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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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Zuckergußkunstwerk –, war ich komplett demoralisiert. Warum mußte sich dieser Mann wie Sauerbier anpreisen? Und weshalb kapierte er nicht, daß ich ihn begehrte, so wie er war? Beim Espresso hatte meine Laune ihren Nullpunkt erreicht. Skip bemerkte das wohl auch, war aber dennoch so unklug, ausgerechnet jetzt den ersten Übergriff zu starten.
    Ich entzog ihm meine Hand und ging aufs Klo, wo ich erst mal eine Weile kaltes Wasser über meine Handgelenke laufen ließ. Was für ein Dummkopf! Keine Ahnung, wie ich es noch hinkriegen sollte, so etwas wie eine erotische Stimmung aufkommen zu lassen. Ich schaute in den Spiegel, meine Augenringe waren heute wirklich vom Feinsten, und ich fragte mich, ob es daran lag, daß Karl mir am Nachmittag den Vorschlag gemacht hatte, sich als Vater meiner zukünftigen Kinder zur Verfügung zu stellen. Ich fand, so ein Geschwätz war nun wirklich reichlich distanzlos, und hatte daraufhin beschlossen, daß eine Nacht mit Skip genau das Richtige war, um Abstand von der ganzen Sache zu bekommen.
    Als ich zurück ins Lokal kam, saß Skip mit eingefallenem Gesicht am Tisch und ließ ein wenig Zucker auf die Tischdecke rieseln. Er sagte keinen Ton. Strich nur den Zucker zu einem Häufchen zusammen. Dann nahm er seine Espressotasse, trankden erkalteten Sud aus, verharrte mit der Tasse vor dem Mund und blickte mich über ihren Rand hinweg an.
    »Ich würde gern eine Fotoserie von dir machen«, sagte er.
    »Schwarzweiß. Auf einem Schrottplatz. Du in einem Blaumann.«
    »Wieso Schrottplatz? Wieso Blaumann?«
    »Keine Ahnung. Die Idee kam mir gerade.« Er stellte die Tasse mit einem leisen Klirren ab. »Vielleicht, weil du blaue Augen hast …«
    »Gar nicht wahr. Meine Augen waren schon immer grau und braun und blau …«
    »Sag ich doch – blau.«
    » Deine Augen sind blau.« Zum ersten Mal schaute ich mir Skips Augen ganz bewußt an und stellte zu meinem Erstaunen fest, daß es nicht stimmte – seine Augen waren braun. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Blonde Haare, braune Augen … Wie bei Christopher, meiner ersten Jugendliebe. Wir hatten es, weil wir so schüchtern waren, nicht mal zu einem gemeinsamen Kinobesuch gebracht, aber meine Vorliebe für diese ungewöhnliche, gegen alle Regeln der Vererbungslehre verstoßende Farbkombination war offensichtlich immer noch da.
    »Stimmt doch gar nicht«, bemerkte Skip jetzt, indem er den Zucker in seine Hand schippte.
    Ich nickte, murmelte etwas von schlechten Lichtverhältnissen, während ich meinen Blick nicht mehr von ihm lassen konnte. Das war es also. Das hatte mich von Anfang an gereizt. Helle Haare in Kombination mit braunen Augen. Deshalb hatte er mir sofort gefallen. Jetzt war es mit einem Schlag da: das Knistern, auf das ich den ganzen Abend gewartet hatte.
    »Können wir gehen?« fragte ich hölzern. Mein Mund fühlte sich trocken an, obwohl wir gerade einen ganzen Liter Volvic konsumiert hatten. Kurz dachte ich an Adriano und daran, daß ich ihn irgendwann auch vergessen würde.
    »Na klar.« Skip sah erstaunt aus. Keine Ahnung, ob er meinen Stimmungsumschwung mitbekommen hatte, und wenn ja, ob er ihn richtig zu deuten verstand.
    Ich verlangte nach der Rechnung, wir zahlten, dann zerrte ich Skip in aller Eile aus dem Lokal.
    »Ist dir nicht gut?« fragte er.
    Ich antwortete nicht, inhalierte bloß die kühle Nachduft, die wie manchmal im Herbst nach Feuer roch.
    »Riechst du das?« fragte ich, während wir zu Skips Auto gingen.
    »Ja. Fisch. Pommes. Altes Fett …«
    »Nichts begreifst du!« Ich drückte Skip gegen seinen alten Renault und hielt ihm die Hand vor den Mund. Wenn er jetzt die Stimmung kaputtmachte, würde es nichts mit uns werden.
    Und Skip war so klug, keinen Ton mehr von sich zu geben. Nicht, als ich ihn küßte, nicht, als ich ihm einfach hier auf dem Parkplatz die Hose öffnete. Er spielte mit. Machte sich sofort an meinen Brüsten zu schaffen und schloß, während er unter meinen Rock griff, das Auto auf.
    »Kondome sind im Handschuhfach«, wisperte er.
    Ich hatte keine Angst, daß jemand vorbeikommen würde. Keine Angst, mich auf den unbequemen Autositzen zu verrenken. Ich war nur glücklich, meine Jugendliebe in den Armen zu halten.
    *
    Zwischendurch drängte sich mir ein- oder zweimal die Frage auf, bist du jetzt eigentlich gerade dabei, Karl zu betrügen, und wieso verstrickst du dich schon wieder in eine Männergeschichte, aber als Skip und ich uns ermattet in den Autositzen zurücklegten, kam ich

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