Lügennetz: Thriller (German Edition)
Wahnsinn treiben. «
» Nein, mir tut es leid. Du kannst gerne deine irischen Wurzeln nachverfolgen, aber nur nicht jetzt, okay? Du musst dich aufs College vorbereiten und hast noch so viele andere Sachen zu erledigen. Wenn ich zurück bin, leihen wir uns ›Der Sieger‹ aus. Und essen buntes Kindermüsli zum Frühstück. «
Mein Telefon klingelte, als Emma ihre Arme um mich legte. Die Nummer kannte ich nicht. Na toll! Und jetzt?
» Hallo? «
» Hi, hier ist Carl Fouhy von NYC rettet Leben. Spreche ich mit Nina Bloom? «
» Ja, Carl. Was gibt’s? «
» Da Sie jetzt den Justin-Harris-Fall bearbeiten, dachte ich, es wäre eine gute Idee, wenn Sie Harris’ Mutter kennenlernen. « Mary Ann musste ihn angerufen haben, vermutete ich. Damit ich keinen Rückzieher machte. » Wie sieht Ihr Terminplan aus? «
» Sieht eng aus, Carl. Ich nehme den Zehn-Uhr-Flug nach Florida. «
» Schaffen Sie es vorher noch ins Rockefeller Center? Justins Fall kommt ganz groß in den Nachrichten. ›Today‹bringt heute Morgen einen Beitrag, und wir stehen gerade vor dem Studio und protestieren, um landesweit die Öffentlichkeit auf uns aufmerksam zu machen. «
» Today « ? Öffentlichkeit? Und was war mit meiner Strategie, unterhalb des Radars zu fliegen? Die Angst schnürte mir plötzlich den Magen zu. Ich wusste, ich hätte diesen Fall nicht übernehmen dürfen. Das war ein großer Fehler gewesen.
» Nina? Sind Sie noch dran? Ich weiß, dass es zeitlich eng wird, aber ich glaube, es ist wirklich dringend erforderlich, dass Sie herkommen. «
Mir fiel keine Entschuldigung ein. Ich würde es durchstehen müssen. Sollte mich jemand in die Nähe einer Kamera locken, würde ich mich einfach weigern und weggehen. Zur Not auch wegrennen.
» Äh, okay. « Ich sah auf meine Uhr. » Aber nur eine Minute. Bin in einer halben Stunde da. «
62
» Und vier, drei, zwei « , zählte ein schwächlicher, ganz in Schwarz gekleideter Glatzkopf mit Kopfhörer. Er zeigte auf eine wuchtige Hightech-Fernsehkamera neben sich, auf der in dem Moment ein rotes Licht aufleuchtete.
» Und hier sind wir wieder « , sagte Al Roker, der von einem Teleprompter unter der untertassengroßen bläulichen Kameralinse ablas. » Am Ende unserer dreiteiligen Serie über die Hinrichtung von Floridas Fallschirmmörder wollen wir mit einem Familienmitglied eines der mutmaßlichen Opfer sprechen. «
Auf dem Sofa neben Amerikas Wettermann saß in Jeans und hellblauem Kaschmirpullover der lächelnde Peter Fournier. Hinter ihm, draußen vor dem Fenster des Rockefeller-Plaza-Studios, schwenkten Demonstranten ihre Schilder. Dies war der Grund, warum Peter dieses Wochenende von Key West nach New York gereist war.
» Peter Fourniers Frau war erst dreiundzwanzig Jahre alt, als man davon ausging, dass sich ihr Weg mit dem von Justin Harris kreuzte « , fuhr Roker fort. » Mr Fournier, Polizist in Key West in Florida, ist der Sprecher der um ihre Rechte kämpfenden Opfer des Fallschirmmörders. Guten Morgen, Mr Fournier. Hat Harris den Mord an Ihrer jungen Frau, Jeanine, überhaupt zugegeben? «
» Nein « , antwortete Peter mit trauriger Stimme. » Das hat er nicht, Al. Er behauptet seine Unschuld nicht nur im Falle des Todes meiner Frau, sondern auch im Falle der jungen Foster, für den er verurteilt wurde. « Peter holte tief Luft. » Deswegen sind ich und alle anderen Familien dankbar, dass die Hinrichtung endlich nächste Woche stattfinden wird. Dieser Mann muss für seine Verbrechen bezahlen, und am Freitagabend, so Gott will, wird er genau das tun. «
Al nickte. » Ich kann mir Ihren Schmerz nicht vorstellen, doch es wird schon seit Langem darüber diskutiert, ob die Todesstrafe den Familien der Opfer tatsächlich hilft. Wie sehen Sie das? «
» Vor siebzehn Jahren hat dieser Mensch meine Frau entführt und getötet, und auf mich wirkt er auch nicht annähernd menschlich, wenn er mir nicht gestattet, meine Frau anständig zu beerdigen, weil er nämlich verschweigt, wo er ihre Leiche versteckt hat « , erklärte Peter in aller Ruhe. » Wie soll ich mit einer solchen Haltung umgehen, Al? Vergeben und vergessen? Mein Schmerz und der Schmerz aller Familien der Opfer werden nie vergehen. Dante sagte, die Hölle sei der Ort, an dem alle vergessenen Dinge landen. Genau dorthin soll Harris gehen. Ich will, dass er von mir, den betroffenen Familien und von allen anderen Menschen auf dieser Erde vergessen wird. «
» Wie sehen Ihre Pläne aus? « , wollte Al wissen.
» Ich
Weitere Kostenlose Bücher