. Sie kroch zu Lucy unter die Decke.
»Du wolltest doch nicht mit mir in einem Bett schlafen«, schluchzte Lucy.
»Heute doch.« Kim nahm sie in die Arme.
»Das ist doch verrückt, jetzt liegen wir zu zweit auf dieser e ngen Liege und das große Bett ist frei«, versuchte Lucy, einen klaren Gedanken anzubringen.
»Wir können ja gemeinsam rüber gehen. Bequemer wäre das«, schlug Kim lächelnd vor.
»Nimm es nicht so persönlich. Für Mama ist das viel schwieriger als für Papa. Er redet wenigstens darüber. Sie verdrängt alles die ganze Zeit und hin und wieder bricht es aus ihr heraus und dann passiert so was«, sagte Kim, als die beiden in Lucys altem Bett lagen. »Ich bin mir sicher, dass sie dich noch immer lieb hat, genau wie Nils. Sie ist einfach nur durcheinander und kommt mit diesen ganzen Veränderungen nicht klar.«
Lucy nickte tapfer. Sie wollte Kim so gerne glauben.
»Deshalb ist unsere Aktion auch so wichtig. Alle sind so frustriert. Sie glauben, sie können nichts machen und darum wehrt sich auch keiner«, redete Kim leise aber kämpferisch weiter. »Du wirst sehen, diese Demo wird ein Reinfall. Es werden kaum Leute auf die Straße gehen. Aber wenn wir unsere Aktion durchgezogen haben, dann bekommen die Leute wieder Mut. Auf der nächsten Demo wird die halbe Stadt mitlaufen.«
***
»Es kann losgehen. Heute Abend ziehen wir die Sache
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