Lügennetz: Thriller (German Edition)
beweisen, dass ich dazu noch in der Lage war.
Gut, dachte ich dumpf.
Jetzt musste ich dasselbe mit meinen Füßen tun.
Ich streckte den Arm aus, während ich mich langsam aufrichtete. Meine rechte Hand streifte den Radiowecker neben dem Bett. Die Augen fest auf die Tür gerichtet, erhob ich mich. Mir kam eine Idee. Langsam beugte ich mich nach unten, zog den Stecker des schweren Weckers aus der Wand und schlich mit dem Ding neben die offene Schlafzimmertür. Kaum hatte ich dort Stellung bezogen, kam eine dunkle Gestalt langsam und leise ins Zimmer.
Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich, plötzlich wieder starr vor Angst. Wie ist das möglich? Träume ich etwa?
Dann wurde irgendwo in meinem Hirn ein Schalter umgelegt, mit dem ich aus meinem Dämmerzustand gerissen wurde. Die schwere Uhr mit beiden Händen am Kabel umfassend, holte ich weit aus. Einem unerwartet lauten Scheppern folgte ein schwerer Schlag, als der Typ zu Boden ging. Ich hatte weit nach oben gezielt in der Hoffnung, Peter am Kopf zu treffen, doch ich wollte mir nicht die Zeit nehmen, das herauszufinden. Ich ließ das, was von der Uhr noch übrig war, fallen und stürmte in blinder Panik aus dem Schlafzimmer.
Ich rannte durchs Wohnzimmer und umklammerte an der Eingangstür den Türknauf, den ich in einer Bewegung drehte und zog. Fast kugelte ich mir meinen Arm aus, als die Tür nach einem kurzen Stück abrupt gestoppt wurde. Hysterisch versuchte ich es noch zwei Mal. Mist, der Riegel war noch eingerastet. Stöhnend und vor Entsetzen zitternd, zwang ich mich, die Tür wieder zu schließen, den Riegel zu öffnen und es erneut zu versuchen.
Es funktionierte! Ich rannte auf den grell erleuchteten Flur, dort durch die nächste Tür links ins Treppenhaus. Meine nackten Füße brannten auf dem rauen Beton. Einen Stock tiefer blieb ich keuchend stehen, versuchte meinen aufsässigen Verstand zu bändigen und zu überlegen, was ich als Nächstes tun sollte. In den Flur gehen und an irgendeine Tür klopfen? Hinunter an die Rezeption gehen? In dem Moment wurde die Treppenhaustür über mir mit einem lauten Knall aufgerissen.
Schwere Schritte polterten die Treppe hinunter, als ich mich umdrehte, die Tür aufriss und mit offenem Bademantel halb nackt den Flur entlangrannte. Alles in mir war nur auf eine Sache konzentriert: meine Füße so schnell wie möglich zu heben und zu senken, um mich von dem Geräusch hinter mir zu entfernen.
An der nächsten Ecke entdeckte ich einen roten Metallkasten an der Wand. An diesem löste ich im Vorbeirennen den Feueralarm aus. Türen wurden entlang des Flurs aufgerissen, einem verschlafenen Jugendlichen fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er mich mit etwa fünfzig Stundenkilometern an sich vorbeirasen sah.
An der nächsten Tür rannte ich die Treppe weiter hinab, nahm immer gleich zwei Stufen auf einmal bis zum Erdgeschoss. In null Komma nichts hatte ich die Eingangshalle durchquert und stand auf der Einfahrt vor dem Hotel, wo der Nachtportier, den Kopf nach oben gereckt, sein Handy ans Ohr hielt. Ich überlegte, ihn um Hilfe zu bitten, doch auch er hätte mir keinen Schutz vor Peter bieten können. An der roten Ampel an der Ecke stand ein Taxi. Auf dieses stürmte ich los.
Die Ampel schaltete auf Grün, doch ich war immer noch sieben Meter entfernt. Ich schaffe es nicht, dachte ich, rannte aber schweißüberströmt und mit pfeifenden Lungen auf die Straße. Ich wartete auf das Gefühl, eine Kugel in den Rücken zu bekommen, mit ausgebreiteten Armen auf der Straße zu landen. In meinem hysterischen Kopf war alles schon vorbei. Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie Peter zu mir kam und mir mit seinem typischen sorglosen Lächeln die Waffe an die Stirn legte.
Stattdessen hielt das Taxi abrupt an. Beim Aufreißen der Tür brach ich mir einen Fingernagel ab, doch ich schaffte es hineinzuspringen.
» Wir haben’s heute aber ganz schön eilig « , feixte der asiatische Klugscheißer hinterm Steuer.
» Losfahren! « , keuchte ich. » Los, los. Bitte, fahren Sie einfach los. «
8 8
Ich nahm dem Taxifahrer das Versprechen ab zu warten, bevor ich an Charlies Haustür hämmerte. Nach einer Weile öffnete er endlich, bekleidet nur mit einer Boxershorts.
» Was ist denn los? « , brummte er. » Nina? «
Ich, im Bademantel, strich mir über mein noch immer nasses Haar und starrte ihn an. Diese Situation hatte ich nicht überdacht. Was sollte ich sagen? Wie konnte ich erklären, was gerade passiert war?
Mit besorgtem
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