Ludlum Robert - Covert 01
Ouray.
»Um Himmels willen, Charlie, geben Sie’s auf. Es ist ein Wunder. Wir sollten es genießen und feiern. Anlässlich der ersten Lieferung des Serums steigt in Blanchard Pharmaceuticals’ Hauptquartier in den wunderschönen Adirondack Mountains eine große Party, an der ich persönlich teilnehmen werde.« Als ihm die Konsequenzen seiner Entscheidung klar wurden, lächelte der Präsident. Das waren endlich gute Neuigkeiten und er wusste, wie man damit umgehen musste. Er sprach erneut lauter, aber diesmal wegen seiner Vorfreude. »Wir sollten die Staatschefs der Welt in einer Konferenzschaltung im Fernsehen zusammenbringen. Tremont werde ich die Freiheitsmedaille verleihen. Wir werden diese Epidemie stoppen und diejenigen ehren, die uns dabei geholfen haben.« Dann grinste er. »Natürlich schadet das Ganze unseren politischen Aspirationen auch nicht unbedingt. Wir müssen schließlich an die nächste Wahl denken.«
17 Uhr 37 Lima, Peru
Der stellvertretende Innenminister saß lächelnd in seinem mit Blattgold und Marmor verzierten Büro. »Ist es richtig, dass alle, die ins Amazonasgebiet reisen wollen, eine Genehmigung Ihres Ministeriums brauchen?«, fragte der einflussreiche Engländer.
»Allerdings«, antwortete der stellvertretende Innenminister. »Gilt das auch für wissenschaftliche Expeditionen?« »Für die ganz besonders.«
»Sind diese Unterlagen der Öffentlichkeit zugänglich?« »Natürlich. Wir leben schließlich in einer Demokratie.« »Eine schöne Demokratie«, erwiderte der Engländer. »Dann
muss ich alle Genehmigungen einsehen, die vor zwölf und dreizehn Jahren erteilt wurden. Aber nur, wenn’s nicht zu viel
Aufwand ist.«
»Es ist gar kein Aufwand«, antwortete der stellvertretende
Innenminister lächelnd. »Zu schade, dass die Akten aus diesen
Jahren während der Amtszeit einer anderen Regierung
vernichtet wurden.«
»Vernichtet? Wie konnte das passieren?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Der stellvertretende Innenminister
spreizte entschuldigend die Hände. »Es ist schon lange her.
Damals gab es großen Ärger mit unwichtigen Splittergruppen,
denen der Sinn nach einem Staatsstreich stand. Mit dem Leuchtenden Pfad und anderen Guerilla-Organisationen. Sie verstehen.«
»Da bin ich mir nicht sicher.« Auch der Engländer lächelte. »Wie bitte?«
»An einen Anschlag auf das Innenministerium kann ich mich nicht erinnern.«
»Vielleicht ist es passiert, als die Akten fotokopiert wurden.« »Dazu sollte es Berichte geben.«
»Wie gesagt - damals war eine andere Regierung an der
Macht.«
»Wenn ich darf, möchte ich gerne mit dem Minister
persönlich reden.«
»Natürlich dürfen Sie, aber er ist leider nicht in der Stadt.« »Tatsächlich? Merkwürdig, wo ich ihn doch gestern Abend in
einem Konzert gesehen habe.«
»Sie müssen sich irren. Er ist im Urlaub. In Japan, glaube
ich.«
»Dann muss ich wohl jemand anderen gesehen haben.« »Der Minister ist eine sehr unauffällige Erscheinung.« »Nun denn.« Der Engländer stand lächelnd auf und verneigte
sich leicht vor dem stellvertretenden Innenminister, der höflich
nickte, bevor der Besucher das Büro verließ.
Auf dem breiten Boulevard der eleganten Altstadt, die wegen
ihrer Kolonialarchitektur berühmt ist, rief der Engländer, der
Carter Letissier hieß, ein Taxi herbei und nannte dem Fahrer
eine Adresse im Stadtviertel Miraflores. Im Wagen verschwand
sein Lächeln und er lehnte sich fluchend zurück.
Der Bastard war bestochen worden, und zwar erst kürzlich.
Ansonsten hätte er es Letissier gestattet, seine Zeit mit den
Akten zu vergeuden, damit er schließlich entdeckte, dass die
Unterlagen tatsächlich fehlten. Doch so war es denkbar, dass die
Akten noch nicht vernichtet waren. Aber Letissier war klar, dass
sie spätestens dann verschwunden sein würden, wenn er mit
dem Innenminister verabredet wäre. Er blickte auf die Uhr - das
Ministerium schloss gleich. Angesichts des Phlegmas typischer
stellvertretender peruanischer Minister würden die Unterlagen
frühestens am nächsten Morgen verschwinden.
Drei Stunden später lagen die großen Büros des Innenministeriums im Dunkeln. Carter Letissier, ganz in Schwarz gekleidet, trug den kugelsicheren, mit einer Atemvorrichtung versehenen Helm und die schwarzen Stiefel des Anti-Terrorismuskommandos des britischen SAS. Einst war er Captain des 22. SAS-Regiments gewesen und er erinnerte sich mit Stolz an diese denkwürdige Zeit.
Er ging direkt auf den Aktenschrank mit den die
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