Ludlum Robert - Covert 01
Jahr habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Smith versuchte, die Straße vor dem Fenster im Auge zu behalten, aber die verdreckte Glasscheibe war mit zu vielen Schildern beklebt. »Ich verstehe, warum er frustriert oder angeekelt war. Aber dass er für einen solchen Typ arbeitet und andere einschüchtert? Das hört sich nicht nach Bill an.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen: Ekel, Desillusionierung, verratene Prinzipien.« Forbes zuckte die Achseln. »In seinem Fall kümmerte sich niemand im FBI um Gerechtigkeit. Da zählten nur die Spielregeln und das Gesetz. Ja, ich glaube auch, dass er auf Geld und Macht scharf war. Niemand wechselt die Seiten, nur weil er seinen Glauben an etwas verloren hat.«
»Und Sie finden das okay?«
»Es ist nicht okay, aber es ist auch nicht nichtokay. Es ist das, was Bill wollte, und ich stelle keine Fragen. Ungeachtet dessen ist er mein Freund.«
Smith dachte über all das nach. Seine Situation glich der, in der Bill sich befunden hatte. Bei ihm war es nicht das FBI, sondern die Armee, die ihn betrog. Und wie weit war er im Augenblick noch davon entfernt, zum Schurken zu werden? In den Augen des Pentagons war er wahrscheinlich bereits einer mit Sicherheit galt er als Soldat, der sich unerlaubt von seiner Einheit entfernt hatte. War es an ihm, über Bill zu richten? War dieser FBI-Mann enger mit Bill Griffin befreundet als er?
Moralische Handlungen waren nicht immer so absolut, wie man gerne glaubte.
»Sie wissen nicht, wo er ist oder für wen er arbeitet?«
»Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält oder ob er für denselben Typ arbeitet. Das ist nur eine Vermutung und ich habe nie gewusst, wer dieser Typ war.«
»Aber Sie können Kontakt zu Bill aufnehmen?«
Forbes blinzelte. »Nehmen wir mal an, ich könnte es. Was sollte ich ihm dann ausrichten?«
Smith hatte sich seine Worte bereits zurechtgelegt. »Sagen Sie ihm, dass ich seine Warnung ernst genommen und überlebt habe, dass sie aber Sophia ermordet haben. Richten Sie ihm bitte aus, dass ich weiß, dass sie den Virus haben, aber nicht, was sie damit planen. Sagen Sie ihm, dass ich mit ihm reden muss.«
Forbes betrachtete den großen Wissenschaftler, der für die Armee tätig war. Vor ein paar Tagen war das FBI über die Gefahr durch den unbekannten Virus und zudem über den Tod von Dr. Sophia Russel informiert worden. Dann war ein Memorandum der Armee eingetroffen, in dem erklärt wurde, dass Smith sich ohne Erlaubnis von seiner Einheit entfernt habe und die Untersuchung gefährde. Die Einzelheiten waren vom Weißen Haus als topsecret deklariert worden. Washington hatte das FBI gebeten, nach Smith zu suchen und ihn unter Bewachung nach Fort Detrick zurückzuschicken.
Aber ein lebenslanger Lernprozess, bei dem er manchmal innerhalb von Sekunden, wenn sein Leben am seidenen Faden hing, Menschen einschätzen musste, hatte dazu geführt, dass Forbes dem eigenen Urteil vertraute. Smith war nicht der Feind. Wenn irgendetwas die Untersuchung gefährdete, dann der paranoide Befehl, die Wissenschaftler aus dem Verkehr zu ziehen. Das Pentagon wollte keine Schlagzeilen mehr über amerikanische Soldaten, die während der Operation Desert Storm möglicherweise mit bakteriologischen Kampfstoffen in Berührung gekommen waren. Wie üblich wollte es die Sache vertuschen.
»Falls ich Kontakt zu ihm aufnehmen kann, werde ich es ihm ausrichten, Colonel.« Forbes stand auf. »Noch ein Tipp: Was immer Sie auch planen oder tun mögen, passen Sie gut auf sich auf. Es gibt einen Haftbefehl - unerlaubtes Entfernen von der Truppe und Flucht. Versuchen Sie nicht, noch einmal mit mir in Verbindung zu treten.«
Als er das hörte, hielt Smith für einen Moment den Atem an. Überrascht war er nicht, aber dennoch traf ihn diese Nachricht wie ein Schock. Er fühlte sich betrogen und verletzt aber so war es seit seiner Rückkehr aus London laufend gewesen. Zuerst hatte er Sophia verloren, jetzt seinen Job und seine Karriere. Die ganze Geschichte steckte ihm wie Glasscherben in der Kehle.
Während der FBI-Agent das Lokal verließ, blickte sich Smith in dem Cafe um, in dem sich ein paar vereinzelte Gäste über ihre Tassen mit exotischen Kaffee- und Teesorten beugten. Er sah gerade noch, wie Forbes durch die Tür verschwand und mit seinem durch jahrelange Routine geübten Blick die Straße kontrollierte. Dann hatte er sich auch schon in Luft aufgelöst wie der Dampf seines Kaffees.
Nachdem er Geld auf den Tisch gelegt hatte, verließ Smith das Lokal durch den
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