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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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gleichzeitig, von wem ich das Kleinkriminellen-Gen geerbt habe.
    »Aber nicht deinen Eltern verraten. Die würden mir das nur ausreden wollen.«
    Und wieder zeige ich Solidarität mit Opa, allerdings mit einem schlechten Gewissen. Ich hatte mir als Kind auch mal den Zeh gestaucht, und das hat ordentlich wehgetan!
    Wenig später schieben meine Eltern verschwitzt, aber in bester Stimmung ihre Fahrräder durchs Gartentor.
    »Herrlich war das«, lässt meine Mutter verlauten und drückt mich feste an sich. Mein Vater lotst mich sogleich zur Garage, meine Mutter staunt, wie fleißig Opa Heini an seiner ›Skulptur‹ arbeitet.
    Skulptur! Wenn die wüsste. Um Ausreden ist Opa nie verlegen.
    Der Auspuff sieht wirklich wie neu aus. Als ich meinen Vater nach dem Preis für die Reparatur frage, winkt er kopfschüttelnd ab.
    »Opa wird es dir längst verraten haben. Der alte Haudegen kann doch nichts für sich behalten. Der Auspuff ist vom Schrottplatz, die Montage ein Freundschaftsdienst.«
    Etwas verlegen gebe ich zu, dass ich es bereits weiß, und bitte wiederum meinen Vater, Opa nicht zu verraten, dass ich ihn verpetzt habe. Was sind wir doch für eine Familie! Jeder verspricht jedem, nichts auszuplaudern, am Ende kommen die Geheimnisse doch ans Licht.

12. Abschied
    Vor dem Zentralfriedhof wimmelt es von Menschen, die Nikolaus Geiger die letzte Ehre erweisen möchten.
    Ich bin froh, dass ein Parkplatz direkt neben dem Eingang zur Kapelle frei wird. Die Wunden an meinen Fersen sind noch immer nicht verheilt, die Schuhe drücken.
    Bruni und ich können uns in Madame Gigis Kleidern sehen lassen. Die Haare haben wir so gestylt, wie Gigi es vorgeschlagen hat. Trotz des traurigen Anlasses registrieren wir die bewundernden Blicke einiger männlicher Trauergäste.
    Wir nehmen Frau Piefke in die Mitte und mischen uns unter die Gäste, die sich gedämpft unterhalten. Vor der Trauerhalle sind unzählige Kränze mit üppigen Schleifen drapiert, hier liegt ein Vermögen an Geld!
    Ich beschließe, dass, wenn ich sterben sollte, ich keine Kränze möchte. Das Geld sollte besser gespendet werden. An eine soziale Einrichtung, beispielsweise eine, die Kriminellen wieder bei dem sozialen Einstieg hilft.
    Paul und Jacob Geiger stehen in einer größeren Menschengruppe vor den Blumengestecken.
    »Das sind wohl alles Verwandte«, vermutet Bruni.
    Frau Piefke stimmt mit weinerlicher Stimme zu.
    »Ja, einige von ihnen kenne ich. Die blonde ältere Dame ist Jacob Geigers Frau. Die dünne Blonde ist deren Tochter Linda und die Brünette mit dem Hut ist deren Cousine Agathe.«
    Ich beobachte, so unauffällig es geht, die Familie des Verstorbenen und entdecke einen gut aussehenden jüngeren Mann, der neben Paul Geiger steht.
    »Kennen Sie den auch?« Ich weise auf den Jüngling.
    Die Piefke kneift die Augen etwas zusammen und nickt.
    »Das ist ein guter Freund vom Junior. Die beiden waren gemeinsam in England. Adalbert Kübler. Er kommt jetzt ebenfalls zurück nach Deutschland.«
    Bruni hebt die Augenbrauen und schaut mich triumphierend an. Ich deute ihren Blick: Siehst du? Da haben wir ihn ja schon, den Geliebten vom Geigenpaul.
    Die beiden stehen sehr dicht beieinander.
    Jetzt hat uns Paul Geiger entdeckt, raunt seinem Begleiter etwas ins Ohr und kommt auf uns zu. Er sieht umwerfend aus, in dem korrekt sitzenden schwarzen Anzug. Sein Blick ruht sekundenlang auf meinem Gesicht, dann wandert er langsam über meine Figur, hinab, bis zu meinen Schuhen. Meine Selbstsicherheit schmilzt dahin, wie ein Schneemann in der Sonne. Paul begrüßt uns kurz und dankt für unser Kommen. Dann hält er Gundula, die schon wieder ein Taschentuch im Anschlag hat, den Arm hin.
    »Kommen Sie, Frau Piefke, den Weg gehen wir heute gemeinsam. Ich glaube, mein Vater hätte es so gewollt.«
    Jetzt schluchzt die Piefke laut, meine Augen werden ebenfalls feucht. Ich ärgere mich, weil ich mir albern vorkomme. Die Piefke hat mich mit ihrer Flennerei angesteckt. Paul Geiger greift in seine Hosentasche und reicht mir ein Stofftaschentuch, auf dem seine Initialen gestickt sind. Als ich vorsichtig an meinen Augenwinkeln tupfe, kommt ein Ehepaar auf uns zu.
    Ein älterer Herr mit Glatze spricht Geigenpaul an.
    Den Mann nehme ich nur kurz wahr, die Frau erkenne ich ebenso schnell, wie sie mich erkennt. Tusnelda steht in voller Lebensgröße vor mir. Sie erblasst um einige Nuancen, als sich unsere Blicke treffen. Geiger strahlt eine Ruhe aus, die sich jedoch weder auf Tusnelda noch auf

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