Ludlum Robert - Covert 01
getan haben, werden Verteidigungsmaßnahmen ergriffen.« Die tiefe Stimme schien mit der Autorität eines Gottes vom Himmel herabzudröhnen.
Smith grinste. Der Bungalow gehörte einem Elektronikgenie und die Oberfläche der Auffahrt war mit einer Reihe widerlicher Vorrichtungen gespickt, die einem das Leben verleiden konnten. Es fing mit Tränengas an und reichte bis zu einem Schwefelspray, das schrecklich nach Knoblauch stank. Der Hausbesitzer - Smith’ alter Freund Marty Zellerbach war vor vielen Jahren ein paarmal von wütenden Vertretern, Stromablesern, Postangestellten und Lieferanten vor Gericht gezerrt worden.
Aber Marty hatte zwei Doktortitel und wirkte immer sanftmütig und verantwortungsbewusst, wenn auch etwas naiv. Außerdem war er extrem reich und konnte sich die besten Anwälte leisten, die leidenschaftliche und überzeugende Plädoyers hielten: Seine Opfer mussten die Schilder gesehen und gewusst haben, dass sie ohne Erlaubnis ein Privatgrundstück betreten hatten. Ein kranker Mann, der allein lebte, hatte sie gebeten, sich vorzustellen und auszuweisen. Sie waren gewarnt gewesen.
Martys Sicherheitsmaßnahmen mochten zwar ärgerlich sein, waren aber weder tödlich noch mit ernsthafter Verletzungsgefahr verbunden. Vor Gericht hatte er immer gewonnen und nach ein paar Verhandlungen hatten die Behörden davon Abstand genommen, ihn anzuklagen. Stattdessen hatten sie den Klägern geraten, eine Entschädigung zu verlangen und das Grundstück nicht mehr zu betreten.
»Mach schon, Marty«, sagte Smith amüsiert. »Ich bin’s, dein alter Kumpel Jonathan Smith.«
Er nahm ein überraschtes Zögern wahr. Dann sagte die künstlich verzerrte Stimme: »Nähern Sie sich der Haustür auf dem gepflasterten Weg und verlassen Sie ihn nicht. Das würde weitere Verteidigungsmaßnahmen aktivieren.« Plötzlich klangen die Worte besorgt. »Vorsicht, Jon. Ich möchte nicht, dass du gleich wie ein Stinktier riechst.«
Smith nahm den von Marty empfohlenen Weg. Unsichtbare Laserstrahlen überwachten das gesamte Grundstück. Wenn er nur einen Schritt von dem Pfad abwich oder wenn jemand unbefugt auf das Gelände vordrang, würde das alle möglichen Geräte aktivieren.
Er schritt die Stufen zu der überdachten Veranda hoch. »Pfeif die Wachhunde zurück, Marty. Ich bin da. Mach auf.«
»Auch du musst dich an die Spielregeln halten, Jon«, sagte Marty aus dem Inneren des Hauses. Dann ertönte wieder die geisterhafte Stimme. »Bleiben Sie vor der Tür stehen. Öffnen Sie den Kasten zu Ihrer Rechten und legen Sie Ihre linke Hand auf die Glasfläche.«
Zwei unheilvoll wirkende Stahlabdeckungen über der Tür öffneten sich und enthüllten dunkle Röhren, die von Spritzpistolen bis zu Raketenwerfern alles enthalten konnten. Schon immer hatte Marty ein kindliches Vergnügen an Ideen und Spielen gefunden, an denen die meisten anderen Menschen in der Pubertät das Interesse verloren. Smith blieb mutig vor der Tür stehen, öffnete den Stahlkasten und legte seine Hand auf das Glas. Er kannte das Spielchen: Zuerst würde eine Videokamera ein Digitalfoto von seinem Gesicht aufnehmen und dann würde Martys Supercomputer seine Gesichtsmaße in eine Reihe von Zahlenwerten umwandeln. Zugleich würden die Linien seiner Handfläche registriert und die Daten mit denen von Martys sämtlichen Bekannten verglichen werden.
»Sie sind Lieutenant Colonel Jonathan Smith«, verkündete die hölzerne Stimme. »Deshalb dürfen Sie eintreten.«
»Danke, Marty«, sagte Smith trocken. »Ich hatte mich schon gefragt, wer ich bin.«
»Sehr witzig, Jon.«
Nach einer Reihe von dramatisch wirkenden Geräuschen öffnete sich die mit Holz verkleidete Stahltür quietschend. Im Gegensatz zu theatralischen Inszenierungen war Instandhaltung nicht Martys Stärke. Die Diele wirkte ganz normal, wenn man von einem beeindruckenden Detail absah: Hinter Smith schloss sich die Tür eines Metallkäfigs. Er wartete hinter den an ein Gefängnis erinnernden Gitterstäben.
»Hallo, Jon«, begrüßte ihn Martys hohe, gemächliche, präzise artikulierende Stimme von jenseits der Diele. Als sich die Tür des Käfigs öffnete, erschien Marty in einem Türrahmen. »Komm bitte rein.« Seine Augen zwinkerten teuflisch.
Er war ein kleiner, rundlicher Mann, dessen Gang unbeholfen wirkte, als ob er nie gelernt hätte, seine Beine richtig zu bewegen. Smith folgte ihm in einen riesigen, unordentlichen und verwahrlosten Computerraum. Ein Ehrfurcht gebietender Mainframe-Computer und andere
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