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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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Paketdienste, also betätigte ich den Summer und wunderte mich, als es kurz darauf oben gegen die Tür hämmerte. Ein Blick durch den Spion: Skip.
    Auch das noch. Hektisch rannte ich auf dem Flur hin und her, suchte etwas zum Überziehen, fand aber nur meine Jeansjacke, die gerade mal bis zu den Hüftknochen reichte. So öffnete ich. »Ach, nee. Was machst du denn hier?« fragte ich, wobei ich so normal wie möglich tat. »Dachte, du bist längst wieder in Berlin.«
    »War ich auch. Aber heute nacht hatte Harald Juhnke einen Absturz, und ich sollte ihn im Steigenberger interviewen.«
    »Und? Hast du?«
    Skip verneinte. Und während er sich neugierig bis in meine Küche vorarbeitete, fuhr er fort: »Niemand darf zu ihm. Es ist ein Alptraum. Wird doch nie mehr was mit meiner Karriere.«
    Auch Skip tat so normal wie möglich, sprich, er ignorierte meinen Aufzug komplett. Ich ging ans Eisfach meines Kühlschrankes und zog eine Flasche Wodka heraus, goß dann in zwei Saftgläser je einen Fingerbreit. Dabei verkniff ich mir die Frage, woher er eigentlich meine Adresse habe. Möglich, daß ich in einem weniger lichten Moment selbst damit rausgerückt war.
    »Prost«, sagte ich nur und nahm einen kräftigen Schluck. Das war in Anbetracht von Haralds Absturz eine absolut würdige Tat.
    Skip trank sein Glas auf ex, hielt es danach noch eine Weile gegen das Licht und schaute auf die Wodkareste, die wie ein Ölteppich die Innenwände des Glases hinabschlingerten.
    »Danke für deine ungeteilte Aufmerksamkeit«, meinte er schließlich und drückte mir einen Kuß auf meinen nicht mehr taufrischen Haaransatz.
    Ich drehte mich weg und murmelte etwas in der Art wie: »Du hast wenigstens noch eine Karriere, die den Bach runtergehen kann.«
    Ohne nachzudenken, holte ich die Flasche ein zweites Mal aus dem Kühlfach und schubste Skip in meinen Wohn- und Schlafbereich. Wir hockten uns auf die unbequemsten Stühle, die meine Wohnung zu bieten hat – zwei Klappstühle vom Sperrmüll –, und dann sagte Skip überflüssigerweise: »Nett hast du’s hier.«
    Erstaunlich, wie dreist Leute immer dann lügen, wenn sie genau das Gegenteil meinen.
    »Ich kann mir eben nichts anderes leisten«, antwortete ich und schenkte uns diesmal einen Doppelten ein. Skip grinste.
    »Kommt ja auch nicht so drauf an, wie man wohnt.«
    »Und worauf kommt es an?«
    »Wie der Mensch ist, der dort wohnt.«
    »Und wie ist er, der Mensch?« Das war jetzt wirklich ziemlich philosophisch.
    Skip hielt sein Glas wieder hoch, diesmal nicht gegen das Licht, sondern gegen das Bücherregal, das ich seit bestimmt einem Jahr nicht mehr abgestaubt hatte.
    »Wow! So belesen.«
    »Du liest nicht?«
    »Sicher. Zeitungen und Zeitschriften. Aber diese kleinen, rechteckigen Ziegel machen mir angst.«
    Klare Aussage. Ob ich überhaupt etwas mit einem Mann zu tun haben wollte, der nie ein Buch aufschlug?
    Vielleicht gehst du mit ihm ins Bett, bevor er dich völlig abturnt, sagte mir eine innere Stimme. Ich fand die Idee eigentlich ganz vernünftig – verdammt, Adriano, du kannst mich mal! –, aber wie brachte man einen Mann dazu, mit einem ins Bett zu steigen, wenn man so unmöglich aussah wie ich gerade im Moment? Eventuell tut ihm ein weiterer Wodka gut, überlegte ich, aber weit gefehlt. Kaum hatte Skip das Zeug runtergekippt, fing er an zu lamentieren, er würde noch wie Harald enden, wenn er so weitermachte, und das war ja nun genau das Gegenteil von dem, was ich hatte erreichen wollen.
    Schließlich stand ich auf und riß alle Fenster auf.
    »Du marschierst jetzt ins Hotel, ruhst dich aus, ich tue dasselbe, und heute abend gehen wir zusammen essen«, schlug ich vor.
    Skip fand die Idee hervorragend. Er leckte sein Glas gewissenhaft aus, stand dann auch auf, aber da er irgendwie in Zeitlupe zur Tür ging, bekam er noch mit, wie Toni eine ihrer Moralpredigten aufs Band sülzte. Augenblicklich veränderte sichSkips Gesichtsausdruck, und aus dem Jungenhaften wurde etwas sehr Verkniffenes.
    »Na, dann bis nachher«, sagte ich leichthin und schob ihn aus der Tür.
    *
    Skip war ein schwieriger Fall. Ich wollte mit ihm ins Bett und er mit mir, aber vor lauter Rumgebalze und Profilierungsdrang merkte er gar nicht, daß er sich viel zu übertrieben ins Zeug legte. Und dann trat so ziemlich das Gegenteil ein von dem, was ursprünglich in unser beider Sinn lag: Als Skip seinen Nachtisch aufgegessen hatte – eine Kreation aus Johannisbeeren, Mürbeteig und einem gitterartig geformten

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