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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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»Konstantinnervt, Gundi macht mich zur Schnecke, weil angeblich ich schuld bin, daß du nicht bei der Probe aufgetaucht bist.«
    »Albern …« Langsam fragte ich mich, ob ich mich wirklich derart von der Oper in Beschlag nehmen lassen wollte. Das bißchen Bühnenluft war ja nun wirklich nicht alles im Leben.
    Toni zog die Schultern fast bis zu den Ohren hoch, nestelte dann eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Latzhose, die neben dem Sessel auf dem Boden lag.
    »Du rauchst zuviel«, stellte ich fest. »Glaubst du, deine Eizellen finden das klasse?«
    Toni antwortete nicht. Statt dessen angelte sie sich ihr Leinenhemd vom Fußboden, warf es sich über und ging in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. Ich lief ihr nach.
    »Ehekrise?« fragte ich, aber auch darauf bekam ich keine Antwort.
    »Deine Männergeschichten stinken zum Himmel«, pöbelte Toni weiter. »Kaum ist mit dem einen Schluß, bumst du mit dem nächsten.«
    Toni schnaufte, als wäre sie im neunten Monat schwanger. Schon merkwürdig. Am Telefon hatte sie noch vollstes Verständnis für mich gehabt. Sie holte zwei Tassen aus dem Schrank, eine weiße mit derart vielen Zacken am Rand, daß Verletzungsgefahr bestand, und eine braune Cappuccinotasse, die Toni vor circa fünf Jahren in irgendeinem Hamburger Club hatte mitgehen lassen. Da ich in gewisser Weise doch noch an meinem Leben hing, organisierte ich mir gleich die braune Tasse.
    »Ich hoffe, dir liegt nichts mehr an dem Kerl«, sagte Toni eine Spur milder gestimmt.
    »Um Gottes willen, nein! Lieber …«
    Irgendwie fiel mir nicht ein, was ich lieber täte, aber da sagte Toni smart lächelnd: »Lieber vögelst du mit dem Rest Hamburgs und mit ganz Berlin, nur um ihn zu bestrafen. Hab ich recht?«
    »Ich glaub, heute ist nicht der richtige Tag für ein Freundinnentreffen«, bemerkte ich ernüchtert.
    Der Kaffee war noch nicht durchgelaufen. Toni setzte sich auf die Spüle und ließ die Beine runterbaumeln.
    »Ich denke doch nur an dein Wohl, Süße«, sagte sie.
    Wenn sie neidisch auf mich war, sollte sie es ruhig zugeben!
    »Fahren wir nachher gemeinsam zur Oper?« fragte sie plötzlich besänftigt.
    »Mein Gepäck ist noch im Schließfach. Schätze, ich muß noch mal …«
    Da klingelte es. Toni sprang auf und lief auf den Flur. Ich hörte ein undeutliches Gemurmel, kurz darauf klappte die Haustür zu, und Toni kam zurück.
    »Hier.« Sie hielt mir eine Kette hin. Meine Kette. Die mit dem Granatanhänger von meiner Urgroßmutter.
    »Wie … Was soll das?« fragte ich einigermaßen verdattert.
    »Es war Adriano. Sie muß dir in seinem Zimmer abgegangen sein.«
    »Ach so.« Ich schluckte. Sämtliches Blut wich aus meinem Kopf.
    »Er wollte sie nicht in deinen Briefkasten werfen oder mit der Post schicken.« Toni kratzte sich an der Wade. »Zu riskant.«
    »Hast du ihm gesagt, daß ich gerade hier bin?«
    Toni nickte.
    »Und?« fragte ich, während es gleichzeitig in meinen Schläfen zu hämmern begann.
    »Er wollte nicht reinkommen«, sagte Toni diplomatisch. Sie ging vor mir in die Hocke und begann, hektisch über mein Knie zu wischen. »Sylvie! Es tut mir so leid!«
    Ohne daß ich auch nur das leiseste Geräusch von mir gab, liefen mir die Tränen runter.
    »Weißt du was?« Toni nahm mich jetzt in den Arm, wobei sie sich ziemlich verrenken mußte. »Er hat dich geliebt. Ganz bestimmt.«
    *
    Als Toni am Grindelhof an einer Ampel bremsen mußte, sprang ich unvermittelt aus ihrem Käfer, lief ungeachtet ihrerRufe über die Straße und verschwand in der nächsten Telefonzelle.
    Zu gern hätte ich gewußt, was ich mir eigentlich dabei dachte, aber irgendwie war es in meinem Verstand gerade zappenduster. Adrianos Büronummer hatte ich schnell eingetippt, vielleicht war er ja in einer Vorlesung, aber nein, der Maestro ging höchstpersönlich an den Apparat.
    »Ich bin’s«, hechelte ich hysterisch. »Du bist ein … Weißt du, was du bist? Ein Widerling!«
    Hüsteln am anderen Ende der Leitung.
    »Entschuldigung, Sylvie. Ich wußte nicht, wohin mit deiner Kette.«
    Und ich wußte nicht, wohin mit meinen Gefühlen, als ich erwiderte: »Ich … ich könnte dich töten!«
    Ohne Adriano die Chance zu geben, noch etwas zu sagen, hängte ich ein. Mit Tränen in den Augen trat ich aus der Zelle. Toni hatte am Bordstein geparkt und kurbelte die Scheibe runter: »Ich wette, du hast gerade eine Riesendummheit gemacht«, rief sie mir entgegen, während sie sich eine Strähne aus ihrem rotblonden Zopf zupfte.
    Ermattet

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