Lügen haben rote Haare
die Flybridge, während die Windflower II uns von der Küste Richtung Dänemark ›entführt‹. Der frische Fahrtwind treibt den letzten Funken Müdigkeit aus unseren Körpern. Wir ankern weit draußen, ich fühle mich ein klein wenig wie die Frau von Michael Schumacher.
Willi ermahnt mich, eine Sonnenlotion aufzutragen.
Ich winke lässig ab. So arg ist die Sonnenstrahlung nun auch wieder nicht.
Würde Willi in mein Beuteschema passen, würde ich Simone ab jetzt ein wenig beneiden. Er ist ein ganz lieber Kerl, der es wert ist, geliebt zu werden.
Er ist so zierlich, dass ich Bedenken habe, dass er von der Yacht geweht werden könnte. Gerade aus diesem Grund hätte sein Vater ihm den Rücken stärken müssen. Aus den Augenwinkeln beobachte ich, wie charmant er mit Simone flirtet, die seine Zuwendung genießt. Die beiden passen, trotz des Größenunterschiedes, recht gut zusammen.
Nachdem wir gemeinsam das Mittagessen zubereitet haben, duftet es nach gegrilltem Fisch und Knoblauch. Das Menü schmeckt vorzüglich, noch nie habe ich in einer solchen Atmosphäre gespeist. Das Wasser glitzert blau in der strahlenden Sonne.
Wir Mädchen haben keine Lust auf Alkohol, der gestrige Abend war ›feucht‹ genug. Wir ergötzen uns an eisgekühltem Mineralwasser mit Zitrone.
Während meine Finger die saure gelbe Fruchtscheibe aus dem Glas fischen, fällt mir mein Sturz auf das ›gelbe Hemd‹ ein. Irgendwie kam mir das Gesicht des Mannes bekannt vor. »Sagt mal, dieser Typ, der mich gestern Abend aufgefangen hat. Irgendwie kam der mir bekannt vor. Ich kann mir nicht erklären woher.«
Willi gähnt. »Vielleicht aus den Medien. Im Kakadi verkehrt echt viel Prominenz.«
Wir reizen den Tag bis zur letzten Minute aus. Gegen 21 Uhr sind wir zurück in Hamburg. Ich muss gestehen, so bescheiden das Wochenende anfing, so wunderschön endet es. Ich hätte Willis Rat, mich einzucremen, beherzigen sollen. Mich plagt ein Sonnenbrand.
7. Die Wette
In der Kantine sitze ich wie ein bunter Pfau unter lauter schwarzen Schafen. Mein giftgrünes Kleid passt hervorragend zu meinen Haaren, jedoch nicht zum Anlass.
Genervt zische ich Bruni an, die neben mir sitzt. »Hättest mir ja auch sagen können, dass du heute in dunklen Klamotten kommst.«
Bruni zischt zurück: »Karo, das versteht sich doch von selbst. Der Chef ist am Freitag verstorben! Schon vergessen?«
Herr Dröpjes, unser Ober-Werbe-Fuzzi, der das Gespräch mitbekommt, dreht sich zu mir um.
»Da hat aber jemand die Nase vorwitzig in die Sonne gehalten, was?«
Ich habe den Stinkefinger schon im Anschlag, kann mich jedoch gerade noch beherrschen, ihn zu zeigen. »Wird halt nicht jeder so schnell braun wie ich. Nur kein Neid, Herr Dröpjes.«
Dröpjes schüttelt lachend den Kopf und nagelt mich ohne lange Vorrede fest. Ich habe ihm widersprochen, ich hätte wissen müssen, dass er das nicht durchgehen lässt.
»Und, Frau van Goch? Ist Ihnen während Ihres Sonnenbades eingefallen, dass ich schon seit vierzehn Tagen auf die Abrechnung der Werbepartner warte?«
»Ich weiß ja nicht, was Sie für einen Arbeitsvertrag haben, Herr Dröpjes. In meinem steht jedenfalls, dass ich die Wochenenden zur freien Verfügung habe. Und gestern war Sonntag. Da denke ich grundsätzlich nicht nach …, an Samstagen übrigens auch nicht.«
Unser Disput wird unterbrochen, als Paul Geiger die Manege betritt. Der Pförtner hatte sämtliche Mitarbeiter von Jummy-Gum heute früh angewiesen, die Kantine aufzusuchen. Der Junior wollte einige persönliche Worte an alle Mitarbeiter richten.
Ich sehe Paul Geiger. Nein, auch Adonis … und das ›gelbe Hemd‹ in einer Person. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen.
In meinem Kopf herrscht eine Unordnung wie in meiner Kramschublade in der Küche. Da fliegt auch alles Mögliche herum. Gummibänder, eine alte Haarbürste, Schrundencreme für meine Füße … und ach ja, meine Vitaminpillen.
In diesem Augenblick sieht die dreigeteilte Heiligkeit direkt in meine Augen. Für einen kurzen Moment zucken seine Mundwinkel verdächtig, dann lässt er den Blick ruhig über die gesamte Belegschaft gleiten und fängt an zu reden.
Mir ist übel, mir ist schlecht, ach was … ich bin einer Ohnmacht nahe. Ein feiner Schweißfilm bildet sich auf meiner Oberlippe, ich bekomme wie aus heiterem Himmel einen unbändigen Harndrang. Das, was ich auf dem Spielplatz veranstaltet habe, ist eindeutig kriminell. Aber gut. Roger wird den Schaden bezahlen, aus der Nummer
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