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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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die Köpfe zusammen.
    »Freut mich, dass noch nie jemand auf Sie geschossen hat. Auf Wiedersehen«, sagte Stachelmann. Er nahm seine Tasche, öffnete die Tür, trat hinaus in den Gang und knallte die Tür zu. Schnellen Schrittes ging er zu seinem Büro und schloss von innen ab. Er setzte sich auf die Schreibtischplatte und überlegte, wie es weitergehen könnte. Er sah keinen Ausweg. Dann ging er zum Fenster und stellte sich so davor, dass er von außen gut gesehen werden konnte. Der Trotz wetteiferte mit der Angst. Die zog ihn weg vom Fenster, der Trotz hielt ihn dort. Dann schieß doch. Er überlegte, wie man sich fühlte, wenn einem eine Kugel in die Brust geschossen wurde. Man fühlt eigentlich nichts, erst der Schock und dann der Tod, wenn der Schütze das Herz traf. Den Knall hörte das Opfer wohl nicht, der Schall war langsamer als der Schock. Würde er im Kopf getroffen, stürbe er noch einige Zehntelsekunden schneller. Aber wenn die Kugel nicht das Herz traf, wenn er nicht sofort tot war, dann würde es schmerzhaft werden und lang dauern, bis er wieder auf die Beine käme, wenn überhaupt.
    Er erschrak, als es an der Tür klopfte. Stachelmann blieb am Fenster stehen und schaute hinaus, als hätte er nichts gehört. Unten im Park sah er wieder die Kreidestriche, die er vom Dach der WiSo-Fakultät erkannt hatte. Es klopfte wieder, fast heftig. Die Türklinke bewegte sich mehrmals.
    »Ja, ja!«, rief er. »Ich komme ja schon.«
    Er schloss auf und öffnete die Tür, obwohl er Angst hatte. Aber der Killertyp würde nicht durch die Tür kommen. Es war Brigitte.
    »Wenig eleganter Abgang«, sagte sie und schob sich an ihm vorbei. Sie roch gut. »Und dann verbarrikadierst du dich auch noch.« Sie ging zum Besucherstuhl vor dem Schreibtisch. Er sah ihr nach, die Hose stand ihr.
    »Ja?«, fragte er und ärgerte sich über seine Unbeholfenheit.
    »So kriegen wir nie heraus, wer dir das eingebrockt hat.«
    »Was ist das? Der Mordanschlag, die Kampagne oder beides?«
    »Der Mordanschlag«, sagte sie. »Die Kampagne ist was anderes, jedenfalls ist sie nicht gefährlich«, fügte sie hinzu, nachdem sie kurz gezögert hatte.
    »Wir kriegen gar nichts heraus. Jedenfalls nicht, solange du mir verschweigst, was du weißt.«
    Sie blinzelte, und Stachelmann bildete sich ein, ihr Gesicht habe sich leicht gerötet. Warum war sie gekommen? Wenn sie mit drinhing, dann müsste sie doch einen weiten Bogen um ihn machen. Stattdessen kam sie zu ihm.
    »Ich ... also ... ich ...«
    »Na was?«, sagte er.
    »Was diese Kampagne angeht, na, da sind vielleicht ein paar Leuten die Gäule durchgegangen.«
    Was für eine altmodische Sprache. »Und die Schüsse?«
    »Nein, davon weiß ich nichts«, sagte sie. Das klang so, als wäre sie überzeugt, dass sie die Wahrheit sagte – aber auch so, als würde sie sich winden wie ein Regenwurm auf einem heißen Stein. »Das war es, was ich dir sagen wollte.«
    »Was soll ich damit anfangen? Und wie erklärst du mir, dass die Schießerei in dieser Diskussionsgruppe geradezu begrüßt wurde?«
    »Du musst mir glauben, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«
    »So billig kommst du nicht weg. Außerdem finde ich die Kampagne übel genug.«
    »Sei nicht so empfindlich. Wer solche Thesen in die Welt setzt, muss mit Antworten rechnen. Und in solche Diskussionen mischen sich auch Leute ein, die einen an der Waffel haben. Es sind offene Foren, jeder darf mitmachen.«
    Erst starrte er sie an, dann lachte er. Natürlich war sie verstrickt in die Kampagne.
    Es klopfte an der Tür, die Türklinke ging, zwei Männer in Mänteln kamen herein. Der zuerst eintrat, war kräftig gebaut, groß, Stoppeln auf dem Kopf. Der dahinter war klein, drahtig, ein hageres Gesicht mit einem schmalen Schnurrbart, der ihn fies aussehen ließ. Der Kräftige warf einen Blick auf Brigitte, dann auf Stachelmann. »Sie sind Dr. Stachelmann?«, zischte er. Er öffnete kaum die Lippen.
    »Wer sind Sie?«, fragte Brigitte.
    »Dass Sie nicht Dr. Stachelmann sind, sehe ich. Also werden Sie der betreffende Herr sein.« Er schaute Stachelmann streng in die Augen. Wie eine Schlange, dachte Stachelmann. Er zischt wie eine Schlange.
    »Und wer sind Sie?« Endlich hatte er Worte gefunden, wenn er auch nur wiederholte, was Brigitte gefragt hatte.
    »Können wir Sie allein sprechen?«, fragte der Drahtige mit einer tiefen Stimme, die nicht zu ihm zu gehören schien.
    »Verlassen Sie das Zimmer«, sagte Stachelmann. »Mit Leuten, die sich nicht

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