Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
bewegen, wo ich mich auf eine Magnetmatte unter eine Rotlichtlampe legen und einen grünschlammigen Entschlackungsdrink zu mir nehmen sollte. Eine Duftlampe verpestete die Luft mit irgendeinem süßlichen Gestank (»Das ist Ylang-Ylang und trägt zu Ihrer Entspannung bei«, behauptete Claire), und aus versteckten Lautsprechern dudelte fernöstliche Entspannungsmusik, und zwar von der Sorte, bei der es einem am ganzen Körper zu jucken anfängt und das Gewaltpotenzial sich von Harfenton zu Harfenton potenziert.
    Herr Becker wusste gar nicht, wie gefährlich er lebte, als er bei meinem Anblick zu lachen anfing.
    »Lachen Sie nicht, machen Sie Ihre Fotos«, sagte ich und hielt den hübsch mit einem Stückchen Karambole und einem Strohhalm dekorierten Schlammdrink in die Kamera. Natürlich bedauerte ich es zutiefst, dass Claire es versäumt hatte, auch ein wenig Schlamm in mein Gesicht zu schmieren. So würde auf den Bildern unzweifelhaft zu erkennen sein, wem der wulstige Frischhaltewurstkörper gehörte.
    Als Becker genug Fotos von mir, der Liege und dem Drink geschossen hatte, nahm ich ein Schlückchen davon, igäää, und goss den Rest in den Topf der Zimmerlinde neben mir. Da sie wunderbar gesund und entschlackt aussah, nahm ich an, dass ich nicht die erste Kundin war, die auf diesen Gedanken gekommen war.
    Als Nächstes führte Claire mich und Herrn Becker zu einem Trampolin.
    »Eine halbe Stunde sanftes Hopsen«, ordnete sie an. »Dadurch wird die Durchblutung gefördert, und die Wirkstoffe unseres Präparates können tief in das Fettgewebe eindringen.«
    Herr Becker verschoss einen ganzen Film davon, wie die Wirkstoffe des Präparates tief in mein Fettgewebe eindrangen, während ich mich samt meiner matsch- und zellophangewickelten Glieder im roboterhaft-sanften Hopsen übte. Und in Geduld. Selten war eine halbe Stunde so langsam vorbeigegangen wie diese. In Gedanken formulierte ich ein paar bissige Sätze, um Claire die Demütigungen heimzuzahlen, die sie mir zufügte.
    »Wunderbar«, sagte sie endlich. »Dann können wir Sie jetzt auswickeln und für den ersten Saunagang vorbereiten.«
    In die Sauna durfte Herr Becker nicht mitkommen, obwohl Claire sagte, dass sie nichts dagegen habe. Nun, ich war zwar meinem Schicksal gegenüber ein wenig gleichgültig geworden, aber so gleichgültig, dass ich Herrn Becker Fotos von mir in der Sauna erlaubt hätte, war ich dann doch noch nicht. Er hatte ohnehin noch genug Gelegenheit, mich in anderen demütigenden Situationen abzulichten: erneut in Schlamm getunkt, von Claire beidhändig mit Bürsten bearbeitet, als Zellophanklops auf dem Ergometer und nur unzulänglich mit einem Handtuch bedeckt in einem Bett aus Eiswürfeln.
    Als ich das zweite Mal in der Sauna saß, klingelte mein Handy. Es war Alex, mein Exfreund, den ich mit Carla hatte verkuppeln wollen, bevor mir alles egal geworden war.
    »Wo zur Hölle bist du?«, fragte er. »Ich stehe hier auf die Minute pünktlich in deinem Büro, aber du bist nicht da. Deine Kollegin sagt, du unternimmst gerade etwas gegen deinen Hintern. Was soll das heißen?«
    »Oh, unsere Verabredung hab ich total vergessen«, sagte ich, aber im Grunde war es mir natürlich egal, weil mir zur Zeit eben einfach alles egal war. »Tut mir so Leid!«
    »Das nutzt mir auch nichts«, sagte Alex verstimmt. »Wer soll denn jetzt mit mir Mittag essen?«
    »Wie wäre es mit Carla? Ihr Büro ist nur zwei Türen weiter.«
    »Nein, ich habe keine Lust, mit jemandem essen zu gehen, der die ganze Zeit zum Nachbartisch rüberschaut.«
    Na ja, dann eben nicht. Ging mich doch alles nichts an. Sollten die Leute sich gefälligst selber um ihr Liebesleben kümmern. »Alex, bist du noch dran? Der Empfang ist hier so schlecht. Muss an der Temperatur liegen.«
    Claire klopfte an die Saunatür. Es war wieder Zeit für das Eisbett.
    »Ich bin noch dran«, sagte Alex. »Du, das Problem hat sich gerade gelöst. Deine Kollegin Marianne ist so lieb, mir ein nettes Restaurant in der Nähe zu zeigen.«
    »Nein!«, schrie ich auf, und für kurze Zeit kehrten meine Lebensgeister zu mir zurück. So egal war Alex mir dann doch nicht. »Nicht Marianne!«, schrie ich, ohne mich darum zu scheren, dass sie wahrscheinlich jedes Wort mitbekam. »Sie hat Herpes. Und Syphillis. Und Aids. Und einen abartigen Hängebusen. Sie kann ihn sich locker über die Schulter werfen.«
    »Ich wollte eigentlich nur mit ihr essen gehen«, erinnerte mich Alex.
    »Der Letzte, der mit ihr essen war,

Weitere Kostenlose Bücher