Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
gebracht hatten, stellte Lucy sich schnaufend auf. Sie sah auf das Gebäude. Kim sprang auf sie zu und riss sie zu Boden. Im nächsten Moment gab es einen Knall, als sollte das ganze Städtchen in Schutt und Asche gelegt werden. Über Lucy und Kim flogen harte Teile hinweg, die aus dem Kalkgerüst des Gebäudes stammten. Einer braungrünen Flüssigkeit verteilte sich wie ein Sprühregen über die gesamte Umgebung. Sie erinnerte an Pflanzensaft und verband sich mit dem aufgewirbelten Staub zu einer ekelig, schmutzigen und klebrigen Brühe.
Die Flüssigkeit stammte aus den Säften des Gebäudes, das äh nlich wie Pflanzen oder Pilze aufgebaut war und ein Kalkgerüst wie wirbellose Meerestiere besaß.
»Um Gotteswillen, was war denn das?«, stöhnte Lucy.
Sie sah auf das Gebäude. Von ihm standen nur noch wenige einzelne Überreste des Kalkgerüsts, die wie Ruinen in den Himmel ragten. Alle weicheren Teile waren vollständig zerstört worden.
»Hast du gewusst, dass die Bombe so eine Wirkung hat?«, fragte Lucy wütend.
»Ich hatte Angst, du machst nicht mit, wenn du weißt, was wirklich passiert«, antwortete Kim kleinlaut. Sie konnte Lucy nicht in die Augen schauen.
»Klasse! Damit hast du mich gefährdet und die Wachmänner auch. Ja, du hast sogar dich selbst gefährdet. Was wäre, wenn du verletzt worden wärst und ich hätte dich in Sicherheit bringen mü ssen. Dann wären wir jetzt alle da drinnen umgekommen«, schnauzte sie Kim an.
»Ist dir das klar!«, brüllte sie, als ihre Freundin kein Wort sa gte, sondern nur zu Boden starrte.
In immer mehr Häusern rings um den Rathausplatz gingen die Lichter an. Aus allen Häusern strömten Menschen. Einen Moment herrschte Schweigen. Dann wurde es plötzlich laut. Die Leute klatschten, jubelten und riefen Parolen. Kim sah sich um und ihre Augen begannen zu leuchten.
»Siehst du, was hab ich dir gesagt«, sagte sie stolz.
»Komm Kim, wir müssen hier weg«, rief Lucy. Sie musste ihre Freundin am Ärmel hinter sich herziehen. Kim wäre am liebsten da geblieben und hätte mit den anderen gefeiert.
Immer mehr Menschen strömten aus allen Nebenstraßen zusammen. Es erinnerte fast an ein Volksfest. Einige Leute begannen, auf der Straße zu tanzen. Lucy und Kim mussten sich von den Leuten losreißen, die sie umarmten, um vorwärtszukommen.
Kurz vor Lucys Elternhaus hielt Lucy, die aufgedrehte Kim fest und sprach energisch auf sie ein.
»Sie haben uns gesehen! Wir müssen hier weg!«
So schnell es ging, drängten sie sich durch die von allen Seiten herbeiströmenden Leute. Auf dem Rathausplatz hörten sie Sir enen. Sie kamen an einem Polizeiwagen vorbei, der hilflos in der Menge feststeckte. In der Ferne erkannte Lucy einen Transportroboter, der auf schnellen Beinen in Richtung Rathaus rannte.
Lucy zerrte die über beide Backen grinsende Kim hinter sich her. Endlich erreichten sie die Tür zu Lucys Elternhaus. Ihre Eltern w aren im Haus. Sie öffneten die Tür. Lucy zerrte Kim ins Haus.
»Und wie war’s«, fragte der Vater voller Erwartung.
»Super! Der ganze Kasten ist in tausend Fetzen geflogen. Das müsst ihr euch ansehen. Von überall kommen die Leute. Es ist ein Fest«, jubelte Kim.
»Es ist schief gelaufen«, stellte Lucy nüchtern fest. »Sie haben uns entdeckt. Da war eine Kamera. Sie haben Aufnahmen von uns. Wir müssen weg.«
»Lucy nun übertreib doch nicht«, rief Kim noch immer voller Begeisterung. »Der ganze Kasten ist in die Luft geflogen. Der Zentralrechner ist unter Garantie auch im Eimer. Die Aufnahmen gibt es nicht mehr.«
»Und wenn doch? Du weißt genau, dass diese Rechner alle unte reinander vernetzt sind. Wahrscheinlich sind die gerade dabei Großalarm nach uns beiden auszulösen«, erwiderte Lucy.
»Das ist ein Neubau. Es ist überhaupt nicht sicher, dass der Rec hner schon vernetzt ist«, protestierte Kim. Sie klang jetzt aber doch leicht verunsichert.
»Verdammt Kim«, schnauzte Lucy. »Du weißt es nicht! Hast du dir mal überlegt, was passiert, wenn er doch vernetzt ist. Wenn es dir schon egal ist, was mit mir oder mit dir passiert, dann denk doch w enigstens mal an Lina. Die brauchen sie nur einmal in die Röhre zu stecken und die wissen, was mit ihr los ist. Hast du dir mal überlegt, was sie dann mit deinem Kind machen?«
Endlich hatte Lucy Kims volle Aufmerksamkeit. Sie wurde le ichenblass – soweit man das unter der Schicht von Dreck in ihrem Gesicht erkennen konnte.
»Wir müssen weg, sofort!«, flüsterte sie. Lucy
Weitere Kostenlose Bücher