Luegen haben huebsche Beine
schaltete von einem Fernsehprogamm zum nächsten, weil ich versuchte, irgendwie auf andere Gedanken zu kommen. Es lief nichts Anständiges – nicht einmal meine Lieblingssendung, in der es darum ging, verfallene Häuser zu renovieren, vermochte mich abzulenken. Ich fragte mich, wann Kip wohl nach Hause kam. Es wurde draußen langsam dunkel, und er war schon seit Ewigkeiten weg.
Jemand klopfte an die Haustür. Bevor ich öffnete, schaute ich kurz aus dem Fenster. Ich erkannte den Mann nicht, der vor der Tür stand, doch sah er nicht so aus, als sei er einer von Freddies Schergen. Er hatte schütteres Haar, hängende Schultern, und auf seinem weich geschnittenen Gesicht lag ein besorgter Ausdruck, sodass er mich ein wenig an meinen ehemaligen Lehrer für Kunst und Werken erinnerte.
»Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie belästige, aber könnte es sein, dass meine Tochter Sophie hier bei Ihnen ist?«
Seine Frage traf mich völlig unvorbereitet. »Aber ist Sophie denn nicht bei sich zu Hause, zusammen mit meinem Bruder?« Mir drehte sich der Magen um, und das gleich zweimal hintereinander.
»Nein, ich habe beide seit dem Mittagessen nicht mehr gesehen. Deshalb ging ich davon aus, dass sie hier bei Ihnen sind.« Angstfalten durchzogen das Gesicht von Sophies Vater.
»Sie müssen aber ganz hier in der Nähe sein. Kip geht niemals weg, allein schon mal gar nicht. Er hat nicht gern Menschen um sich.« Ich blickte suchend über die hängenden Schultern von Sophies Vater hinweg, als würde ich erwarten, dass Kip jeden Moment in dem immer dunkler werdenden Vorgarten auftauchte.
»Wann haben Sie die beiden zuletzt gesehen?«
Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. »Ich habe Kip heute Morgen gesehen. Ich musste ein paar Besorgungen machen, und als ich wieder nach Hause kam, war er weg. Ich bin davon ausgegangen, dass er bei Sophie ist. Er würde niemals …« Ich stutzte. »Ich meine, ich dachte , dass er niemals allein irgendwohin gehen würde …«
O Gott, was, wenn Freddies Schergen Kip gekidnappt hatten? Meine Lungen verengten sich, und ich bemühte mich, logisch zu denken.
»Kommen Sie doch bitte für einen Moment herein. Ich werde mal in seinem Zimmer nachsehen.« Ich ließ Sophies Vater in der Diele stehen und rannte nach oben. Kips Zimmer war in seinem gewöhnlichen, unordentlichen Zustand. Ich inspizierte den Nachttisch und suchte im Dämmerlicht, das durch das Fenster in den Raum fiel, nach irgendeinem Hinweis, wo er sein konnte.
Neben seinem Raumschiff-Enterprise-Modell erspähte ich ein zusammengefaltetes Blatt Papier, auf dem mein Name stand. Ich las die Notiz, die er mir geschrieben hatte, und rannte wieder nach unten zu Sophies Vater.
»Sie sind weggelaufen!« Ich reichte ihm das Blatt.
»Wohin sollten sie denn weglaufen? So etwas hat Sophie noch niemals getan. Sie ist ein sehr schüchternes Mädchen.« Der arme Mann sah genauso verängstigt und verstört aus, wie ich mich fühlte.
»Das ist bei Kip das Gleiche. Er kennt sich hier in der Gegend nicht aus, und er würde niemals irgendwohin gehen, wo viele Menschen sind.« Ich versuchte zu denken. »Lassen Sie mich mal gerade auf seinem Computer nachsehen. Vielleicht finden wir da einen Hinweis.«
Sophies Vater folgte mir ins Wohnzimmer, redete dabei weiter aufgeregt über seine Tochter und regte an, dass wir die Polizei verständigten. Ich loggte mich in den Computer ein und prüfte, was Kip zuletzt im Internet recherchiert hatte. Ich fand nichts, was darauf hätte schließen lassen, dass Kip Bus-, Bahn- oder Flugtickets reserviert hatte oder sonst etwas in der Art, doch sah es so aus, als habe er sich über Überlebenstechniken informiert. Meine Brust wurde enger und enger, und ich begann zu keuchen.
»Ich weiß, dass das eine dumme Frage ist, aber besitzen Sie ein Zelt?«
Sophies Vater blinzelte mich an, und ich stürzte mich auf meine Handtasche, um an meinen Inhalator zu kommen. »Wir haben ein altes Zelt für zwei Personen in der Garage, das noch aus der Zeit stammt, als Sophie klein war und sie durch eine Phase ging, in der sie immer hinten im Garten campen wollte.« Sein Gesichtsausdruck verriet, dass ihm plötzlich klar wurde, vorauf ich hinauswollte. »Sie glauben, dass die das tun? Dass die irgendwo campen?«
Ich nahm zwei Züge aus meinem Inhalator und bemühte mich, wieder gleichmäßig zu atmen. »Vielleicht sollten Sie mal eben nachsehen, ob das Zelt weg ist.«
Er raste hinaus in die Nacht. Als der Druck in meiner Brust
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