Lucy in the Sky
eingedeckt bin. Er ist in der Woche oft mit seinen Kollegen im Pub, während ich mit Klienten zum Essen gehe oder auf Partys, und gelegentlich gehen wir zusammen ins Restaurant oder ziehen am Samstagabend mit seinen Freunden von der Arbeit durch die Clubs. Aber mit Typen wie Edward oder Jeremy fühle ich mich nie wirklich entspannt. Obwohl Edward nicht viel sagt, habe ich, wenn ich sein humorloses Gesicht sehe, immer das Gefühl, dass er mich mit seinen dunklen Augen kritisch mustert, und Jeremy, na ja, Jeremy ist einfach ein kleiner Scheißkerl. Es sind eben nicht meine, sondern James’ Freunde.
In diesem Moment fasse ich einen Beschluss. Ich werde darauf bestehen, dass James und ich mit Reena, Karen und ihren Freunden ausgehen, wenn sie das nächste Mal einen großen Abend planen.
Es ist so schön, die beiden endlich wiederzusehen. In England habe ich nicht sehr viele Freunde, denn ich bin ja erst mit sechzehn hergekommen. Auf dem College in Somerset, wo ich meinen Schulabschluss gemacht habe, gab es niemanden, dem ich mich nahe fühlte, und so sind Reena und Karen hier in England meine besten Freundinnen. Wieder muss ich an Gemma und Chloe denken und daran, wie viel Spaß Chloe und ich in Mailand hatten. Ich will mich unbedingt, unbedingt nächsten Freitag nach der Arbeit mit den beiden treffen.
Kapitel 16
»Warte, warte, ich weiß noch einen. Warum können Elefanten nicht Fahrrad fahren? Weil sie keinen Daumen zum Klingeln haben.« Ich höre, wie Nathan über meinen Witz kichert. Wir telefonieren seit zwanzig Minuten. Ich sitze im Schlafzimmer, weil James im Wohnzimmer ist und im Fernsehen Kricket schaut. Die Rugby- und Fußballsaison ist vorbei, jetzt gibt es Tennis und Kricket. Hurra!
Zu sagen, dass ich etwas geistesabwesend war in letzter Zeit, weil ich mich dauernd gefragt habe, wann Nathan wohl anruft, ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Als er mich das erste Mal angerufen hat, habe ich total vergessen, mir seine Handynummer geben zu lassen, deshalb war es eine Riesenerleichterung, als ich heute Morgen das Telefon abgehoben habe, und er dran war. In Australien ist Samstagabend, und er ist zu Hause – inzwischen sind die Renovierungsarbeiten fertig, und heute waren ein paar Immobilienmakler da, um den Wert des Hauses zu schätzen.
Als ich Nathan erzähle, dass ich am letzten Wochenende mit meinen Freundinnen im Theater war, freut er sich.
»War dein Freund mit Edward und seiner Wie-hieß-siedoch-gleich in Henley?«, erkundigt er sich.
»Susannah? Ja.«
James war am Sonntagnachmittag spät heimgekommen, todmüde und verkatert. Anscheinend hatten sie bis in die frühen Morgenstunden zusammengesessen und Rotwein getrunken.
»Gib mir doch bitte deine Nummer, Nathan«, sage ich nach einer Weile.
»Mist – tut mir leid, das haben wir neulich ganz vergessen«, antwortet er.
»Ja. Ich bin froh, dass du nochmal angerufen hast. Woher hast du eigentlich meine Nummer hier zu Hause?«
»Schon wieder Mollys Adressbuch. Ganz schön praktisch – jetzt hab ich einen Klempner, einen Elektriker und einen Friseur.« Ich muss lachen. »Aber du lässt dir die Haare nicht zu kurz schneiden, oder?«
»Nein, nein. Aber jetzt, wo Amy nicht mehr da ist, brauch ich gelegentlich einen Friseur. Sie hat das sonst immer gemacht«, erklärt er, und mein Herz wird schwer, weil ich mich unwillkürlich wieder frage, was eigentlich zwischen ihnen war. War es etwas richtig Ernsthaftes oder doch eher nicht? Nicht dass das noch wichtig wäre. Höchstens um meine heimliche Neugier zu befriedigen.
»Weiß Molly, dass du mich angerufen hast?«, frage ich.
»Nein, und wenn sie es wüsste, würde sie mich auch ganz schön zusammenstauchen.«
»Glaubst du?«
»Na, du etwa nicht?«, dreht er den Spieß um.
»Hmm, vielleicht. Ich weiß nicht.« Ich hatte das Gespräch mit Nathan auch nicht erwähnt, als ich sie anrief, um mich für die Fotos zu bedanken.
»Also«, bricht er schließlich das etwas unbehagliche Schweigen, »hast du einen Stift zur Hand?«
»War das wieder dieser Typ?«, will James wissen, als ich ins Wohnzimmer zurückgehe.
»Sams Bruder? Ja.«
»Ziemlich seltsam, dass er ständig anruft, oder nicht?«
»Man kann es ja wohl kaum ständig nennen«, kontere ich.
»Heute war das zweite Mal. Außerdem ist er ein Freund.«
»Ich dachte, Sam und Molly wären deine Freunde«, brummt er.
»Sind sie auch«, entgegne ich fest. »Aber sie haben gerade geheiratet und sind garantiert mehr miteinander beschäftigt.
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