Lügen & Liebhaber
wäre schön, wenn du heute nacht bei mir schlafen würdest. Eine Einladung in sein Messingbett würde ich sicher nicht ausschlagen.
»Also gut. Ich schaue nach einer Zahnbürste und einem Nacht-Shirt. Okay?«
Selbst schuld. Jetzt hatte mich Oskar tatsächlich wie ein kleines Mädchen behandelt. Sollte ich doch noch gehen? Nein. Carpe sexum – was du gehabt hast, hast du gehabt.
*
Eine Viertelstunde später schlüpfte ich in einem T-Shirt, auf dem Comme des Garçons stand, in Oskars wunderbar frisch duftendes Bett. Er mußte die Bettwäsche gerade heute morgengewechselt haben. Kurz darauf kam Oskar nach. Er trug haargenau das gleiche T-Shirt wie ich und cremte sich sein Gesicht im Gehen ein.
»Licht aus? Licht an?« Er lächelte. Dann bekam sein Gesichtsausdruck für den Bruchteil einer Sekunde etwas Schmerzliches, er beugte sich vor und drückte mir einen weichen Kuß auf die Lippen.
Kaum hatte er sich hingelegt, lief alles nach altbekanntem Muster ab. Wir fummelten ein bißchen, aber als ich mehr wollte, blockte Oskar ab. Gern hätte ich ihn gefragt, warum er sich immer so anstelle, aber ich war klug genug, es zu unterlassen. Immerhin gab es diesmal eine kleine Variante. Nachdem ich auf meine Kosten gekommen war, ließ er sich gern einen von mir blasen. Vielleicht mußte man nur ein wenig Geduld haben, und ehe man sich’s versah, steckte man in einer wunderbaren Beziehung …
Ich fragte ihn, ob er mir nicht mal seine Tochter vorstellen wolle.
»Ja, demnächst«, meine Oskar lethargisch. »Aber ich warne dich: Sie geht mit fremden Frauen nicht besonders zartfühlend um.«
»Macht nichts. Wann?«
»Wir werden sehen …«
Also wollte Oskar nicht. Es kränkte mich, natürlich. Kurz darauf war er schon eingeschlafen. Ich lag da, spürte seine Wärme und genoß trotz der Mißstimmung den Augenblick. Wer wußte schon, ob es noch eine weitere Nacht mit Oskar geben würde.
Am nächsten Morgen versuchte ich ihn noch einmal rumzukriegen – er war noch schlaftrunken und dementsprechend wehrlos –, aber im entscheidenden Moment drehte Oskar sich weg und stand auf.
Warum willst du eigentlich auf Teufel komm raus mit ihm schlafen? ging es mir wieder und wieder durch den Kopf Bei keinem Mann zuvor war ich so entschieden darauf aus gewesen, also konnte der Reiz doch nur darin Hegen, daß Oskar sich mir entzog.
»Schön geschlummert?« fragte er, als er kurze Zeit später mit einem Tablett ins Zimmer kam.
»Bestens«, log ich. Abgesehen davon, daß ich kein Auge zugetan hatte, war ja auch alles wunderbar gewesen.
Und jetzt das Frühstück, das er mir ans Bett brachte. Es rührte mich immer sehr, wenn ein Mann so etwas für mich tat. Orangensaft, Kaffee, geröstetes Weißbrot, Butter und Honig – wir hatten es uns gerade so richtig gemütlich gemacht, als das Telefon läutete. Oskar war mit einem Satz aus dem Bett und auf dem Flur.
»Ja? /…/ Ach, du. /…/ Nein. Kein Problem. /…/ Nein! Ich weiß auch gar nicht, was für ein Problem du damit hast. /…/ Hundertprozentig – es gibt kein Problem!« Durch die geöffnete Tür konnte ich sehen, wie Oskar sich gedankenverloren am Knie kratzte. »Wenn du willst, schon morgen. /…/ Nein! Du mußt es ja, unbedingt als Problem sehen! /…/ Gut, okay. Bis morgen.«
Er legte das schnurlose Telefon ab und kam zurück ins Bett. Schusterte sich dabei ein Lächeln zurecht.
»Gibt’s Probleme?« fragte ich perfiderweise.
»Keine Probleme.«
»Na, dann ist es ja gut.«
Nichts war gut. Man sollte sich nicht in Männer verlieben, die Geheimnisse vor einem hatten.
*
Meinen ersten Nachmittag im Luxus-Herrenbekleidungsgeschäft überstand ich nur, weil Oskar eine große Tüte Leysieffer-Pralinen im Hinterzimmer deponiert hatte, von der ich nach Belieben naschen durfte.
»Aber wasch dir ja die Finger!«
Jetzt konnte ich mir wenigstens ein Bild davon machen, wie Oskar als Papi und wahrscheinlich auch als Partner war.
Wie mir befohlen, faßte ich die Klamotten nur mit sauberen Händen an – falls ich überhaupt Gelegenheit dazu hatte. Denndie wenigen Kunden, die an diesem Nachmittag hereinschneiten, brachten mich mit ihren gezielten Fachfragen sowieso dazu, Oskar innerhalb kürzester Zeit an die Front zu winken.
Der verstand nämlich wirklich etwas von seiner Profession. Nach einer freundlichen Begrüßung ließ er seine Fashion-Victims – sofern sie nicht ein bestimmtes Teil verlangten – zunächst in aller Ruhe allein schauen, wobei er unauffällig, doch mit
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