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Luderplatz: Roman (German Edition)

Luderplatz: Roman (German Edition)

Titel: Luderplatz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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räusperte sich.
    Kai drehte sich um und schaute sie an. Ernst. Später, als sie sich über die Schaumberge hinweg ansahen, blickte sie ihn an. Ebenso ernst.
    »Was wird das?«, fragte er.
    »Was?«, fragte sie.
    »Mit uns.«
    »Keine Ahnung. Was meinst du?«
    »Ich habe zuerst gefragt.«
    »Witzig.« Sie wusste, sie hätte etwas anderes antworten müssen. Die Wahrheit wäre vielleicht gut gewesen, dachte sie. Doch die brachte sie nicht heraus. Liebeserklärungen? Ne, nix für Victory. Zum Glück bohrte er nicht weiter nach.
    Als er den Geruch der angebratenen Zwiebeln wahrnahm, begann er wieder gleichmäßiger zu atmen. Wer hätte gedacht, dass er sich ausgerechnet von dem Gestank, der ihn jeden Tag einmal darüber nachdenken ließ, die Wohnung zu wechseln, beruhigen ließ? Zu Hause, dachte er und schloss die Tür zur WG auf. Nanas Zimmer war schon wieder untervermietet. An eine Freundin seiner Mitbewohnerin. Er hatte noch nicht viel mit ihr geredet, doch mit wem redete er schon viel? Vielleicht war es ihm deshalb so schwergefallen, den Polizisten all ihre Fragen zu beantworten. Er hatte sich unwohl gefühlt, auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Es war so hell gewesen und so ruhig – und nur seine Stimme wollten sie hören. Immer wieder.
    Sie ließen nicht locker. Erst nach einer halben Stunde hatte er kapiert, dass sie ihn für einen Mörder hielten. Sie dachten, dass er Nana getötet hätte. Er. Ausgerechnet er ! Dabei war es doch dieser andere gewesen, der sie auf dem Gewissen hatte. Seitdem sein Name zum ersten Mal gefallen war, war es mit Nana anders geworden. Sie war anders geworden.
    Kai! Kai! Wie er diesen Namen hasste. Er hatte sie getötet. Er alleine. Und das Schlimme war, dass er dabei geholfen hatte. Als Handlanger des Todes. Aber hätte er es verhindern können?
    Er hätte so gerne nichts mehr gesagt, doch sie wollten, dass er redete. Immer nur redete. Und irgendwann hatte er es ihnen dann erzählt. Und sie hatten genickt und mitgeschrieben und es aufgenommen und wieder genickt. Und dann durfte er gehen. Nach Hause. Zu dem Zwiebelgestank. In sein Zimmer. Vor seinen Rechner. Er ließ ihn hochfahren. Das Geräusch des Festplattengebläses beruhigte ihn. Er legte sich auf sein Sofa, kauerte sich zusammen wie ein Baby und schlang seine Arme um seinen Kopf. Er wollte es nicht, doch die Wahrheit schlich sich in seine Gedanken. Ich, Lukas Adams, habe Nana Oppenkamp sterben lassen. Ich bin schuld. Ich bin schuld. Ich, ich, ich.
    »Ich kapier’s noch nicht.«
    »Was?«
    »Alles.« Viktoria hatte sich ein Handtuch wie einen Turban um den Kopf geschlungen, lag auf der Seite und sah Kai zu, wie er rauchte. Unfassbar, dass er hier im Bett liegt und einfach so qualmt, ohne sie vorher zu fragen. Sie kam sich vor wie in einem Musikvideo aus den Neunziger Jahren oder wie in einem alten James-Dean-Film. Der gut aussehende Held – oder Sänger – liegt mit nacktem Oberkörper auf dem Kissen, schert sich nicht um Anstand und gute Sitten und hat lässig eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt. Es steht ihm, dachte sie und versuchte, sich Kai im weißen Kittel in seiner Praxis vorzustellen. Es gelang ihr nicht. Sich vorzustellen, wie sein Kuss jetzt schmecken würde, gelang ihr hingegen.
    »Wer hat mir die Mails geschickt? Wer hat Nana die tödliche Spritze gesetzt? Und wie kam das Blut von Nana Oppenkamp in Marios Badezimmer?«
    Kai zuckte mit den Schultern. »Bisschen viele Fragen für heute Morgen, finde ich. Kannst du denn nie abschalten?«
    Viktoria entdeckte ein paar Haare auf seinem Kopfkissen. Sie waren schwarz und lang, sie hatte Spuren hinterlassen. Sie zupfte sie vom Stoff und ließ sie auf seinen Parkettboden fallen.
    »Irgendjemand wollte, dass der Verdacht auf dich fällt.« Sie dachte laut nach.
    Kai zog an der Zigarette. »Vielleicht glaubte dieser Jemand ja wirklich, dass ich etwas damit zu tun hatte. Wer weiß, was Nana ihm – oder ihr – über mich erzählt hat. Ihr traue ich eine Menge zu.« Kai sah Viktoria an.
    »Sie hatte einen Freund, hast du gesagt. War der vielleicht eifersüchtig auf dich?«
    »Könnte sein. Aber ich weiß nicht, wer es gewesen sein soll. Es hat mich nicht interessiert. Nichts an Nana hat mich mehr interessiert …«
    Viktoria nickte. Grübelte. Sortierte noch einmal die Puzzleteilchen, die sie schon aneinandergefügt hatte.
    Nana Oppenkamp war eine Stalkerin, sie wollte nicht wahrhaben, dass ihre Beziehung zu Kai wirklich vorbei war. Sie schnitt sich das Liebestattoo

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