Lügen haben rote Haare
nur zu diesem Kleid, sondern immer . Die Brille versteckt viel zu viel von Ihrem schönen Gesicht.«
»Das sage ich ihr auch immer«, bemerkt Bruni, »aber mir glaubt sie ja nicht.«
»Stimmt gar nicht«, mault Simone. »Du hast noch nie gesagt, dass ich ein schönes Gesicht habe.«
Bruni kontert auf den Punkt. »Nein, das nicht. Aber dass die Brille doof aussieht, versuche ich dir seit Jahren zu erklären.«
Willi ist begeistert, er schickt Simone schmachtende Blicke, die seine Angebetete innig erwidert. Wir beeilen uns mit dem Umkleiden, denn wir wissen, dass Madame Gigi unter Zeitdruck steht. Als wir uns überschwänglich bedanken wollen, winkt die Modefachfrau lässig ab. Wie selbstverständlich verlassen wir nach Bussi hier und Bussi da das Geschäft mit bunten Pappkartons, in denen die kostbaren Kleider liegen.
Willi weigert sich ebenfalls, ein Dankeschön anzunehmen.
»Ich bin euch dankbar. Ihr gehört mit zu den wenigen Menschen in meinem Leben, die mich so nehmen, wie ich bin.«
Simone bückt sich und haucht Willi einen Kuss auf den Mund. Bruni und ich wechseln einen Blick. Willi bedankt sich für etwas, was für uns selbstverständlich ist.
Nachdem Willi und Simone uns vor Brunis Wohnung abgesetzt haben, können wir unser Glück noch immer nicht richtig fassen.
Wir quatschen bis 2 Uhr. Statt des Rotweins trinken wir heißen Kakao und knabbern die leckeren Antipasti. Bruni hat spontan beschlossen, dem Malermeister auf den Zahn zu fühlen, und dafür braucht sie einen klaren Kopf.
11. Kleinkriminell
Als wir am nächsten Morgen müde, aber glücklich das Büro betreten, kommen uns möbelbepackte Muskelpakete entgegen. Ein leichter Farbgeruch lässt darauf schließen, dass Heiner mit seinen Leuten bereits am Arbeiten ist.
Die Tür des Chefzimmers wurde aus den Angeln gehoben, mit breitem Grinsen sieht Bruni zufrieden, dass Heiner die ersten Pinselstriche vollbracht hat. Nach seinem fröhlichen Guten-Morgen klingelt Gundulas Telefon, die aber noch nicht anwesend ist. Ich haste zum Apparat und melde mich ein wenig atemlos. Als ich Geigenpauls Stimme höre, werde ich noch kurzatmiger. Er will mit Frau Piefke sprechen. Und weil ich nicht auf den Mund gefallen bin, erkläre ich ihm, dass Frau Piefke im Haus unterwegs sei. Dann will er wissen, ob die Maler und Spediteure am Werk wären, was ich bejahen kann.
Als er fragt, in welchem Farbton die Wände gestaltet werden, bringe ich das Wort ›Lila‹ nicht über die Lippen und hüstele verlegen. »Ich kann Sie ganz schlecht verstehen, Herr Geiger. Die Verbindung ist irgendwie …«, ich kratze mit einem Fingernagel auf der Sprechmuschel des Hörers. Er schreit jetzt so laut, dass selbst Bruni im Nebenraum verstehen müsste, was er sagt. In dem Moment kommt endlich Frau Piefke angetanzt, die ihren Aktenkoffer mit einem Schwung auf ihren Schreibtisch wirft. Erleichtert reiche ich ihr den Telefonhörer. »Herr Geiger möchte Sie sprechen.«
Die Piefke setzt ihr professionelles Gesicht auf, ich bleibe wie angewurzelt neben ihr stehen.
»Guten Morgen, Herr Geiger. Piefke hier. Ja, ich habe alles im Griff. Ja … alles bestens … Lila.«
Jetzt zuckt sie ein wenig zusammen.
»Ja, Lila. Frau Keller und Frau van Goch meinten … nein, ich will Sie nicht auf den Arm nehmen … ich würde es nie wagen … jawohl, Herr Geiger … ja, Herr Geiger … sofort. Gewiss doch.« Nervös streicht sie nicht vorhandene Haare aus dem Gesicht. »Ja, ich komme gerade aus Ihrem Haus. Die Reinigungsfirma hat alles hergerichtet. Gut … das machen wir so. Auf Wiederhören, Herr Geiger, bis morgen.«
Bruni, die das Gespräch ebenfalls mitgehört hat, beginnt die Piefke auszufragen, was nicht einfach ist. Dazu ist eine gewisse Taktik notwendig, die Bruni aus dem Effeff beherrscht.
»Ach, Frau Piefke, so weit wie Sie möchte ich es eines Tages auch mal bringen. So sehr vertraut der Geigenp… äh, Herr Geiger Ihnen, dass Sie einen Schlüssel seines Hauses besitzen? Alle Achtung, Frau Piefke. Sie können stolz auf sich sein.«
Gundula errötet leicht und fühlt sich sichtlich geschmeichelt. Bruni hebelt weiter an der ›Tresortür‹.
»Wo steht denn das Haus vom Junior?«
Die Piefke nimmt die Brille ab und putzt sie mit einem Spitzentaschentuch. »Der Junior hat schon seit Jahren diese Stadtvilla an der Außenalster. Während seines Aufenthaltes in London war er nur selten hier. Eine Haushüter-Agentur hat sich während dieser Zeit um alles gekümmert.«
Bruni
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