Lügen in Kriegszeiten
Chirol, „Times”, 6. August 1914.
Und wen trifft diese Verantwortlichkeit? … Eine Macht, und eine Macht allein, und diese Macht ist Deutschland.
Mr. Asquith in der Guildhall, 4. September 1914.
(Wir kämpfen) um die gefährlichste Verschwörung, die je gegen die Freiheit der Völker angezettelt, die mit grausamer, schamloser Entschlossenheit in allen Einzelheiten sorgfältig, geschickt, hinterlistig und heimlich geplant wurde, zunichte zu machen.
Mr. Lloyd George, 4. August 1917.
Lord Northcliffe, der an der Spitze der Kriegspropaganda-Abteilung stand, erkannte, wie wesentlich es war, die Anschuldigung zur Grundlage seiner ganzen Tätigkeit zu machen. „Die ganze Lage der Alliierten in bezug auf Deutschland wird von der Tatsache beherrscht, daß Deutschland für den Krieg verantwortlich ist“, und dann wieder, „Die Alliierten dürfen nie müde werden, darauf zu bestehen, daß sie die Opfer eines vorsätzlichen Angriffes waren“ ( Secrets of Crewe House ).
Unter den wenigen gemäßigten Stimmen im August 1914 war Lord Rosebery, welcher schrieb:
Es war wirklich ein Funke inmitten eines großen Pulvermagazines, das die Völker Europas in den letzten zwanzig oder dreißig Jahren aufgebaut haben … Ich weiß nicht, ob es irgendeinen großen Organisator gab … Es würde mir widerstreben, ohne Beweismittel irgend jemanden eine solche Schuld zur Last zu legen.
Die Anklage war jedoch in allen alliierten Ländern so heftig und so wiederholt erhoben worden, daß die Regierung sich genötigt sah, sie in den Friedensvertrag aufzunehmen.
Artikel 231 – Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.
Als die Kriegsleidenschaften anfingen, sich zu legen, wurde die Beschuldigung allmählich fallen gelassen. Die Staatsmänner nahmen sie sogar selbst zurück.
Je mehr man die Memoiren und Bücher liest, die in den verschiedenen Ländern über das geschrieben sind, was sich vor dem 1. August 1914 zugetragen hat, desto mehr kommt man zu der Überzeugung, daß niemand, der die Staatsgeschäfte leitete, in jener Zeit den Krieg wirklich wollte. Es war etwas, in das man hineinglitt, oder vielmehr hineintaumelte und stolperte, vielleicht aus Torheit, und ich bezweifle nicht, daß eine Diskussion ihn verhindert hätte.
Mr. Lloyd George, 23. Dezember 1920.
Ich kann nicht sagen, daß Deutschland und seine Verbündeten für den Krieg, der Europa verwüstete, allein verantwortlich waren … Diese Behauptung, die wir alle während des Krieges aufstellten, war eine Waffe für die damalige Zeit; jetzt, da der Krieg vorüber ist, kann sie nicht mehr als ein ernstliches Argument gebraucht werden … Wenn es möglich sein wird, die diplomatischen Kriegsdokumente sorgfältig zu prüfen und die Zeit uns gestatten wird, sie in Ruhe zu beurteilen, wird sich zeigen, daß die Haltung Rußlands die wirkliche und zugrunde liegende Ursache des Weltkonfliktes war.
Signor Francesco Nitti, ehemaliger italienischer Premierminister.
Gibt es einen Mann oder eine Frau – ja laßt mich sagen, gibt es ein Kind – das nicht weiß, daß in der modernen Welt der industrielle und kommerzielle Wettbewerb der Kriegssamen ist? … Dies war ein Industrie- und Handelskrieg.
Präsident Woodrow Wilson, 5. September 1919.
Ich behaupte nicht, daß Österreich oder Deutschland in erster Linie eine bewußte, überlegte Absicht hatten, einen allgemeinen Krieg zu entfesseln. Keine vorhandenen Dokumente geben uns das Recht anzunehmen, daß sie zu jener Zeit irgend etwas so Systematisches geplant hatten.
M. Raymond Poincaré, 1925.
Ich erkühne mich zu behaupten, daß es nicht einmal M. Poincaré möglich ist, an die Alleinschuld Deutschlands zu glauben. Wenn man aber eine auf die Theorie von Deutschlands alleiniger Schuld gegründete Politik aufbauen kann, so ist es klar, daß man an dieser Theorie zäh festhalten oder sich wenigstens den Anschein der Überzeugung geben muß.
General Sukhomlinow (russischer Kriegsminister).
Angeführt von M.Vaillant Conturier in der Abgeordneten-Kammer
(„Journal Officiel“ Juli 1922).
Auch die Presse und die Publizisten schlugen einen
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