Lucy in the Sky
Ledercouch, die er unbedingt kaufen wollte, dann der coole weiße Acryl-Couchtisch mit passendem Zeitungsständer, bis mein Blick schließlich auf den Fernseher fällt. Anscheinend haben wir uns einen nagelneuen Flachbildschirm-Fernseher angeschafft.
»Oh!«
»Gefällt er dir? Er hat einen
super
Ton. Ich dachte, er wäre bestimmt ideal für die ganzen DVDs, die du dir für die Arbeit anschauen musst.«
»Oh, stimmt«, sage ich.
Er sieht total geknickt aus. »Gefällt er dir nicht?«
»Doch, klar, und wie! Tolles Teil. Ich bin bloß so furchtbar müde, weißt du. Überhaupt nicht mehr aufnahmefähig. Es war ein langer Flug.«
Das scheint ihn zu beschwichtigen.
»Du kannst ihn mir dann heute Abend nochmal richtig zeigen, okay?«
Aber er hat schon die Fernbedienung in der Hand und klickt in Richtung Fernseher. Dann jedoch erstarrt er und schaut auf die Uhr. »O ja, ich sollte lieber gehen.« Er lässt die Fernbedienung wieder auf den Couchtisch fallen und küsst mich auf den Mund. »Viel lieber würde ich ja hierbleiben. Schade, dass ich dieses doofe Meeting habe, sonst würde ich einfach später gehen … «, fügt er verführerisch hinzu und küsst mich wieder, diesmal langsamer.
Seine Lippen fühlen sich nicht richtig an. Ich ziehe mich zurück.
»Was ist denn los?«
»Ich hab meine Zähne noch nicht geputzt.«
»Ach so, okay.« Er beugt sich herab und gibt mir einen Kuss auf die Wange, dann zieht er mich noch einmal an sich. Ich gebe mir alle Mühe, mich zu entspannen, aber ich fühle mich entsetzlich verkrampft. Sein Körper ist warm, und ich atme sein Aftershave ein. Allmählich fühlt er sich ein bisschen vertrauter an.
»Okay, Hübsche, dann mach ich mich mal lieber auf die Socken«, sagt er und reißt sich los. Er gibt mir einen letzten Kuss auf die Wange. »Toll, dass du endlich wieder da bist.«
Nachdem er weg ist, stelle ich mich ans Fenster und spähe durchs Rollo auf die Straße hinunter. Als er um die Ecke gebogen und außer Sicht ist, gehe ich ins Schlafzimmer. Dort ziehe ich die Decke mit dem Bezug aus ägyptischer Baumwolle zurück und inspiziere das Laken. Nichts Verdächtiges zu sehen. Ich beuge mich hinunter und rieche daran. Kürzlich gewaschen? Oder riecht es nach zwei Wochen immer so? Ich untersuche die Kissenbezüge auf eventuelle verräterische Frauenhaare und taste mit der Hand unter der Matratze nach Unterwäsche oder Sonstigem, das eine Geliebte hier vergessen haben könnte. Nichts. Lucy, du machst dich lächerlich.
Schließlich gehe ich in die Küche, setze Wasser auf, kippe ein bisschen Milch in einen weißen Becher, werfe den Teebeutel darauf, gieße das kochende Wasser darüber und rühre mit dem Teelöffel, bis das milchige Wasser Teefarbe annimmt. Die ganze Zeit denke ich an Nathan. Von jetzt an mache ich meinen Tee immer so.
Nach einer weiteren Minute fische ich den Teebeutel heraus und puste eine Weile in das heiße Getränk, ehe ich vorsichtig einen Schluck davon trinke. Ich habe ihn zu lange ziehen lassen, er ist zu stark geworden. Auf einmal bin ich deprimiert.
In den letzten sechsunddreißig Stunden habe ich schrecklich viel geweint, und ich wundere mich, dass ich noch Tränen übrig habe, aber meine Augen laufen immer noch über. Mein Handgepäck hinter mir her schleifend, schlurfe ich ins Schlafzimmer und klettere ins Bett. Dort krame ich den Walkman heraus und stelle Nathans Kassette an. Ich will nicht hier sein. Es fühlt sich falsch an. Total falsch. Eigentlich müsste es draußen regnen. Es sollte kalt, grau und scheußlich sein, wie immer, wenn ich aus den Ferien komme, nicht hell, kalt und sonnig. Und ich sollte auf Wolke sieben schweben, weil ich heute Abend endlich meinen Freund wiedersehe, mit dem ich seit drei Jahren zusammen bin. Stattdessen erfüllt mich der Gedanke mit Grauen.
Ich liege allein im Bett, allein in dieser Wohnung, auf der anderen Seite der Welt und würde alles, alles darum geben, um meinen Surfer mit den sexy zerzausten Haaren bei mir zu haben.
Nicht James.
Schließlich verlangsamt sich die Musik zu einem Jaulen, und ich gebe auf, weil ich weiß, dass die Batterien jetzt endgültig leer sind. Später muss ich mir neue kaufen. Jetzt bin ich zu erledigt. Ich stelle den Wecker auf drei Stunden später, tausche meine Klamotten gegen einen gemütlichen Schlafanzug aus und klettere wieder ins Bett.
Das Klingeln des Festnetzanschlusses weckt mich. Ich bin immer noch so müde, dass ich das Gefühl habe, jemand hätte meinen Körper mit
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