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Lucy kriegt's gebacken

Lucy kriegt's gebacken

Titel: Lucy kriegt's gebacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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hundertprozentig sicher, ob die ganze Welt erfahren sollte, dass diese gefärbte Kopfhaut zu mir gehört, fühlt sich mein mitgenommenes Ego trotzdem wieder etwas aufgebaut. Ich schätze die Entfernung zur Second Base ab, mache einen unauffälligen Schritt in diese Richtung. Noch ein Zentimeter. Und noch einer. Immerhin bin ich bekannt dafür, Bases zu stehlen. Ähm, in der letzten Saison habe ich einhundertzweiundzwanzig Bases erlaufen. Ligarekord, meine Damen und Herren! Und davon abgesehen würde ich damit die gute Doral-Anne, die einfach viel zu gut schlagen kann, stinkwütend machen. Wenn wir noch eine Chance haben wollen, muss ich irgendwie in eine spielentscheidende Position kommen.
    Doral-Anne starrt mich unter ihren viel zu langen Ponyfransen an, beschließt dann aber wohl, dass es sich nicht lohnt, mir zuzusehen. Sie geht zu ihrem Windup, und ich rase los. Mein Helm fällt vom Kopf, als ich auf die Second Base zujage, jeder Schritt ein Genuss, der Nervenkitzel lässt mich geradezu fliegen. Ethan sieht mich nicht mal, aber ich lasse mich zur Base gleiten, genau in dem Moment, in dem er den Handschuh senkt.
    „Out!“, sagt Charley. „Tut mir leid, Luce.“
    „Wie bitte?“, keuche ich und stehe auf, einen Fuß sicher auf der Base.
    „Du bist raus“, sagt er.
    „Bin ich?“ Mit offenem Mund sehe ich Ethan an, der grinsend eine Augenbraue hebt. Dann streckt er seinen Handschuh in die Höhe, und tatsächlich, er hat den Ball gefangen.
    „Keine Chance, Kumpel.“ Er zwinkert mir zu.
    „Können wir dann weiterspielen, oder will die kleine Prinzessin für immer da stehen bleiben?“, ruft Doral-Anne.
    Noch immer unter Schock trotte ich zurück zur Spielerbank.
    Bunny’s verliert neun zu zwei. Und noch schlimmer: Ethan lädt beide Seiten auf ein Getränk ein, also werden jetzt alle ins Lenny‘s gehen, um das Spiel zu analysieren.
    „Dumm gelaufen“, sagt Fred Busey, atemlos von der Anstrengung, die knappen zehn Meter von der Tribüne bis zu mir zu Fuß gegangen zu sein.
    „Wem sagen Sie das.“ Ich zwinge mich zu einem Lächeln. Ganz ehrlich, ich kann es nicht fassen, wie schlecht ich war. Drei armselige Strikeouts. Nur ein Mal auf der Base, und das wegen eines Fehlers, und dann vom Spielfeld gestellt - du liebe Zeit.
    Die meisten Spieler nehmen den logischen Weg in die Kneipe - sie durchqueren Ellington Park. Was auch bedeutet, über den Friedhof zu gehen. Was ich, wie wir alle wissen, nicht kann.
    „Wollen wir noch etwas trinken?“, fragt Fred.
    „Klar.“ Warum nicht, Fred ist ein netter Typ. Außerdem plaudert Ethan fröhlich mit Doral-Anne. Und wissen Sie was? Ich werde diesmal direkt über den Friedhof gehen. Denn ich muss endlich aufhören, mich so anzustellen. Ich sollte mich wie eine anständige Witwe um Jimmys Grab kümmern. Die Mirabellis ziehen von hier weg - ihre Abschiedsfeier steht kurz bevor, und der Gedanke daran tut mir in der Seele weh. Also muss ich mein Problem endlich überwinden. Ich muss in der Lage sein, den Friedhof zu betreten. Was aber noch lange nicht heißt, dass ich mich beeilen muss.
    Tatsächlich überholen uns alle anderen Mannschaftsmitglieder. Fred kann sich nicht allzu schnell bewegen, was mir gerade recht ist, denn ich brauche noch etwas Zeit, um meinen ganzen Mut zusammenzukratzen. Ich versuche, Freds Erzählungen über seine recht frische Scheidung zu lauschen, doch der Friedhof rückt bedrohlich näher. Ich gebe zustimmende Geräusche von mir, doch als wir das Ende des Parks und damit das Friedhofstor erreicht haben, beginnt mein Herz zu rasen …
    Ich bin leicht außer Atem. Und warum kann ich Fred nicht mehr hören? Redet er noch? Seine Lippen bewegen sich … In meinen Ohren fängt es an zu dröhnen, meine Hände sind schweißnass. Weiter vorn kann ich Ethans Rücken erkennen, er geht neben Doral-Anne, lachend, ohne etwas von meiner Not zu ahnen. Wenn er sich nur umdrehen und mich sehen würde, wenn er mir helfen würde … Bitte, Ethan . Mein stummer Schrei verhallt ungehört, Ethan und Doral-Anne biegen um eine Ecke.
    „Ähm … Fred?“, frage ich mit dünner Stimme.
    „Ja?“ Er sieht mich mit gerunzelten Brauen an.
    „Ich … können wir … ähm.“ Ich bekomme nicht genug Luft, meine Brust hebt und senkt sich heftig. Ach du liebe Zeit, ich werde gleich ohnmächtig.
    „Sind Sie in Ordnung? Wollen Sie sich setzen?“ Fred, der ebenfalls keucht, allerdings aus einem anderen Grund, nimmt meinen Ellbogen in seine dickliche Hand und lenkt mich zu

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