Luegen haben huebsche Beine
ihr herüber, sodass ich lesen konnte, was auf der Karte stand. »An welchem Tag genau ist Mum weggegangen?«
Kip wühlte sich durch die Zeitungsausschnitte, um das in Erfahrung zu bringen. »An dem Samstag, an dem das Fest war, für das sie diese Einladung da hatte.«
»Es wird aber in keiner Zeitung irgendetwas davon erwähnt, dass sie an dem Abend zu einer Party eingeladen war.« Ich sah die Artikel noch einmal durch, um mich zu vergewissern. »Das würde auch erklären, warum sie ihre besten Schuhe trug und ich Parfum gerochen habe. Das heißt, das würde es erklären, sofern mein Traum von der Nacht, in der Mum verschwand, der Wirklichkeit entspricht.« Ich riss Charlie die Karte aus der Hand, die sie so fest umklammert hielt.
»Es war an demselben Abend, ich weiß, dass es so war. Ich erinnere mich, wie sie sich zurechtgemacht hat, um auszugehen. Das wird die Polizei aber doch sicher gewusst haben, oder? Die haben doch bestimmt jeden verhört, der sonst noch auf der Party war, um herauszufinden, ob sie irgendjemand dort gesehen hat.« Charlie sagte das zwar, doch konnte ich ihr ansehen, dass sie sich da überhaupt nicht sicher war.
»Die Karte war in der Dose. Vielleicht ist sie am Ende nicht hingegangen«, meinte Kip.
Charlie schüttelte den Kopf. »Wenn das Fest so wichtig für Mum war, dass sie das hier in ihr Schatzkistchen gepackt hat, dann muss sie auch die Absicht gehabt haben hinzugehen. Und ich habe ihr dabei zugesehen, wie sie sich angezogen hat. Sie hat gesagt, sie käme kurz nach Mitternacht zurück und dass ich niemandem die Tür aufmachen soll.«
»Sollten wir das der Polizei melden?« Ich wusste, wie dumm es von mir war, das zu sagen. Inzwischen waren siebzehn Jahre vergangen, und alles, was wir vorzuweisen hatten, war eine alte und schmuddelige Einladung zu einer Veranstaltung, auf der unsere Mutter möglicherweise überhaupt nicht gewesen war.
»Wir sollten da zuerst selbst ein wenig nachforschen. Sehen, ob wir irgendetwas herausfinden können, bevor wir damit zur Polizei gehen.« Kip nahm mir die Karte aus der Hand, als sei er überzeugt, er könne dem sorgfältig geprägten Text geheime Informationen entlocken.
»Die Party war in einem Nachtclub. Da können Hunderte Menschen gewesen sein.« Ich begann, die Fotos aufeinanderzulegen. Noch mehr Bilder von Mum, wie sie glücklich lachte, umgeben von verschiedenen fremden Menschen. Einige der Fotos sahen aus, als habe man sie auf einer Hochzeit aufgenommen. Auf einem trug sie einen Bleistiftrock und eine Rüschenbluse, und ein schielendes, dunkelhaariges kleines Mädchen umklammerte ihre Hand.
»Hier ist eines von dir, Charlie.« Ich reichte es ihr, damit sie es sich ansehen konnte.
»Sehr schmeichelhaft.« Sie warf sich das Haar über die Schulter und studierte das Bild. »Wer ist das da im Hintergrund? Hinter mir und Mum, in der Gruppe?«
Ich rückte näher, damit ich gucken konnte. Der Mann war nicht ganz scharf getroffen, doch hatte sie recht – etwas an ihm kam mir bekannt vor.
»Das ist Freddie!«, entfuhr es uns wie aus einem Mund.
Kip griff nach der Ecke des Fotos, damit er auch etwas sehen konnte. »Seid ihr sicher?«
»Schau dir das Armband an, und die Art, wie er dasteht.«
Charlie zog es wieder zu sich zurück.
»Freddie hat Mum gekannt?« Ich fühlte mich leicht benommen. Großartig – da hatten wir im Hinblick auf unsere Vergangenheit endlich einen Anhaltspunkt, und der bestand aus dem Mann, der uns sehr wahrscheinlich töten würde, sollte er uns jemals aufspüren.
Charlie ließ von dem Bild ab, damit Kip es jetzt in Ruhe studieren konnte. »Mum hat viele Leute gekannt. Das Foto sieht aus, als sei es auf einer Hochzeit gemacht worden, oder auf einer Taufe. Wie auch immer, ich war fast dreizehn, als sie wegging, und wie alt bin ich da auf dem Bild? Etwa sechs oder sieben?«
Nacheinander gingen wir durch die restlichen Schnappschüsse in der Hoffnung, irgendetwas zu finden, was von Interesse war, doch sprang uns nichts ins Auge.
»Wir könnten Tante Beatrice fragen. Ich meine, die beiden hatten noch engen Kontakt, als sie dich bekommen hatte. Erst später, als ich zur Welt kam, wollte sie mit Mum nichts mehr zu tun haben.« Ich hatte den Satz noch nicht ganz zu Ende gesprochen und doch schon meine Zweifel. Vielleicht war das die verschlüsselte Warnung gewesen, die Tante Beatrice mir gegenüber ausgesprochen hatte, als wir einander das letzte Mal sahen.
»Ich weiß nicht.« Charlie klang skeptisch. »Lass uns
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