Lügen haben rote Haare
Schwesterherz, waren die kleinen Zwerge unter deinem Herzen eigentlich geplant?« Ich hätte wissen müssen, dass ich mich auf Glatteis begebe, zu spät.
Conny heult los. »Nein, waren sie nicht. Aber sag das bloß nicht Mama und Papa.« Jetzt schüttelt sie ein Schluchzen. »Anton hat verlangt … verlangt … dass ich meine Kinder umbringen soll!«
»Quatsch, Conny! Das glaube ich dir nicht. Als wenn Anton verlangen würde, dass du Hanni und Nanni umbringen sollst.«
Ich streichele ihre Wange; Conny schlägt meine Hand mit einer wütenden Geste weg.
»Blödsinn! Doch nicht Hanni und Nanni! Spinnst du? Die beiden da drinnen!« Sie tippt auf ihren Bauch.
Ich möchte das heiße Eisen, welches ich angefasst habe, kilometerweit wegwerfen. Sanft nehme ich meine große Schwester in die Arme. »Ach Mensch, Conny, das hat er bestimmt nicht so gemeint. Bestimmt nicht! Warte mal ab, wenn die Würmchen da sind, dann wird er genauso hin und weg sein, wie bei der Geburt von Hanni und Nanni.«
Conny wischt mit ihrem Handrücken die Tränen weg. »Meinst du?«
»Aber ja! Ich kenne Anton nun auch schon eine Weile. Und weißte was? Wenn die Kleinen da sind, dann schickst du Hanni und Nanni zu Paul und mir. Was glaubst du, wie die sich im Garten, im Pool … oder im Kellerschwimmbad amüsieren werden. Wir babysitten auch, das verspreche ich dir!«
Ich erschrecke, wie abgebrüht ich schon wieder lüge, nur damit dieses Geheule aufhört.
»Echt?«
»Ja, ganz echt!« Was bin ich gemein, ich sollte mich schämen.
Prompt versiegt die Tränenquelle. »Hast du Lust, auch heute Abend zu mir zu kommen, Karo? Wir machen’s uns dann ganz gemütlich. Schauen eine DVD, knabbern Chips, Pralinen und … ich zeige dir, wie man Babyschuhe häkelt.«
Ich zucke zusammen, als hätte mich jemand mit einer Stecknadel gepiekt, und verziehe genauso das Gesicht.
»Autsch, Conny, heute Abend ist schlecht. Gaaaanz schlecht. Bruni ist doch krank. Sie leidet noch immer unter Brechdurchfall. Ich muss … muss … bei ihr bleiben. Wegen Kreislaufstörungen kann sie nicht alleine aufstehen. Ihre Mutter würde sich ja kümmern, aber die ist auch krank.« Ich beiße mir auf die Unterlippe. Wenn sie weiter quengelt, muss ich es noch dramatischer machen.
»Schade, aber, na gut, dann frage ich halt Felicitas.«
Ich atme beruhigt tief ein und aus. »Ja, mach das. Felis wird sich wahnsinnig freuen. So, meine liebe Schwester, ich muss dann mal los! Du weißt ja, wenn man den ganzen Tag arbeitet, muss am Wochenende der Haushalt geregelt werden.«
Ich winke ihr vom Auto aus noch einmal zu und drücke das Gaspedal tief durch.
An meiner Lieblingsboutique, die auf dem Nachhauseweg liegt, kann ich heute nicht vorbeifahren. Ich erstehe ein sündhaft teures nachtblaues Top, welches vorne hochgeschlossen ist, aber einen sehr gewagten Rückenausschnitt hat. Dazu leiste ich mir eine Edeljeans, die so raffiniert geschnitten ist, dass ich schmale Hüften und eine traumhafte Po-Form habe. Passende hochhackige Riemchensandalen stehen in meinem Schuhschrank, eine kleine, elegante Handtasche befindet sich ebenfalls in meinem Fundus. Zu Hause probiere ich alles noch einmal an, die Hausarbeit verschiebe ich auf morgen. So ein Sonntag ist ja meistens ein langweiliger Tag. Das Top wasche ich von Hand und hänge es tropfnass auf den Balkon. Die Jeans wird nicht mehr trocken werden, darum entschließe ich mich, sie ungewaschen zu tragen. Meine Mutter würde jetzt sagen, dass das Ferkelei ist, aber … in diesem Falle nabele ich mich ab. Lieber einen Hautausschlag riskieren als ohne diese Jeans auf die Piste zu gehen.
Danach lege ich mich aufs Bett, ein Nickerchen kann nicht schaden, zumal es heute Nacht bestimmt wieder spät werden wird.
Beim Einschlafen geht mir Conny durch den Kopf. Sie scheint in der letzten Zeit nicht sehr glücklich zu sein. Ich nehme das Geiger’sche Schnüffeltuch und atme den vertrauten Duft ein.
Wie besprochen, treffen wir uns bei Willi. Bruni trägt eine rote Hose sowie ein rotes Oberteil. Neidlos muss ich gestehen, Rot ist Brunis Farbe. Simone sieht auch klasse aus. Seit sie, dank Willi, bei Madame Gigi ein und aus geht, hat sie sich wirklich zu ihrem Vorteil verändert. Ihre schlanken, langen Beine stecken ebenfalls in einer Jeans, ein etwas weiteres Oberteil aus Seide kaschiert ihre kleine Oberweite. Sie trägt heute Kontaktlinsen. Heiner und Willi gehen quasi im Partnerlook. Schwarz, von Kopf bis Fuß. Willi stellt einen Sektkübel auf
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