Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
und gingen wortlos in Richtung der Lichtung, auf der die Fähre stand.
Flucht
Als der Wagen ihres Vaters hinter der nächsten Kurve verschwand, war Lucy froh, sich den dringenden Problemen widmen zu können. Geduckt schlich sie in Richtung der Lichtung. Kim folgte ihr. Sie hatte die Babytragetasche mit beiden Händen umklammert und an sich gedrückt. So schlich sie hinter Lucy her.
In einem Abstand von ein paar Hundert Metern zu der Fähre gab Lucy Kim ein Zeichen, sich hinter einem Busch zu verst ecken. Lucy hatte nur wenige Geräte auf die Erde mitgenommen. Dazu gehörte eine Art Fernglas, das nicht nur als Nachtsichtgerät funktionierte, sondern auch in der Lage war, eine Reihe von imperianischen Tarnvorrichtungen zu durchschauen. Mit diesem Gerät suchte sie die Umgebung um die kleine Raumfähre ab.
In den letzten zwei Jahren hatte Lucy so viele gefährliche Akti onen für die Rebellen durchgeführt, dass sie mittlerweile so etwas wie ein Gefühl für Gefahren entwickelt hatte. Zumindest Lucy glaubte, dass sie einen solchen siebten Sinn besaß. Besonders Riah lachte gerne darüber. Sie meinte, Lucy würde mittlerweile hinter allem Gefahr wittern und dabei einfach hin und wieder recht haben. Riah neckte Lucy gerne mit ihrer eingebildeten Angst vor Gefahren.
Seit dem ersten Gespräch mit Kim spürte Lucy das Gefühl einer Bedrohung. Egal, ob das nun Lucys siebter Sinn oder ob sie sich ei nfach übervorsichtig verhielt, auf jeden Fall hatte sie zu ihrem Entsetzen recht. Um die Fähre herum versteckten sich mindestens fünfzig schwer bewaffnete imperianische Soldaten. Auch wenn sie sich nur mit recht einfachen Tarnvorrichtungen schützten, mit bloßem Auge konnte man sie nicht entdecken.
Blitzschnell legte Lucy Kim ihren Finger auf den Mund und hielt ihr das Fernglas vor die Augen. Seit Kim die Gefahr, in der sie schwebten, bewusst geworden war, lief sie mit einem blassen G esicht herum. Jetzt nahm es eine aschgraue Farbe an. Die beiden Mädchen sagten kein Wort. Lucy blickte besorgt in die Babytragetasche. Die kleine Lina schlief noch. In den letzten Tagen war sie täglich ruhiger geworden und schlief fast nur noch. Auch wenn sie der Gesundheitszustand des Kindes an sich beängstigte, so atmete Lucy doch auf. Ein schreiendes Kind hätte sie in dieser Situation verraten.
Wilde Gedanken huschten durch Lucys Hirn. Was sollten sie tun? Dort stand eine kleine Armee. Zur Raumfähre zu kommen, ohne e rschossen zu werden, war aussichtslos. Sie befanden sich außerhalb der Stadt. Sie besaßen kein Verkehrsmittel. Während Lucy über eine Lösung nachdachte, fiel ihr Blick auf einen Punkt, der sich in noch weiter Ferne durch die Landschaft schlängelte. Es war der erste Bus, der aus der kleinen Stadt kam und die Bushaltestellen der umliegenden Dörfer abklapperte.
Lucy machte Kim mit einem Kopfnicken auf das Fahrzeug au fmerksam. Wesentlich vorsichtiger als sie gekommen waren, schlichen die beiden zurück zur Bushaltestelle. Sie verkrochen sich in den umstehenden Büschen und warteten. Es grenzte an ein Wunder, dass sie noch nicht entdeckt worden waren. Die Bushaltestelle konnte zwar von dem Ort aus, an dem sich die imperianischen Soldaten befanden, nicht eingesehen werden, aber der Trupp hätte eigentlich das Auto, mit dem die Mädchen gekommen waren, bemerken müssen. Lucy spürte erneut Zorn aufsteigen. Diese Imperianer interessierten sich so wenig für ihre terranischen Mitmenschen, dass sie den Wagen ihres Vaters nicht wahr oder zumindest nicht ernst genommen hatten.
Erst als sie den Bus vor der Kurve brummen hörten, traten die beiden schnell hinter dem Busch hervor und stellten sich an die Bu shaltestelle. Der Bus bremste scharf und die Vordertür wurde geöffnet. Der Busfahrer sagte zwar nichts, aber an dem neugierigen Blick konnte man unschwer erkennen, dass er sich wunderte, dass an dieser verlassenen Haltestelle zwei Personen einstiegen, dazu noch zwei sehr junge Frauen mit einem Baby in der Tragetasche.
»Lucy hast du Geld? Ich bin pleite«, flüsterte Kim.
Lucy war eine Sekunde lang verwirrt. Sie hatte zwei Jahre lang nichts mehr bezahlt. In den paar Tagen, in denen sie auf der Erde aufhielt, hatte ihre Familie alles eingekauft. Aber Lucy war dank Christoph und des Wissenschaftsteams gut auf ihre Reise zur Erde vorbereitet. Sie griff in die rechte hintere Hosentasche und zog ein Bündel Geldscheine hervor. Lucy blätterte unsicher durch die Scheine. Sie war nicht mehr darauf trainiert, auf Anhieb den
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